Die Diagnose Brustkrebs konfrontiert Frauen zunächst mit vielen Sorgen und Fragen. Allen voran zur individuellen Therapie und Heilung, aber auch zu den ästhetischen Aspekten der eigenen Weiblichkeit und des Wohlgefühls, weiß Dr. Maria Hufnagel, Oberärztin am Brustzentrum des Sana Klinikums Lichtenberg.
Bei den meisten Patientinnen, die an einem Brustkrebs erkranken, ist zum Glück keine Brustamputation (Mastektomie) erforderlich. In besonderen Fällen, zum Beispiel bei ausgedehnten Brustkrebserkrankungen, dem inflammatorischen (entzündlichen) Brustkrebs oder einem in mehreren Quadranten der Brust auftretenden Brustkrebs, kann aber eine Brustabnahme nötig sein. Die prophylaktische beidseitige Brustabnahme bei dem Nachweis einer Genmutation mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko nimmt hierbei eine Sonderstellung ein.
Ist keine brusterhaltende Operation möglich, bedeutet das meist eine deutliche Veränderung des eigenen Körpers, die über optische und funktionelle Einschränkungen hinausgehen kann. Diese Aspekte werden mit der Patientin individuell in der Therapieplanung berücksichtigt.
Ist eine Brustamputation erforderlich, so möchten viele Frauen, den Eingriff – also das Fehlen einer oder beider Brüste – gerne kaschieren. Hierfür bietet der Brustaufbau als plastisch-rekonstruktive Operation eine Möglichkeit, bei der die Brustform und die Brustwarze wiederhergestellt. Wird eine einseitig amputierte Brust rekonstruiert, so wird oft auch die verbliebene Brust einer angleichenden Operation unterzogen, damit das Endergebnis symmetrisch ist.
Methodik der Rekonstruktion
Es gibt die Möglichkeit der Sofortrekonstruktion (primäre Rekonstruktion, einzeitiges Verfahren), bei der im Rahmen der Brustoperation ein gleichzeitiger Wiederaufbau der Brust stattfindet und die spätere Rekonstruktion (sekundäre Rekonstruktion, zweizeitiges Verfahren), in der zunächst eine Brustentfernung und anschließend die medikamentöse und/oder Strahlentherapie und anschließend der Brustwiederaufbau erfolgt. Welche dieser Methoden für die Patientin in Frage kommt, hängt hierbei, neben dem Wunsch und den Vorstellungen der Patientin, von weiteren Faktoren wie der Art des Tumors, den körperlichen Voraussetzungen der Patientin und eventuell den Voroperationen ab.
Ein Wiederaufbau der Brust gefährdet die Heilungschancen der Patientin nicht und behindert auch nicht die Nachsorge. Eine Bestrahlung vor oder nach der Rekonstruktion gefährdet ebenso wenig die Sicherheit bezüglich eines Wiederauftretens des Tumors, kann aber das kosmetische Ergebnis insbesondere bei der Rekonstruktion mit einem Brustimplantat beeinflussen.
Arten des Brustaufbaus: Implantat und Eigengewebe
Es gibt grundsätzlich die Möglichkeit der Eigengewebsrekonstruktion oder die Möglichkeit des Brustwiederaufbaus mit Implantaten.
Der Wiederaufbau mit einem Implantat ist die einfachste Methode die Brust nachzubilden. In den meisten Fällen wird ein Silikonimplantat vor oder hinter den Brustmuskel platziert. Hierbei besteht, abhängig vom Tumor, auch die Möglichkeit die Haut und die Brustwarze der Patientin zu erhalten. Bei manchen Patientinnen ist der Hautmantel nach der Operation zu straff, dann kann es erforderlich sein, vor Einlage des endgültigen Implantates einen Hautexpander einzusetzen. Das ist ein Kunststoffbeutel, der nach und nach mit Kochsalz aufgefüllt wird. Wenn die Haut ausreichend gedehnt ist, kann dann in einer zweiten Operation eine Silikonprothese eingesetzt werden.
Der Vorteil des Wiederaufbaus mit Brustimplantaten ist der deutlich geringere operative Aufwand und die Vermeidung weiterer Narben. Die Operation mit Eigengewebe ist deutlich aufwändiger und zunächst körperlich belastender, allerdings sind die langfristigen kosmetischen Ergebnisse durch die Eigenschaften des Eigengewebes meist besser und auf Dauer für die Patientin befriedigender. Eine spätere Rekonstruktion mit Eigengewebe ist auch nach der Einlage einer Silikonprothese möglich.
Rekonstruktion durch eine „Lappenplastik“
Für die Rekonstruktion mit Eigengewebe kommen verschiedene „Spenderregionen“ des eigenen Körpers in Frage, so unter anderem der Unterbauch oder die Gesäßregion. Die sogenannten „Lappen“ können hier gestielt – also mit einer Verbindung durch einen Gewebe-Muskellappen mitsamt seiner zugehörigen blutversorgenden Gefäße – zur Brustrekonstruktion eingesetzt werden.
Möglich ist auch ein freier Gewebetransfer, bei dem ein Haut-Fetttransplantat nach der Verpflanzung wieder an ein ortsständiges Gefäß angeschlossen wird.
Lappenplastiken sind ein bewährtes Verfahren zum Ersatz von verlorengegangenem Gewebe.
Die Planung einer Rekonstruktion vor Brustabnahme sollte in einem interdisziplinären Tumorboard erfolgen. Jeder Patientin sollte zudem im Rahmen der Therapieplanung die Möglichkeit zur Einholung einer Zweitmeinung eingeräumt werden. Es gibt keine „ideale“ Rekonstruktion. Jede Methode hat Vor- und Nachteile, die Wahl der plastisch-operativen Rekonstruktion wird nach ausführlicher, individueller Aufklärung mit der Patientin gemeinsam getroffen.