Schätzungen zufolge sind weltweit ca. 3 Millionen Menschen von MS betroffen. Die Verteilung ist nicht gleichmäßig: die Erkrankungshäufigkeit steigt mit der geographischen Entfernung vom Äquator an. In Deutschland leben nach derzeitigen Hochrechnungen ca. 280.000 MS-Erkrankte. Frauen erkranken etwa doppelt so häufig wie Männer. Die Erkrankung wird in der Regel zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr festgestellt - mit geringerer Häufigkeit tritt sie aber auch schon im Kindes- und Jugendalter auf. Erstdiagnosen nach dem 60. Lebensjahr sind selten.
Multiple Sklerose
Was ist Multiple Sklerose?
Die Multiple Sklerose (MS) ist eine entzündliche Erkrankung des Nervensystems, die ganz unterschiedlich verlaufen kann und meist im frühen Erwachsenenalter beginnt. Sie wird von den Ärzten oft auch Enzephalomyelitis disseminata (ED) genannt. Übersetzt heißt dies: eine im Gehirn und Rückenmark verstreut auftretende Entzündung.
Das Gehirn stellt eine Art Schaltzentrale dar, in der Signale über das Rückenmark zum Körper gesendet oder von dort empfangen werden; diese werden von verschiedenen Nervenfasern geleitet, die ähnlich wie elektrische Kabel von einer Schutz- bzw. Isolierschicht umgeben sind. Diese Schutzschicht besteht aus einem Stoff, der Myelin genannt wird.
Entsteht ein Entzündungsherd im Bereich dieser Schutzschicht, können die Botschaften nicht so wirkungsvoll übertragen werden: MS-Erkrankte können dann zum Beispiel Kribbelmißempfindungen verspüren, vermehrt stolpern oder Schwierigkeiten beim Sehen bekommen.
Das Auftreten von einem oder mehreren (multiplen) Entzündungsherden mit entsprechenden körperlichen Störungen und Ausfällen nennt man Schub. Ein Schub hat nichts mit einem plötzlichen Anfall zu tun - meist entwickelt er sich innerhalb von Stunden oder Tagen und klingt nach einiger Zeit wieder ab. Nach dem Schub kann eine Rückkehr zur normalen Funktion eintreten oder das entzündete Nervengewebe vernarbt (sklerosiert).
Wir arbeiten eng mit der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) zusammen. Sämtliche zugelassene Therapiemethoden werden vorgehalten, die Behandlungen erfolgen entsprechend den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), unterstützt durch eine intensive Physiotherapie und Ergotherapie.
Indikationen für eine stationäre Behandlung
- Sicherung der Erstdiagnose mit Liquoruntersuchung
- Abklärung der Differentialdiagnose
- Behandlung von Erkrankungsschüben
- Evaluation vor einer immunmodulatorischen Behandlung
Eine prä- und poststationäre Beratung wird angeboten. Terminvereinbarung zur neuroimmunologischen Sprechstunde unter 09128-5042303. Bitte folgende Dokumente mitführen:
- Stationäre Einweisung (außer: Privatpatienten)
- Vorhandene MRT-Aufnahmen auf CD
- schriftlichen radiologischen Befund des letzten MRTs
- Falls vorhanden: Arztbrief vom niedergelassenen Neurologen
- Ggf. Laborwerte
- Impfausweis
Bis zu ihrem Termin empfehlen wir Ihnen den YouTube-Kanal von Dr. Heimo Stamm.
Häufigkeit der MS
Wie wird MS festgestellt?
Das Erscheinungsbild der MS ist sehr vielgestaltig; die meisten Anfangsbeschwerden der MS können eventuell auch durch andere Krankheiten verursacht werden. Durch eine Reihe neuerer Untersuchungsverfahren ist es in den letzten Jahren leichter geworden, eine MS festzustellen. Mitunter kann es jedoch auch für einen erfahrenen Arzt schwierig sein, die Krankheitszeichen bereits im Frühstadium exakt einzuordnen.
Nach der sorgfältigen Erhebung der Krankheitsgeschichte schließt sich eine gründliche neurologische Untersuchung durch den Arzt an. In Abhängigkeit von den Ergebnissen des körperlichen Befundes sind dann meist verschiedene Untersuchungen notwendig. Diese können in der Arztpraxis oder in einer Klinik gemacht werden. Die hier häufigste Untersuchung der Sehnerven (Schachbrettmusteruntersuchung) wird meist schon in der Praxis des Neurologen durchgeführt. Die Computertomographie (CT) ist eine Röntgenschichtuntersuchung und kann eingesetzt werden, um andere Erkrankungen des Nervensystems auszuschließen.
Eine wesentlich genauere Aussage lässt sich mit Hilfe der Kernspintomographie treffen (aus dem Englischen stammende, bei uns ebenfalls gebräuchliche Abkürzung dafür: NMR oder MRT = Magnetresonanztomographie). Anstelle von Röntgenstrahlen werden hier Magnetfelder verwendet. Eine MS allein aufgrund der Kernspintomographie mit ausreichender Sicherheit festzustellen, ist aber nicht möglich.
Nach wie vor ist zur Sicherung einer MS-Diagnose die Untersuchung des Nervenwassers (Liquors) wichtig. Bestimmte Eiweißkörper weisen auf eine besondere Form der Entzündung im Zentralnervensystem hin, auch wenn sie nicht absolut beweisend für MS sind.
Zusammenfassend kann man die Suche nach einem "Namen für die Krankheit" mit der Suche nach den Teilen eines Mosaiks vergleichen: je mehr Teile zusammenpassen, desto sicherer wird die Aussage.
Die Diagnose
Es kann manchmal Wochen, Monate, zuweilen sogar Jahre dauern, bis die Diagnose eindeutig feststeht. Sollten Sie möglicherweise selbst die Diagnose "MS" erhalten haben, so sprechen Sie mit Ihrem Arzt offen über Ihre Zweifel und Ängste, und sagen Sie ihm, ob Sie eine zusätzliche Meinung hören wollen. Das wird sicher nicht in jedem Fall notwendig sein, aber unter Umständen hilft es Ihnen, besser einordnen zu können, ob es sich um eine klinisch eindeutige MS oder zunächst nur um einen MS-Verdacht handelt.
Wichtig ist, dass Sie sich an den Arzt Ihres Vertrauens wenden, falls Sie neue oder ungewohnte Beschwerden verspüren oder auch, wenn die ersten Symptome wieder auftreten. Das kann Monate oder Jahre später sein, manchmal sogar ein Jahrzehnt und länger.
Wie kann MS verlaufen?
Der Verlauf einer MS kann von Patient zu Patient sehr unterschiedlich sein. Deshalb ist es nicht möglich, eine genaue Voraussage des individuellen Verlaufes zu treffen.
Auch wenn dies grundsätzlich zutrifft, muss betont werden, dass die MS bei einer Vielzahl von Erkrankten gutartig verläuft. Eine MS muss nicht zwangsläufig schwer verlaufen.
Zu Krankheitsbeginn überwiegt der schubförmige Verlaufstyp mit einer Häufigkeit von bis zu 90%; 10-15% der Patienten nehmen einen primär-chronisch progredienten Verlauf. Nach anfänglich schubförmigem Verlauf gehen nach 10-15 Jahren etwa 30-40% in einen sekundär chronisch progredienten Verlauf über (nach: Schmidt/Hoffmann: Multiple Sklerose, 2006)
Ganz sicher stellt die Unvorhersagbarkeit des Krankheitsverlaufes eine besondere Belastung für Neuerkrankte und ihre Angehörigen dar.
Gespräche mit dem Arzt, anderen MS-Erkrankten oder Mitarbeitern der DMSG helfen im konkreten Fall, ein realitätsgerechtes Bild von der MS zu bekommen.
Wodurch wird MS verursacht?
Die genaue Ursache von Multiple Sklerose ist aktuell noch nicht vollständig geklärt. Nach derzeitigem Krankheitsverständnis geht man von einer Autoimmunerkrankung aus, bei der Zellen des eigenen Immunsystems Entzündungen in Gehirn und Rückenmark verursachen. Risikofaktoren für die Entwicklung einer Multiplen Sklerose sind z.B. ein Vitamin-D-Mangel, Rauchen, Übergewicht in der Kindheit sowie bestimmte Infektionen. In den letzten Jahren ist vor allem die Rolle des Epstein-Barr-Virus (EBV) zunehmend in den Fokus der Forschung erfolgt. Es verdichten sich die Hinweise, dass eine EBV-Infektion eine notwendige Voraussetzung für die Entwicklung einer Multiplen Sklerose ist. Des Weiteren spielen genetische Faktoren eine Rolle, die MS ist aber keine klassische Erbkrankheit.
Multiple Sklerose in der Neurologischen Klinik
In der neurologischen Klinik des Krankenhauses Rummelsberg werden seit mehr als 40 Jahren Patienten mit Multipler Sklerose behandelt. Die Klinik verfügt über alle hierfür notwendigen diagnostischen Möglichkeiten (VEP, SEP, MEP, MRT, Liquorlabor, Zusammenarbeit mit immunologischen Speziallaboren). Therapeutisch stehen sämtliche zugelassenen Behandlungsformen zur Verfügung. In ausgewählten Fällen (bei steroidrefraktären schweren Schüben) wird auf unserer IMC-Station eine Behandlung mittels Immunadsorption („Blutwäsche“) durchgeführt. Bei Patienten mit ausgeprägter Paraspastik bieten wir zudem die Gabe von intrathekale Triamcinolon an („Cortisonspritze in das Nervenwasser“). Im Rahmen der wöchentlich stattfindenden neuroimmunologischen Sprechstunde ist darüber hinaus eine prä- und poststationäre Behandlung von MS-Patienten möglich. Es besteht eine enge Zusammenarbeit mit der Beratungsstelle der DMSG (Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft, Martina Dismond). Die Beratungsstelle führt regelmäßig Außensprechstunden in unserer Klinik durch.