Ältere Menschen werden vergesslich. Das war schon immer so. Aber oft steckt dahinter eine durchaus ernst zu nehmende Erkrankung, wie zum Beispiel Morbus Alzheimer. Wie diese sich zum Begriff „Demenz“ verhält, welche Therapien es gibt und wie Angehörige damit umgehen können erklärt die Chefärztin der Abteilung Innere Medizin/Geriatrie in der Sana Fabricius-Klinik Remscheid, Lejla Causevic. Getreu dem Motto des diesjährigen Welt-Alzheimertages: „Demenz – wir müssen reden!“
Frau Causevic, am 21. September wird weltweit der Alzheimer-Krankheit gedacht. Warum muss darüber gesprochen werden?
Vielfach werden Anzeichen von Alzheimer beziehungsweise Demenz auf die leichte Schulter genommen, insbesondere von Angehörigen. Sie wollen sich oftmals nicht eingestehen, dass die Mutter oder der Vater an einer ernsthaften Erkrankung leidet. „Alte Menschen werden halt vergesslich“ ist dann oft die Einstellung dazu. Über die Krankheit zu reden, offen zu sein, hilft, sie zu akzeptieren und auch im eigenen Umfeld festzustellen, dass man nicht alleine dasteht. Betroffenen muss das Gefühl gegeben werden, dass sie immer noch dazu gehören, dass sie weiter ernst genommen und geliebt werden. Darum muss über die „Krankheit des Vergessens“, wie sie früher auch genannt wurde, gesprochen werden.
Sie sprachen gerade von Alzheimer und von Demenz. Wo liegt der Unterschied?
Die beiden Begriffe werden häufig gleich gesetzt. Aber unter dem Oberbegriff Demenz werden über 50 unterschiedliche Krankheitsbilder zusammengefasst, von denen Alzheimer, auch Alzheimer-Demenz oder Morbus Alzheimer genannt, das mit rund zwei Dritteln der Fälle häufigste ist.
Was weiß man heute über Alzheimer? Wo kommt der Name überhaupt her?
Die Erkrankung ist nach ihrem Entdecker, dem deutschen Neurologen Alois Alzheimer, benannt. 1906 verstarb eine mit 56 Jahren noch junge Patientin von ihm, die er zuvor als auffallend verwirrt und vergesslich beschrieben hatte. So etwas kannte man bis dahin nur von älteren Patienten, deren Symptome bis dahin unter anderem „Altersblödsinn“ genannt wurden. Bei der Obduktion stellte er eine geschrumpfte Hirnrinde und Eiweißablagerungen zwischen den Nervenzellen fest. Die genauen Ursachen dafür kennt man bis heute nicht und forscht weiter daran. Aber Fakt ist, dass die Eiweißablagerungen die Kommunikation zwischen den Nervenzellen stören und damit für den Abbau der Gehirnleistung sorgen. Betroffene bemerken oft eine zunehmende Vergesslichkeit oder Probleme mit der Orientierung, der Sprache oder Wahrnehmung.
Und wie kann die Medizin helfen?
Leider lässt sich Alzheimer derzeit noch nicht vollständig heilen. Aber sowohl mit Medikamenten wie auch mit nicht-medikamentösen Therapien lässt sich das Fortschreiten der Erkrankung verzögern. Auch vorbeugend kann man tätig werden, indem man einen gesunden und aktiven Lebensstil pflegt – wenngleich auch das keine Garantie ist.
Wichtig ist allerdings auch, dass nicht jedes Anzeigen von Vergesslichkeit oder Schusseligkeit gleich auf eine Demenzerkrankung hindeuten muss. Die Diagnose dazu kann nur ein Arzt treffen. Aber das Internet, beispielsweise die Seiten der Alzheimer Forschung Initiative, bietet an mehreren Stellen Fragebögen, mit denen ein erster Selbsttest möglich ist. Sollte es hier zu Auffälligkeiten kommen, ist unbedingt ein Arzt für die weitere Abklärung aufzusuchen.
Wenn Alzheimer, oder Demenz allgemein, nicht geheilt werden kann, warum sollte man dann überhaupt frühzeitig einen Test machen? Die meisten Menschen fühlen sich ja nicht krank…
Die derzeit zur Verfügung stehenden Therapiemöglichkeiten wirken in einem frühen Stadium der Erkrankung am besten. Je früher also Alzheimer oder andere demenzielle Erkrankungen erkannt werden, desto eher kann die Medizin mit der individuellen Therapie helfen, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und noch einige Jahre länger für eine gute Lebensqualität zu sorgen. Außerdem kann eine nicht entdeckte Demenz zu Komplikationen auch bei einfachen anderen Erkrankungen aber insbesondere im Zusammenhang mit einem Krankenhausaufenthalt sorgen.
Selbst betroffen zu sein ist aber nur eine Seite der Medaille. Auch für Angehörige ist die Krankheit eine Belastung. Wie wird denen geholfen?
Es gibt einige Beratungsangebote für pflegende Angehörige, damit diese sich zurechtfinden können. Auch werden immer wieder Kurse angeboten, die sich mit der Pflege zuhause direkt auseinandersetzen. Auch für die Erkrankten selbst ist das geregelte und strukturierte häusliche Umfeld einer der wichtigsten Faktoren und kommt eigentlich noch vor der medizinischen Betreuung. Auch dafür bekommen Angehörige Tipps und Hilfen von verschiedenen Einrichtungen.
Buchtipp
Im Duden-Verlag ist in diesem Jahr der Ratgeber „Gespräche bei Demenz und Alzheimer“ erschienen. Die Autorin Jo Eckardt, Heilpraktikerin, Physiotherapeutin und Sozialarbeiterin, erzählt an lebensnahen und praktischen Beispielen, wie Angehörige die Verständigung zwischen vielen unterschiedlichen Gesprächspartnern erreichen können. Dazu setzt sie Beispielsätze ein und gibt Formulierungshilfen. Checklisten schaffen Sicherheit und Entlastung im kommunikativen Alltag.