Orthopädische Rehabilitation

Rehabilitation nach Wirbelsäulenoperationen

Wege zur Normalität und Lebensqualität
Krankheiten des Muskelskelettsystems spielen nicht nur medizinisch eine große Rolle, sondern sind auch volkswirtschaftlich von großem Interesse. So hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin im Jahr 2009 104,8 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage für den Bereich der Muskelskeletterkrankungen verzeichnet. 
Im Jahr 2007 wurden nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung 5598 Frauen und 8200 Männer wegen Wirbelsäulenleiden vorzeitig berentet. Ursache der Erkrankung sind meistens Bandscheibenvorfälle oder Instabilitäten der Wirbelsäule aber auch Spinalkanalstenosen. War eine konservative Therapie erfolglos oder finden sich schwerwiegende neurologische Symptome, ist eine Wirbelsäulenoperation oft unausweichlich. 
Zur Wiederherstellung der Normalität im Alltag oder Beruf sowie zum Erreichen einer guten Lebensqualität ist eine Rehabilitation nicht nur sinnvoll, sondern in vielen Fällen unbedingt erforderlich.

Stadien nach Wirbelsäulenoperationen
Die ersten drei Wochen nach einer Wirbelsäulenoperation werden als Entlastungsstadium bezeichnet, in denen Heilungsvorgänge, insbesondere die Wundheilung, ablaufen. In diesem Stadium sollte die Wirbelsäule entlastet werden, nur stabilisierende, leichte physiotherapeutische Übungen durchgeführt werden und es sollte auf rückengerechte, physiologische Bewegungsabläufe geachtet werden. Zudem ist meist eine Schmerztherapie erforderlich. 
Die 4. bis 6. Woche nach einer Operation sind bei schweren Wirbelsäuleneingriffen, z. B. mehrsegmentale Versteifungsoperationen oder Bandscheibenersatz sowie Operationen nach schwerwiegenden neurologischen Defiziten, noch dem Heilungsstadium zuzurechnen. 
In manchen leichteren Fällen, z. B. nach einem unkomplizierten Bandscheibeneingriff, kann auch bereits nach der 4. Woche ein Belastungsaufbau stattfinden. 
Normalerweise wird ab der 7. Woche vom Belastungsstadium gesprochen, in dem bis zur 12. Woche eine stufenweise Belastungszunahme hin zur Normalität erreicht werden soll. 
Im folgenden Abschnitt werden die Kernpunkte für diesen Rehabilitationsablauf genannt.

Behandlungskonzept und Behandlungsziele
Das Behandlungskonzept ist ein interdisziplinäres, in dem durch den Rehabilitationsarzt das Behandlungspotential durch eine Untersuchung und durch Vorbefunde ermittelt wird und Behandlungsziele festgelegt werden sowie die Therapie verordnet wird.
In Zusammenarbeit des Arztes mit Therapeuten und Pflegekräften, Sozialarbeitern sowie Psychologen wird das Therapieprogramm ausgestaltet und durchgeführt. Neben Physiotherapie und Ergotherapie ist im weiteren Verlauf auch an eine Sporttherapie zu denken.
Behandlungsziele sind neben der Wundheilung und der Schmerzreduktion die Erreichung einer normalen Belastbarkeit sowie eine Konditionierung des Herzkreislaufsystems und auch des muskuloskeletalen Systems. 
Im weiteren Verlauf ist jedoch auch das Erreichen einer Gesundheitskompetenz wichtig, um langfristig Rezidive, bzw. Verschlechterungen, zu vermeiden und um eine gute Lebensqualität wieder herzustellen. 
Die Trainingssteuerung erfolgt über Belastungsintensität, Belastungsdauer sowie Ausgestaltung des Programms mit Ruhepausen. Im Zusammenhang mit Therapiehäufigkeit ergibt sich damit ein Gesamtprogramm, das sich individuell nach dem jeweiligen postoperativen Zustand richtet.

Wirbelsäulenstabilisation
Ein wesentliches Ziel zum Erreichen eines normalen Lebens und einer guten Lebensqualität ist eine stabile Wirbelsäule, um durch aktive statische und dynamische Sicherung des Rumpfes und stabiler Haltung eine geordnete Zielmotorik, beispielsweise Ausführungen von Alltagsbewegungen, zu erreichen. Hierzu sind die sogenannte Tiefenstabilisation und das senso-motorische System wichtig. Sensomotorik bezeichnet dabei die enge Verknüpfung und Abstimmung von Wahrnehmung und Bewegung, die trainiert werden kann und zu einer verbesserten Körperhaltung und verbesserten Bewegungsabläufen führt und damit so etwas wie Bewegungsintelligenz hervorruft.

Sensomotorisches Training
Trainieren kann man die Tiefenstabilität und die Sensomotorik durch relativ einfache Übungen, wie Zehenstand und Einbeinstand sowie im Vierfüßlerstand. 
Am Anfang stehen jedoch Bewegungen in entlastender Lagerung, wie Rückenlage. 
Im weiteren Verlauf können einfache Geräte, wie ein Schlingengerät (Therapie-Master) benutzt werden, darüber hinaus stehen aber auch weitere Gerätschaften, wie das Seilzug-Gerät oder das Space Curl-Gerät zur Verfügung.
In der Medizinischen Trainingstherapie können diese Gerätschaften gezielt eingesetzt, in den Alltag umgesetzt und sowohl zur Konditionierung wie auch zum weiteren Aufbau der Tiefenstabilisation dienen.

Medizinisch-Berufliche-Orientierung
Um eine Rückkehr an den Arbeitsplatz zu gewährleisten, haben sich arbeitsbezogenes Training sowie eine Arbeitsbelastungserprobung bewährt. Hierbei wird zunächst die funktionelle Leistungsfähigkeit untersucht und dann arbeitsbezogen geübt. 
Werden die Tätigkeiten des täglichen Lebens und der Arbeit gut bewältigt, dann kann eine Arbeits- und Belastungserprobung (ABE) am Arbeitsplatz erfolgen.
Ob allerdings eine Rückkehr an die zuvor ausgeübte Arbeit bzw. den Arbeitsplatz möglich ist, muss der erfahrende Rehabilitationsmediziner in einer sozialmedizinischen Beurteilung herausfinden und dem jeweiligen Rentenversicherungsträger plausibel darlegen.

Fazit
Wie bereits erwähnt, können durch präventive Maßnahmen, sinnvolle Operationen und eine gut gesteuerte Rehabilitation viele Wirbelsäulenpatienten Normalität und Lebensqualität wieder erreichen. In der überwiegenden Zahl der Fälle kann damit auch eine frühzeitige Berentung oder Pflegebedürftigkeit vermieden werden.