Ein Krankenhausaufenthalt stellt für viele Menschen eine besondere Situation dar. Für Demenzerkrankte ist er jedoch oftmals eine besonders große Herausforderung. Katharina Rauschenbach, Pflegedienstleitung im Geriatriezentrum Zwenkau der Sana Kliniken Leipziger Land, erläutert im Gespräch, welche Vorteile eine demenzsensible Einrichtung bietet.
Frau Rauschenbach, in der Regel ist eine Demenz kein Anlass für einen Krankenhausaufenthalt. An Demenz erkrankte Menschen werden wegen vielfältiger anderer Erkrankungen oder Verletzungen dort behandelt. Was ist die besondere Herausforderung im Umgang mit dementen Patienten?
Betroffene können sich meist nur schwer oder gar nicht mehr auf neue oder veränderte Situationen einlassen. Sie verlassen ihre vertraute Umgebung, kommen mit fremden Menschen in Berührung und werden mit ungewohnten Tagesabläufen konfrontiert. Dies, gepaart mit der allgemeinen Reizüberflutung, kann sich für Demenzpatienten schnell zur Krisensituation entwickeln. Zunehmende Desorientierung, Unruhe, Aggression und Angst sind die Folge und führen mitunter dazu, dass Essen, die Einnahme von Medikamente oder gar medizinische Untersuchungen verweigert werden.
Wie gehen Sie in Ihrem Haus darauf ein?
Das beginnt bereits bei einer Architektur, die für ausreichende Helligkeit am Tag sowie Dunkelheit in der Nacht sorgt. Dies hilft, den Tag-Nacht-Rhythmus der Patienten zu stabilisieren. Orientierungshilfen wie beispielsweise Bilder an Türen erleichtern das Finden des eigenen Zimmers. Farben sorgen für ausreichende Kontrastgestaltung, helfen Türen hervorzuheben oder zu verbergen. In den Aufenthaltsräumen und Patientenzimmern unterstützen große Kalender und Uhren bei der zeitlichen Orientierung. Zudem versuchen wir störende Geräusche zu reduzieren. Weiterhin passen wir die Krankenhausroutine soweit wie möglich an, sodass Stress, häufiger Raumwechsel, Wartezeiten oder die Unterbrechung des natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus vermieden werden.
Gibt es spezielle Stationen für erkrankte Demenzpatienten?
Die hochbetagten Patienten haben meist neben der eigentlichen Grunderkrankung, wie beispielsweise Hüftgelenksfrakturen oder neurologische Erkrankungen, eine gewisse Anzahl von Begleiterkrankungen. Dazu können Mangelernährung, Schluckstörungen, Wundkomplikationen oder Diabetes zählen. Dafür bedarf es eines individuellen Behandlungsplans, der von Ärzten, Pflegekräften und Therapeuten gemeinsam erstellt wird. Unser geriatrisches Team unter fachärztlicher Leitung ist daher multiprofessionell aufgestellt und besteht neben Ärzten und Pflegekräften auch aus Physio-, Ergo- und Sprachtherapeuten sowie Sozialberatern, Psychologen und Seelsorgern. Sie alle garantieren eine fachlich hoch qualifizierte, individuelle Betreuung.
Wie schaffen Sie es, im Stationsalltag besonders Rücksicht auf demente Patienten zu legen?
Wir versuchen den Tagesablauf für unsere Patienten so gleichmäßig wie möglich zu gestalten und ihn weitestgehend an ihren individuellen Bedürfnissen auszurichten. Dabei werden wir vielfach auch von ehrenamtlichen Begleitern unterstützt, die den Patienten beispielsweise zwischen den Mahlzeiten vorlesen oder mit ihnen eine Runde Mensch-Ärger-Dich-Nicht spielen. Bei der Orientierung hilft zudem, dass sich der Therapieraum für die Ergo- und Physiotherapien direkt auf der Station befindet und somit komplizierte Wegstrecken vermieden werden. Die Mahlzeiten nehmen unsere Patienten entweder gemeinsam im Esszimmer ein oder, wenn dies nicht möglich ist, im gemütlich eingerichteten Essbereich auf dem Patientenzimmer.
Welche Rolle spielen die Angehörigen und wie kann ihr Wissen über das Verhalten, die Vorlieben und Abneigungen des Patienten genutzt werden?
Die Angehörigen sind für uns ein wichtiger Partner im Pflegeprozess. Sie können als „Dolmetscher“ und Vermittler wirken und ein Gefühl der Sicherheit vermitteln. Wir bitten sie beispielsweise, vertraute Gegenstände mitzubringen und führen die Visiten, soweit möglich, in ihrem Beisein durch.
Zudem sind sie ein wichtiger Ansprechpartner bei der Biografiearbeit mit dem Patienten.