Demenz, Sucht, Angst, Neurose, Depression – die Ausprägungen psychischer Erkrankungen sind mannigfaltig. „In der Bevölkerung gibt es gegenüber Menschen mit psychischer Erkrankung jedoch noch viele Vorbehalte. Und diese stehen der Behandlung oftmals entgegen, da sie die Betroffenen stigmatisieren“, weiß Sandra Rieck, Vorstand und fachliche Leitung „Das Boot“ Wismar e.V.. Diese gedanklichen Hürden sollen durch die Wochen der Gemeindepsychiatrie überwunden werden, um zu verhindern, dass Erkrankte gesellschaftlich ausgegrenzt werden. „Aufeinander Zugehen“ lautet daher vom 26. April bis zum 22. Juni das Motto in Nordwestmecklenburg.
Denn der Perspektivenwechsel bringe für alle Seiten große Gewinne. „Es gibt dieses gesellschaftliche Phänomen, das wir uns abgrenzen, solange wir von einem Problem nicht direkt betroffenen sind“, sagte Dipl. Psych. Peter Petereit, Geschäftsbereichsleiter vom Diakoniewerk im nördlichen Mecklenburg, am Montag bei der Vorstellung des Programms. Dabei könnten psychische Erkrankungen Jeden treffen. „Brücken zu bauen um sich auf Augenhöhe zu begegnen ist daher sehr wichtig“, weiß er.
Die Wochen der Gemeindepsychiatrie werden federführend auch 2016 vom Verein „Das Boot“ Wismar e. V. sowie der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Sana HANSE-Klinikums Wismar organisiert, die 2004 die Aktion initiierten. „Die Veranstaltungsreihe ist in unserem Landkreis eine gute Tradition geworden, bereits seit zwölf Jahren gibt es sie nun – das heißt jedoch nicht, dass sie nicht mehr modern ist“, betont Kerstin Weiss, Landrätin Nordwestmecklenburgs und Schirmherrin der diesjährigen Gemeindepsychiatrischen Wochen.
Das zeige sich besonders im bunten Programm. „Dieses Jahr wurde der Kreativität viel Platz gegeben, da gibt es Filmvorführungen, Lesungen, Tischtennis-, Bowling- und Volleyballturniere – plus die stabilen Säulen, wie das Gerontopsychiatrische Symposium oder das Fest der Demokratie“, ergänzt Wismars Bürgermeister Thomas Beyer. Zudem laden Selbsthilfegruppen zum Gespräch und stellen sich einzelne Einrichtungen vor. Auch wird die Frage in den Fokus gerückt was mit den Kindern psychisch Erkrankter geschieht. „Diese Frage wurde lange Zeit vernachlässigt, dabei steht sie ohne Zweifel ebenso lange im Raum“, so Dipl. Psych. Peter Petereit vom Diakoniewerk. Daher soll bei einer Veranstaltung im Mai das ehrenamtliche Patenschaftsprojekt „Patenschaft mit Herz und Hand für Kinder psychisch erkrankter Eltern“ ins Leben gerufen werden. Im Juni indes sollen Wege zur Teilhabe am Arbeitsleben für psychisch Kranke – und auch für Arbeitgeber – aufgezeigt werden.
„Insgesamt werden 16 Veranstaltungen von 14 Trägern angeboten – viele davon sind gemeinsame Aktionen“, sagt Dr. med. Bernd Sponheim, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Sana HANSE-Klinikum Wismar und Mitinitiator der Aktion. Denn die Wochen der Gemeindepsychiatrie sollen zugleich die Zusammenarbeit zwischen Krankenhaus, Selbsthilfegruppen, Vereinen und unterschiedlichsten Einrichtungen der Region stärken, sodass die Abläufe und die Zusammenarbeit im Netzwerk optimiert werden, um Betroffenen zeit- und wohnortnah eine geeignete Unterstützung ermöglichen zu können. Die Reihe lebe von den Akteuren und Unterstützern. „Das läuft hier sehr schön, sodass wir im Durschnitt jedes Jahr 1000 Teilnehmer mit den Wochen der Gemeindepsychiatrie erreichen können“, ergänzt er. Diese richten sich sowohl an Betroffene, deren Angehörige und Freunde als auch an die interessierte Öffentlichkeit. „Ganz gleich, welche Berührungspunkte man mit diesem Thema hat, das Programm bietet für jeden eine passende Veranstaltung“, fasst auch Landrätin Kerstin Weiss zusammen.