Es ist eine Diagnose, die man als Eltern eines Jungen nicht gerne hört: Hodenhochstand. Vereinfacht gesagt wird so der Zustand bezeichnet, bei dem einer oder beide Hoden permanent nicht im Hodensack zu ertasten ist, erklärt Dr. Michael Baumann, Chefarzt für Urologie am Sana Klinikum Hameln-Pyrmont.
Die Diagnose gehört zu den häufigsten Fehlbildungen bei Jungen. Wichtig ist, die Erkrankung rechtzeitig zu erkennen, da unbehandelt eine Einschränkung der Zeugungsfähigkeit entstehen oder ein bösartiger Hodentumor zu spät erkannt werden könnte. Verantwortlich für die Diagnose ist eine Störung während der vorgeburtlichen Entwicklung. Denn eigentlich sollten sich die Hoden in der 35. Schwangerschaftswoche aus dem Bauchraum in den Hodensack verlagern. Allerdings kommt es bei bis zu 3 Prozent der reifen Neugeborenen und bei bis zu 30 Prozent der zu früh Geborenen nicht zu dieser Verlagerung. Die Statistik zeigt übrigens, dass ein einseitiger Hodenhochstand häufiger auf der rechten Seite vorkommt.
Therapiemöglichkeiten bei Hodenhochstand
Die Therapie des primären Hodenhochstands sollte im Alter von sechs Monaten beginnen und idealer Weise bis zum ersten Geburtstag abgeschlossen sein. Nach erfolgloser hormoneller Therapie sollte unverzüglich eine Orchidopexie angestrebt werden, um das Risiko einer weiteren Schädigung des Hodengewebes zu verringern. Wurde der Hodenhochstand erst nach den ersten Lebensjahr festgestellt, sollte keine Hormontherapie sondern gleich eine Operation erfolgen.
Bei der Operation, die in den meisten urologischen Abteilungen durchgeführt werden kann, werden Vernarbungen gelöst und der Hoden im Hodensack fixiert. Die Komplikationsraten dieses Eingriffes liegen bei 1 Prozent schwerer Hodenschädigung und bis 5 Prozent Wiederauftreten des Hodenhochstandes. In seltenen Fällen sind aufwendigere Operationen erforderlich, die dann in speziellen kinderurologischen Kliniken durchgeführt werden. Diese werden insbesondere dann nötig, wenn der Hoden nicht im Leistenbereich zu finden ist. Oft muss der Hoden dann zunächst per Bauchspiegelung gesucht werden.
Davon zu unterscheiden ist der sogenannte Pendelhoden. Hier ist der Hoden zeitweise ertastbar, er verbleibt also nicht dauerhaft im Bauchraum. Nach der Diagnose muss in diesem Fall eine regelmäßige Kontrolle erfolgen – denn im weiteren Entwicklungsverlauf kann sich etwa im Alter von fünf bis acht Jahren daraus auch ein Hodenhochstand entwickeln. Daher sollten die Eltern unabhängig von den kinderärztlichen Untersuchungen auch selbst darauf achten, ob die Hoden im Hodensack erkennbar sind.
Ursachen bei Hodenhochstand
Die Ursache für beide Diagnosen ist nicht ganz klar. Da für die normale Entwicklung neben genetischen und Umweltfaktoren auch hormonelle Einflüsse vermutet werden, versucht man seit über 90 Jahren, den Hodenhochstand durch Gabe von Hormonen (LHRH und HCG) zu behandeln. Die Erfolgsrate liegt bei 20 Prozent, sodass die Therapie heute meistens operativ erfolgt.
Wichtig ist, dass die Behandlung so früh wie möglich erfolgt, damit sich das Hodengewebe gut entwickeln kann, was sich dann positiv auf die Zeugungsfähigkeit auswirkt.