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Zum Umgang mit einer gefährlichen Krankheit auch in Pandemie-Zeiten

Herzschwäche

Im Interview erläutert Prof. Dr. Timm Bauer, Chefarzt der Klinik für Kardiologie, Internistische Intensivmedizin und Allgemeine Innere Medizin am Sana Klinikum Offenbach, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten bei Herzinsuffizienz und beantwortet die Frage, warum Betroffene auch jetzt unbedingt im regelmäßigen Kontakt mit ihren Ärzten bleiben sollten.

Welche Rolle spielt die chronische Herzschwäche in unserer Gesellschaft?

Die chronische Herzinsuffizienz gehört bei uns zu den häufigsten Todesursachen und ist grundsätzlich nicht heilbar. Die Gefahr einer Herzschwäche nimmt mit steigendem Alter zu. Dabei leiden Männer zwar etwas häufiger als Frauen an einer Herzinsuffizienz, da sie auch vermehrt von koronaren Herzkrankheiten betroffen sind. Jedoch holen im fortgeschrittenen Alter von über 75 Jahren die Damen auf. Denn häufiger ist bei Frauen zu beobachten, dass ihr Herz an Elastizität verliert und sie an einer zunehmenden „Versteifung“ des Herzens leiden.

An welchen Symptomen ist die Krankheit zu erkennen?

Typisch sind Luftnot und Leistungsschwäche – manchmal als geringe, oft aber auch als ausgeprägte Beschwerden. Häufig entwickeln sich diese Symptome schleichend über Monate und Jahre hinweg, sodass die Erkrankten ihre Veränderung kaum wahrnehmen oder falsch bewerten. Zu Beginn äußert sich eine Herzinsuffizienz nur bei stärkeren Belastungen wie schnellem Gehen oder Treppensteigen. Bei fortschreitender Herzschwäche leiden die Betroffenen schon bei kleineren Anstrengungen unter Luftnot, Müdigkeit und Erschöpfung. Sämtliche Alltagsaktivitäten werden durch Konzentrationsstörungen, ein Beklemmungsgefühl im Brustkorb oder auch Schwindelattacken bis hin zur Bewusstlosigkeit zunehmend eingeschränkt.

Welche Ursachen lösen eine Herzinsuffizienz aus?

Neben Diabetes und Bluthochdruck führen die meisten Herzerkrankungen, wie koronare Herzerkrankung, Herzrhythmusstörungen oder andere Krankheiten, die den Herzmuskel oder die Herzklappen direkt angreifen, über kurz oder lang zur Herzinsuffizienz. Dann ist das Herz so geschwächt, dass es lebenswichtige Organe wie Gehirn oder Nieren, aber auch die Muskeln und die Haut nicht mehr ausreichend mit Blut und somit Sauerstoff versorgen kann.

Gibt es bei der Herzinsuffizienz unterschiedliche Krankheitsbilder?

Ja, wir unterscheiden, in Abhängigkeit vom zeitlichen Verlauf, die akute von der chronischen Herzinsuffizienz. Auslöser für die akute Herzschwäche können verschiedene Erkrankungen wie Herzinfarkt, eine Herzmuskelerkrankung oder ein schwerer Herzklappenfehler sein. Der oder die Erkrankte leidet dann plötzlich an Luftnot und einem Druckgefühl auf der Brust. Bei der chronischen Herzschwäche verstärken sich die oben genannten Symptome zunehmend. Zudem kann man noch zwei andere Formen der Herzschwäche unterscheiden: zum einen Herzschwäche bei eingeschränkter Pumpkraft und zum anderen bei „Versteifung“ der linken Herzkammer.

Was passiert, wenn eine Herzschwäche nicht gezielt behandelt wird?

Unbehandelt überleben bei einem chronischen Krankheitsbild nur etwa ein Drittel aller Patienten die nächsten drei Jahre. Deshalb gilt die Grundregel: Je früher eine Herzschwäche erkannt wird, desto schneller kann mit den heutigen Therapiemöglichkeiten ein Fortschreiten der Erkrankung verzögert oder gar aufgehalten werden.

Welche Behandlungsmöglichkeiten bietet Ihre Klinik an?

Moderne Untersuchungsverfahren und Medikamente machen es möglich, die Krankheit früh zu erkennen und gezielt zu behandeln, wobei die Prognose am besten ist, wenn man die genauen Ursachen der Herzinsuffizienz herausfindet, um sie dann differenziert zu behandeln. Die individuelle Herzinsuffizienz-Therapie setzt sich aus mehreren Bausteinen zusammen und hängt vor allem vom Schweregrad der Herzschwäche ab.

Mittlerweile steht uns zunächst eine Vielzahl bewährter Medikamente zur Verfügung. Einige verbessern nachweislich die Prognose, andere lindern vor allem bestehende Beschwerden. Ihre dauerhafte Einnahme ist ebenso wichtig wie Kontrollbesuche beim Arzt – und zwar auch während des derzeitigen Pandemiegeschehens. Und das gilt auch, wenn zeitweise keine Symptome bestehen sollten. Nur so können wir ein Fortschreiten der Krankheit verzögern und die Leistungsfähigkeit der Patienten aufrechterhalten.

Welche Chancen bietet die Medizintechnik?

Wir können beispielsweise das kranke Herz mit implantierbaren Defibrillatoren oder Spezialschrittmachern unterstützen. Eine ganz wesentliche Hilfe sind dabei unsere beiden Herzkatheterlabore, in denen wir mit minimalinvasiven Eingriffen Stents als Ersatz für nicht mehr funktionstüchtige Arterien und Gefäße einsetzen. Eine Herzschwäche kann zur Ausdehnung des Herzens und damit auch zur Ausdehnung und Insuffizienz der Mitralklappe führen, des Ventils zwischen dem linken Vorhof und der linken Herzkammer. Das Ventil wird undicht, Blut fließt zurück und belastet das Herz zusätzlich. Hier hilft der Mitra-Clip, den wir unter Vollnarkose minimalinvasiv zwischen den beiden Segeln der Mitralklappe platzieren. Dieser hochkomplexe Spezialeingriff erspart eine große Herz-OP und ist so gerade für ältere oder geschwächte Patientinnen und Patienten eine große Erleichterung.

Können die Patienten den Verlauf ihrer Krankheit selbst beeinflussen?

Auf jeden Fall. Wenn die Ursache der Herzschwäche nicht beseitigt werden kann, müssen sie bereit sein, die jeweilige Behandlung lebenslang beizubehalten. Die Patienten können aber eine  Symptomatik besonders dann verbessern und im Griff behalten, wenn das Augenmerk nicht nur auf die Therapie, sondern auch auf den persönlichen Lebensstil und einen bewussten Umgang mit der Krankheit gerichtet ist. Besonders hilfreich sind gesunde, möglichst salzarme Ernährung, regelmäßige Gewichtskontrolle (um Wassereinlagerungen frühzeitig zu erkennen) und viel Bewegung, beispielsweise Wandern, Joggen, Walken und Radfahren. Auch eine konsequente, langfristige Gewichtsabnahme, mediterrane Ernährung sowie Verzicht auf Alkohol oder Nikotin beeinflussen unsere Herzgesundheit positiv.

Das Expertenteam um Prof. Dr. Bauer beobachtet während der derzeitigen Corona-Pandemie bei chronisch kranken Menschen häufig Unsicherheiten und Zurückhaltung, zum Arzt oder ins Krankenhaus zu gehen. Das ist gefährlich! Auch während der Corona-Pandemie ist es ungemindert wichtig, die Behandlung einer Herzinsuffizienz konsequent fortzusetzen und auf keinen Fall zu unterbrechen. Es sollte niemand aus Angst vor einer Ansteckung auf einen Arztbesuch verzichten, denn das könnte fatale gesundheitliche Folgen haben!

Kontakt

Prof. Dr. med. Timm Bauer

Prof. Dr. Timm Bauer

Chefarzt der Klinik für Kardiologie, Internistische Intensivmedizin und Allgemeine Innere Medizin, Sana Klinikum Offenbach

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