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Zöliakie

Wenn Gluten den Dünndarm angreift

Brot oder Müsli zum Frühstück, Pasta am Mittag, zwischendurch einen Schokoriegel und am Abend auf ein Bier mit Freunden: kaum ein Tag vergeht ohne Getreideprodukte. Für Menschen mit Zöliakie herausfordernd, denn sie müssen strikt auf glutenhaltige Produkte verzichten. Denn selbst kleinste Mengen des Klebereiweißes Gluten verursachen bei ihnen chronische Entzündungen des Dünndarms, eine Autoimmunreaktion, mit zum Teil schwerwiegenden Langzeitfolgen. Gluten ist beispielsweise in folgenden Getreidearten enthalten:

  • Weizen
  • Dinkel
  • Roggen
  • Gerste
  • handelsüblichem Hafer

Getreidehalte Lebensmittel führen zur Entzündung der Darmschleimhaut

Bei Gesunden wird die aufgenommene Nahrung im Dünndarm in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt und gelangt über die Schleimhaut in den Körper. Der Darm ist mit vielen Falten ausgekleidet, um eine möglichst große Oberfläche zur Nahrungsaufnahme zu erhalten. Auf diesen Falten sitzen die sogenannten Dünndarmzotten, die eine weitere Oberflächenvergrößerung bewirken. Bei Betroffenen führt das Aufnehmen von getreidehaltigen Lebensmitteln zu einer Entzündung der Darmschleimhaut in deren Folge sich die Zotten zurückbilden. Auf diese Weise verringert sich die Oberfläche des Dünndarms und es können nicht mehr genügend Nährstoffe aufgenommen werden. Im Laufe der Erkrankung entstehen dadurch Nährstoffdefizite, die verschiedene Beschwerden auslösen können. Über die Nährstoffdefizite hinaus, entstehen manche Krankheitszeichen auch durch entzündliche Prozesse. Da sich die Zöliakie nicht ausschließlich auf den Darm beschränkt, spricht man von einer Systemerkrankung, also einer Erkrankung des gesamten Körpers. Der konsequente und lebenslange Verzicht auf Gluten ist die derzeit einzige bekannte wirksame Therapie.

Zöliakie ist das Chamäleon unter den Darmerkrankungen

Laut Leibniz-Institut ist etwa ein Prozent der deutschen Bevölkerung davon betroffen. Allerdings wird die Autoimmunerkrankung in vielen Fällen nicht oder erst nach einem längeren Leidensweg erkannt. Dies liegt vor allem an der häufig unklaren Symptomatik und den unterschiedlichen Verläufen der Zöliakie. Denn: typische Beschwerden, wie Bauchschmerzen, Durchfälle, Gewichtsverlust, Erbrechen und Übelkeit, werden vielfach mit normalen Magen-Darm-Beschwerden verwechselt. Diese unterscheiden sich aber von denen einer Zöliakie. Chronische Durchfälle mit etwa drei bis sechs Stuhlgängen pro Tag, die nicht geformt oder wässrig sind und ein damit verbundener Gewichtsverlust und Nährstoffmangel sollten vorsichthalber von einem gastroenterologische Facharzt abgeklärt werden.

Nahrungsexperimente ersetzen nicht die Diagnose durch Dünndarmbiopsie

Am Anfang der Diagnose steht zunächst ein Bluttest. Bei Patienten, die sich bis zuletzt glutenhaltig ernährt haben, enthält das Blut Antikörper gegen das Enzym Gewebetransglutaminase. Den Verdacht bestätigt dann in einem zweiten Schritt eine Dünndarmbiopsie, die Spiegelung des Zwölffingerdarms, bei der Gewebeproben entnommen werden. Je nach Ausprägung der Krankheit werden verschiedene Stadien der Schleimhautveränderungen unterschieden, die in Marsh-Typ 1 bis Typ 3 eingeteilt werden. Für eine gesicherte Diagnosestellung muss laut der Deutschen Zöliakie Gesellschaft (DZG) mindestens eine Veränderung nach Typ 2 vorliegen. Sicher ist die Diagnose, wenn die Beschwerden durch eine strikte glutenfreie Ernährung verschwinden. In der Regel regeneriert sich die Dünndarmschleimhaut, je nach Grad der Veränderung, in vier bis neun Monaten. Nur bei einer sogenannten refraktären Erkrankung, also einer nicht durch die üblichen Behandlungsmethoden beeinflussbaren Krankheit, ist dies nicht der Fall. Etwa ein halbes Jahr nach Umstellung auf glutenfreie Kost erfolgt ein Kontroll-Bluttest, der anzeigt, ob sich die Antikörper zurückgebildet haben. In den Folgejahren genügt im Regelfall eine jährliche Kontrolle der Blutwerte.

Kontakt

Dr. Andreas Klamann

Dr. Andreas Klamann

Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Sana Kliniken Leipziger Land

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