Bei den schwereren Formen der angeborenen Spinalen Muskelatrophien entwickeln sich aufgrund einer fortschreitenden Muskelschwäche eine Skoliose, Verkürzungen der Hüftbeugemuskeln und Beugekontrakturen der Hüftgelenkkapsel, oft mit Luxation beider Hüftgelenke, ausgeprägte Kniebeugekontrakturen und strukturell fixierte Spitzfüße.
Poliomyelitis anterior nennt man die virale Entzündung der Vorderhornzellen im Rückenmark und mehrerer Nervenwurzeln. Seit den 1950er Jahren werden Kinder mittels Schluckimpfung gegen den Erreger immunisiert, sodass wir die Erkrankung vor allem bei Kindern aus Entwicklungsländern sehen. Das Spätstadium der Poliomyelitis ist je nach dem Befall der Nerven durch ein gemischtes Bild von spastischen und schlaffen Lähmungen gekennzeichnet. Es treten Muskelschwächen, Muskelungleichgewicht, Subluxationen, Gelenkkontrakturen und –luxationen an den unteren Extremitäten nebeneinander und meist asymmetrisch auf. Häufig findet man Hüftsubluxationen, Kniegelenk-Überstreckung (Genu recurvatum), Spitzfuß, Klumpfuß und Skoliose, die nach sorgfältiger Analyse der Biomechanik ein wohlüberlegtes, orthopädietechnisches und operatives Vorgehen notwendig machen.
Die Gruppe der angeborenen Spinocerebellären Heredoataxien (fortschreitende Erkrankungen von Rückenmarksbahnen zum Kleinhirn mit Gleichgewichtsstörung) führt zu fortschreitenden Gangstörungen und neurogenen Fußfehlstellungen, sowie zur progredienten Beeinträchtigung der Haltung und zu neurogenen Skoliose. Die Behandlungsmöglichkeiten orientieren sich an der Art, dem Verlauf und der Prognose der Grunderkrankung.
Die angeborene spastische Spinalparalyse ist eine genetisch bedingte degenerative Erkrankung der spinalen Seitenstränge (Rückenmarksbahnen), führt zu einer im frühen Schulalter beginnenden fortschreitenden Gangstörung mit hochgradiger Spastik ohne Wahrnehmungsstörungen. Betroffen ist vor allem die hüftgelenknahe Muskulatur. Die Spastik der Hüftbeugemuskeln verursacht den typischen „stiff-knee-gait“ (Gangbild mit steifen Kniegelenken). Bei starker Einschränkung der Alltagsfunktion ist nach exakter Analyse der Bewegungsstörung, evtl. nach einer Testinjektion mit Botulinumtoxin, wie bei Patienten mit Cerebralparese ein funktionsverbessernder Mehretageneingriff mit Muskelverlängerungen hilfreich.