Querschnittlähmungen können durch Unfälle mit Schädigung der Wirbelsäule und des Rückenmarks, aber auch durch Tumore, Entzündungen und Durchblutungsstörungen verursacht werden. Je nachdem, ob eine komplette oder inkomplette Querschnittläsion vorliegt, fallen Muskelfunktionen teilweise oder vollständig aus und bewirken so schwere Muskelungleichgewichte an den betroffenen Gelenken und der Wirbelsäule mit dem Ausfall wesentlicher Bewegungsfunktionenwie selbständiges Gehen, Stehen, Sitzen oder Greifen. Auch die Sensibilität, sowie die Blasen- und Mastdarmfunktion können beeinträchtigt sein. Eine frühe prophylaktische Versorgung zur Vermeidung von Verkürzungen und Kontrakturen ist essentiell, um gute Ergebnisse bei der Rehabilitation zu erreichen. Die Funktionen können durch orthopädietechnische Hilfsmittel übernommen werden, um langfristig eine akzeptable Teilnahme am sozialen Leben zu ermöglichen.
Bei Spina bifida mit Myelomeningocele (MMC) handelt es sich um eine angeborene Fehlbildung des Neuralrohrs mit häufig inkompletter Querschnittlähmung aufgrund einer Entwicklungsstörung in der Frühschwangerschaft. Häufig besteht aufgrund der Liquorzirkulationsstörung ein zusätzlicher Hydrocephalus (=Wasserkopf), der wiederum eine zusätzliche cerebrale Störung verursachen kann.
Die Betreuung erfolgt grundsätzlich im Team, urologische und neurochirurgische Interventionen sind regelmäßig erforderlich. Die Auswirkungen auf den Bewegungsapparat sind ebenso, wie die daraus folgende individuelle neuroorthopädische Therapie charakteristisch für die Höhe des Lähmungsniveaus, die abhängig ist von Lokalisation und Ausmaß der Fehlbildung.
Ausfälle von Muskelgruppen führen zu ausgeprägten Imbalancen und instabilen Gelenken, die die normale Entwicklung und Aufrichtung beeinträchtigen. In den ersten 6 Monaten sollen die funktionellen Möglichkeiten des Kindes erkannt, eine Prognose und ein langfristiger Therapieplan erstellt werden. Vorbeugend sollen Orthesen bei muskulärer Imbalance und physiotherapeutische Dehnübungen eingesetzt werden; bereits aufgetretenen sekundären Deformitäten „nachzulaufen“, soll vermieden werden. Fußfehlstellungen sind früh operativ zu korrigieren, bereits bei Krabbelbeginn sind Orthesen und Stehtisch indiziert. Ziel ist der Gehbeginn mit etwa 18 Monaten. Bei hohem Lähmungsniveau können Swivel-Walker, Parawalker oder reziproker Gehapparat zum Gehen und Stehen, sowie Sitzschalen oder Mieder zum Sitzen im früh adaptierten Rollstuhl eingesetzt werden. Muskuläre Verkürzungen sollen korrigiert werden, sobald sie die Alltagsaktivitäten beeinträchtigen. Querschnittläsionen verursachen je nach Lähmungsniveau einen Ausfall bestimmter Muskelgruppen und Muskelimbalancen. Eine überwiegende Aktivität der Hüftbeuger und -adduktoren kann zu Froschdeformitäten und einer vorderen Hüftluxation führen. Die operative Reposition einer Hüftluxation ist vor allem bei beidseitigem Auftreten keine Voraussetzung für die Gehfähigkeit, wie Ganganalysestudien bei Jugendlichen und Erwachsenen mit MMC zeigen (DIAS).
Ob eine Einstellung des Hüftkopfes in der Hüftpfanne erfolgsversprechend ist oder ob ein hohes Reluxationsrisiko besteht, hängt vom Lähmungsniveau ab (kritische Höhe L4). Die Operationsplanung soll immer nach dem Prinzip der funktionellen Ökonomisierung erfolgen. Die Entwicklung einer neurogenen Skoliose und/oder Kyphose bedarf immer einer zeitnahen Diagnostik (MRT, neurologische Untersuchung), um ein eventuelles Tethered Cord (Krankhafte Anheftung der unteren Anteile des Rückenmarks an die Nervenfasern und entsprechenden Störungen) schnell erkennen zu können. Abhängig vom Befund erfolgt eine operative oder orthetische Versorgung. Alle Kinder mit guter Funktion der oberen Extremitäten, stabiler Wirbelsäule, ausreichender Muskelkraft in Rumpf und Hüfte und genügend Motivation sind prinzipiell gehfähig, wenn auch zum Teil nur mit entsprechenden Hilfsmitteln.