Zu doll geniest, zu stark los gelacht und schon ist der Slip nass. Laut Bundesverband für Gesundheitsinformation und Verbraucherschutz - Info Gesundheit e.V. gibt es in Deutschland rund sechs Millionen Menschen – Männer wie Frauen -, deren Blasenfunktion gestört ist. 75 Prozent davon sind Frauen. Und junge Frauen sind überdurchschnittlich oft betroffen, besonders nach Schwangerschaften. Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko.
Kein Tabuthema!
„Es ist wichtig, das Thema zu enttabuisieren, die Frauen müssen über diese Probleme sprechen“, sagt Dr. med. Beata Loj, Chefärztin der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Sana HANSE-Klinikum Wismar. Am Krankenhaus gibt es ein interdisziplinäres Beckenboden-Kontinenz-Zentrum mit Fachleuten aus der Gynäkologie, Urologie und Chirurgie. „Früher war das für viele Frauen normal, ab 50 immer Vorlagen zu nutzen“, weiß sie. Denn über das Thema Inkontinenz wurde nicht gesprochen, das war einfach so und wurde hingenommen. „An dem Thema ist nichts peinlich!“, macht Dr. Loj Mut, mit dem Arzt oder der Ärztin zu sprechen. „Inkontinenz ist eine natürliche Erkrankung, den meisten Betroffenen kann geholfen werden!“
Zu wenige sprechen darüber
Aus Scham sprechen die wenigsten über diese „Missgeschicke“, schränken lieber ihr Leben oder ihren Alltag entsprechend ein mit Blick auf die „Blasenschwäche“. Die Frauen leiden im Stillen und versuchen, zurecht zu kommen. Oft über Jahre. Blasenschwäche ist nichts, worüber frau offen spricht. Dabei ist nicht die Blase schwach, sondern der Beckenboden. Untersuchungen haben ergeben, dass nur jede dritte Betroffene mit den Beschwerden zum Arzt geht.
Inkontinenz erkennen
„Wenn die Frau alle zwei, drei Stunden, also über fünf, sechs Mal am Tag auf die Toilette geht oder jede Nacht wach wird und aufstehen muss, dann ist das eine Form von Inkontinenz.“ Andere Betroffene müssen nur an die Toilette denken oder Wasser rauschen hören, schon müssen sie laufen. „Das ist mitunter ein Teufelskreis, wenn Frauen beim Einkaufen in der Stadt immer schon genau wissen, wo welche öffentliche Toilette ist, weil sie denken, sie schaffen das sonst nicht“, erklärt Dr. Loj. Beim Niesen oder Husten darf nie etwas in die Hose gehen: „Man unterscheidet drei Stufen von Inkontinenz. Die erste ist die beim Niesen oder Husten, die zweite beim Tragen schwerer Gewichte. Bei der dritten Stufe muss die Betroffene nichts tun, es läuft von alleine.“ Ungesund wird es dann, wenn Frauen sich deswegen angewöhnen, zu wenig zu trinken.
Patientinnen könnten zur Selbsteinschätzung ein Toiletten- und Trinkprotokoll führen und die Zeiten und Mengen aufschreiben. Dazu, wann, wie oft und in welchen Situationen sie unfreiwillig wie viel Harn lassen.
Frauenarzt und Frauenärztin sind erste Ansprechpartner
„Erste Anlaufstelle sind immer die betreuenden Frauenärzte, die führen erste Untersuchungen durch und entscheiden, was getan werden kann“, sagt Dr. Loj. Da die Ursachen mitunter sehr komplex sind, kann es auch dauern, bis sich erste Besserungen zeigen. Die Chefärztin: „Nur 10 Prozent aller Patientinnen brauchen eine Operation.“ Bei allen anderen helfen Lösungen wie Beckenbodentraining, spezielle Tampons (Pessare) oder Medikamente. Im Beckenboden-Kontinenz-Zentrum können die Ursachen im Zweifelsfalle interdisziplinär abgeklärt werden. „Der Urologe untersucht die Blase, der Neurologe schaut, ob die Wirbelsäule schuld sein könnte, der Chirurg untersucht den Zusammenhang mit dem Darm“, erklärt Dr. Beata Loj.
Ursache(n) abklären
Entbindungen, Rauchen und Übergewicht zählen zu den „Risikofaktoren“ für die weibliche Inkontinenz. Auch nach Operationen, mit bestimmten Krankheiten oder Medikamenten kann eine Inkontinenz auftreten.
Gerade nach einer Entbindung leidet jede vierte Frau unter vorübergehender Inkontinenz. Die Gebärmutter und andere Beckenorgane können sich absenken, so dass die Verschlussmechanismen der Blase beeinträchtigt werden. Besonders gefährdet sind Frauen mit schwachem Bindegewebe. Entsprechende Übungen nach der Geburt helfen.
Auch während oder nach den Wechseljahren kann die Inkontinenz auftreten. Schuld sind die Hormone, der Körper produziert weniger Östrogen, so dass das Gewebe zusätzlich an Elastizität verliert. Der Beckenboden wird weiterhin geschwächt.