Dr. Annmarie Kramer ist Oberärztin am Sana Klinikum Lichtenberg. Im Interview spricht sie über hohe Anforderungen in der Schule, Geborgenheit als Einschlafhilfe und dem „power nap“ als Frischekur. Die Expertin aus dem Sana Klinikum Lichtenberg gibt Tipps für mehr Leistungsfähigkeit und erholsamen Schlaf in der Schulzeit.
Mit der Einschulung verändert sich vieles. Statt auszuschlafen heißt es nun, frühmorgens aufzustehen und konzentriert zu lernen. Eine ziemliche Umstellung, oder?
Der Schlaf-Wach-Rhythmus der Kinder ändert sich mit der Einschulung im Allgemeinen nicht grundlegend; wegen der Berufstätigkeit der Eltern sind viele Kinder durch regelmäßigen Kitabesuch frühes Aufstehen gewohnt. Was sich jedoch ändert, sind die Anforderungen an das Kind. Sie steigen mit der Einschulung immens. Die Kinder müssen sich in den Klassenverbund einfügen, eine Vielzahl von Regeln einhalten, eigene Bedürfnisse zurückstellen, über längere Zeitspannen zuhören und still sitzen. Darüber hinaus müssen die Kinder anspruchsvolle kognitive Leistungen erbringen und diese unter Beobachtung der Mitschüler abrufen, was zu erhöhtem Stress führt. All die genannten Belastungsfaktoren führen zu einer stärkeren abendlichen Erschöpfung.
Die vielen neuen Eindrücke bringen so manchen um den Schlaf. Was raten Sie, damit man abends schnell einschlafen kann?
Ein Kind, das sich wohl behütet fühlt, findet leichter in den Schlaf. Insofern ist eine liebevolle Eltern-Kind-Interaktion besonders wichtig. Dass es einen gemeinsamen Tagesausklang gibt, bei dem man über das Erlebte des Tages spricht und dem Kind entsprechend Lob und Wertschätzung entgegenbringt. Ein schönes Ritual ist auch, dass man gemeinsam eine Gute-Nacht-Geschichte liest. Auch Entspannungsmusik kann zum raschen Einschlafen beitragen. Sollten sich mit der Einschulung handfeste Ein- oder Durchschlafstörungen entwickeln, muss man die Ursachen dafür herausfinden und beispielsweise prüfen, ob das Kind in seiner Entwicklung möglicherweise noch nicht so weit fortgeschritten ist, um die Anforderungen eines Schulkindes zu erfüllen.
Nicht nur die Abc-Schützen müssen sich umstellen, auch älteren Schülern wird einiges abverlangt. Was können sie tun, um auch an langen Tagen aufmerksam zu bleiben?
Bei der Tagesgestaltung älterer Schüler ist wichtig, dass der Tagesablauf möglichst abwechslungsreich ist. Bei den hohen kognitiven Anforderungen dürfen körperliche Aktivitäten nicht zu kurz kommen; optimal ist ein Wechsel zwischen körperlicher und geistiger Aktivität. Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass die Jugendlichen ausreichend essen und trinken. Und dann gibt es den so genannten „power nap“, der maximal fünfzehn bis zwanzig Minuten dauern sollte und einem bei Müdigkeit um die Mittagszeit wieder deutlich Frische zurückgibt. Allerdings muss man sich anfangs unbedingt den Wecker stellen, denn wenn man länger schläft und in den Tiefschlaf gerät, fällt das Aufstehen danach umso schwerer und obendrein ist dann auch mit negativen Auswirkungen auf den Nachtschlaf zu rechnen.