Jedes Schlucken eine Quälerei: Wenn Kinder immer wieder unter Mandelentzündungen leiden oder die Mandeln dauerhaft so stark vergrößert sind, dass sie die Atmung behindern, kann eine Mandel-Operation helfen. Doch wann ist eine Mandelentfernung wirklich die Therapie der Wahl? Prof. Dr. Thomas Wilhelm, Chefarzt der HNO-Heilkunde an den Sana Kliniken Leipziger Land in Borna, klärt auf.
Ursachen der Mandelentzündung
Ausgelöst werden Mandelentzündungen zumeist durch Bakterien oder Erkältungs- und Grippeviren. Der Rachen ist gerötet, die Mandeln schwellen an. Eine Abwehrreaktion allein ist allerdings noch nichts Ungewöhnliches, denn die Mandeln sind ein wichtiger Teil des Immunsystems. Erst wenn Halsschmerzen und Schluckbeschwerden hinzukommen, sprechen Mediziner von einer Mandelentzündung.
Symptome einer bakteriell verursachten Mandelentzündung:
- Halsschmerzen
- Schluckbeschwerden
- Allgemeines Krankheitsgefühl
- Fieber
- Geschwollene Lymphknoten an Hals und Kiefer
- Gelblich-weißliche Eiterflecken auf den Gaumenmandeln
Diagnostik der Mandelentzündung
Zunächst erkundigt sich der Arzt beziehungsweise die Ärztin nach den genauen Beschwerden und der Krankheitsgeschichte und untersucht Mund, Rachen, Nase, Ohren. Um herauszufinden, ob die Mandelentzündung durch Bakterien oder Viren verursacht wurde, hilft ein Punktesystem. In die Bewertung fließt unter anderem ein, ob das Kind fiebert oder die Lymphknoten vergrößert sind. Zudem gibt es die Möglichkeit, einen Abstrich aus dem Rachen auf Streptokokken zu untersuchen, eine der häufigen Bakterientypen. Treten Entzündungen im Rachen häufiger auf, sollte das Kind einem Facharzt für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde vorgestellt werden.
Zurückhaltung bei der Mandel-OP
Eine bakteriell verursachte Mandelentzündung wird zunächst mit einem Antibiotikum
behandelt. Die Beschwerden sollten dann innerhalb weniger Tage verschwinden und die Entzündung ausheilen. Tritt eine Entzündung der Gaumenmandeln immer wieder auf, oder sind die Gaumenmandeln dauerhaft so stark vergrößert, dass sie das Atmen erschweren, kommt eine Mandelentfernung infrage. Generell ist die Mandeloperation in jedem Lebensalter möglich. Im Wissen um die Bedeutung der Mandeln für das Immunsystem sind Ärzte aber heutzutage sehr viel zurückhaltender damit, eine Mandel-OP zu vorzuschlagen.
Eine Mandelentfernung kann empfohlen werden, wenn das Kind sechs antibiotikapflichtige Mandelentzündungen innerhalb eines Jahres oder drei Erkrankungen in zwei aufeinanderfolgenden Jahren erleidet.
Die OP-Zurückhaltung ist nicht die einzige Veränderung in der Behandlung von wiederkehrenden Mandelentzündungen. Statt einer Komplett- wird heute auch die Teilentfernung erwogen, um einen Teil des Abwehrgewebes für das Immunsystem erhalten zu können.