Bei Lipödem handelt es sich um eine chronische Fettverteilungsstörung, die bis vor einigen Jahren ein eher unbekanntes Erkrankungsbild war. Zwar gewann es in den letzten fünf Jahren immer mehr an Bekanntheit, aber dennoch ist eine Lipödemerkrankung noch immer nicht hinreichend bekannt. Das führt dazu, dass viele Betroffene erst nach jahrzehntelangem Leidensweg eine korrekte Diagnose und eine wirksame Therapie erhalten. Dr. Melodi Motamedi, Leitende Oberärztin der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie am Sana Klinikum Hameln-Pyrmont, gibt einen Überblick über das Krankheitsbild, die Diagnosestellung und geeignete Therapieformen.
Krankheitsbild Lipödem
Beim Lipödem handelt es sich um eine chronische Fettverteilungsstörung. Hauptsächlich Frauen sind von einer Lipödemerkrankung betroffen. Männer gehören nur in Ausnahmefällen bei hormonellen Funktionsstörungen zum Kreis der Betroffenen.
Beim Lipödem kommt es aufgrund einer bisher nicht hinreichend geklärten Ursache zu einer chronisch zunehmenden symmetrischen Unterhautfettgewebsvermehrung und auch Ödembildung. Vermutet werden hormonelle Einflüsse und aber auch eine genetische Disposition. Beobachtet werden Veränderungen der Mikrozirkulation, also der Durchblutung im Bereich kleinster Gefäße. Im Gegensatz zu Adipositas kann das Fettvolumen beim Lipödem nicht durch Diät reduziert werden kann.
Diagnosestellung anhand charakteristischer Merkmale
Typischerweise wird das Lipödem anhand klinischer Kriterien diagnostiziert – in erster Linie über folgende Punkte:
- Eine Disproportion zwischen Oberkörper und unterer Körperhälfte aufgrund einer pathologischen Vermehrung des Fettgewebes, vor allem der Beine. Fettgewebsansammlung treten vermehrt an den Extremitäten, insbesondere an den Oberschenkelinnenseiten, Kniegelenk, Wade und Knöcheln auf.
- Ödemneigung: Durch eine erhöhte Kapillarpermeabilität, also eine erhöhte Durchgängigkeit kleinster Gefäße, kommt es zu einer vermehrten Flüssigkeits- und Eiweißansammlung im Zwischenbindegewebe. Dadurch entstehen orthostatische Ödeme, also Wassereinlagerungen im Gewebe durch schwerkraftbedingten Stau. Zusätzliche Ödeme treten insbesondere abends und vermehrt in der warmen Jahreszeit auf.
- Schmerzhaftigkeit bei Berührung: Die Berührungs- und Druckempfindlichkeit des Gewebes ist durch orthostatische Ödeme bedingt und nicht durch die absolute Fettmenge. Die Druckempfindlichkeit verstärkt sich meist im Laufe eines Tages, insbesondere jedoch nach langem Stehen oder Sitzen. Diese Schmerzhaftigkeit ist aber unabhängig von der Größe der Fettvermehrung.
- Durch eine erhöhte Empfindlichkeit der kleinsten Gefäße neigen Betroffene vermehrt zu Blutergüssen im Bereich der Fettgewebsvermehrungen. Selbst bei kleineren Verletzungen kommt es erfahrungsgemäß bei einigen Betroffenen zu Einblutungen, die bei gesunden Menschen keinerlei Hautveränderung bewirken würden. Typischerweise sind diese Symptome an den Armen geringer ausgeprägt als an den Beinen.
Ein Lipödem tritt häufig nach hormonellen Veränderungen wie der Pubertät oder nach einer Schwangerschaft sowie nach den Wechseljahren auf.
Einordnung der Lipödemerkrankung in Stadien
Experten ordnen ein Lipödem in drei unterschiedliche Stadien ein. Sie unterscheiden dabei nach Oberschenkeltyp, Ganzbeintyp, Unterschenkeltyp und Ober- oder Ganzarmtyp.
- Stadium 1: gleichmäßig verdickte homogene feinkörnige Subkutis
- Stadium 2: wellenartige Hautoberfläche und einer knotenartig verdickten Subkutis
- Stadium 3: stark verhärtete und derbe Fettstruktur mit überhängenden Fettgewebsvermehrungen (Wammenbildung)