Rügen

Vorbild ist die Universität Gotland

Rügen will eigene Uni bauen

Nach Vorbild der Universität Gotland sollen auf Rügen Bildungsangebote für Ärzte, Pfleger und Senioren entstehen. In Bergen ist ein Institut mit Kongresszentrum geplant.

Bergen Rügen als Universitätsstandort? Noch klingt diese Vision utopisch, doch in Amtsstuben und Unternehmerkreisen der Insel nimmt allmählich ein ernstzunehmendes Konzept Konturen an, das der Stadt Bergen in den nächsten sechs Jahren den Status eines Bildungs-, Gesundheits- und Kulturstandortes verleihen könnte.
Das Projekt mit dem viel versprechenden Namen Rügen-Institut geht auf eine Idee des Geschäftsführers der Sana-Klinik in Bergen, Dietrich Goertz, zurück. Zusammen mit der Stadt und dem Verein Gesundheitsinsel Rügen plant die Sana-Klinikkette in Bergen die Etablierung eines Bildungszentrums, das schon in zwei Jahren den Betrieb aufnehmen soll.

Den Vorstellungen zufolge sollen schrittweise vier Geschäftsfelder aufgebaut werden. Den Auftakt will Sana mit einem Aus- und Fortbildungszentrum für Ärzte und Pflegepersonal geben. In Abstimmung mit der Klinikzentrale in München sollen voraussichtlich ab 2009 Fachkräfte aller 85 Sana-Einrichtungen, darunter 53 Krankenhäuser bundesweit, in Bergen geschult werden. Oberärzte zum Beispiel, die eine Laufbahn als Chefarzt anstrebten, würden dann künftig hier am Standort qualifiziert, erklärt Goertz.

Schwerpunkte der etwa sechswöchigen Kurse sei neben fachlichen Inhalten auch die vertiefende Vermittlung psychologischer und betriebswirtschaftlicher Kenntnisse. Derzeit werde zusammen mit der Universität Greifswald ein entsprechendes Ausbildungs- und Kooperationskonzept erstellt. „Wir gehen davon aus, dass sich allein in den nächsten zehn Jahren etwa 2000 Sana-Ärzte in Bergen fortbilden werden“, sagt Goertz. Später soll die Bildungsofferte in Abstimmung mit den Ärztekammern der Länder auch anderen Klinikketten angeboten werden.

Geplant ist ferner die Errichtung einer Altersuniversität auf Rügen. Damit folge man dem Trend, dass viele Bürger ihren Alterswohnsitz nach Rügen verlegen, sagt Goertz. Schon jetzt sei Rügen nach dem Starnberger See in Bayern der beliebteste Senioren-Wohnsitz in Deutschland geworden. Den Senioren, aber auch Touristen und Einheimischen wolle man attraktive Kurse anbieten, die auf Wunsch sogar zu einem entsprechenden Abschluss führen können. Als Gastdozenten sollen pensionierte Ärzte, Wissenschaftler und andere Fachleute gewonnen werden.
Zugleich strebt Rügen eine Zukunft als wichtiger Kongress-Standort in Mecklenburg-Vorpommern an. Vor allem in der Vor- und Nachsaison könne die Insel dank ihres hohen Potenzials im Gastgewerbe zu überregional bedeutsamen Fachtagungen laden, so die Überlegungen. Geplant ist die Errichtung eines Kongresszentrums nach dem Vorbild der Insel Gotland, deren Universität im vergangenen Jahr für 17 Millionen Euro einen modernen Tagungskomplex in Betrieb nahm.

Nach schwedischem Vorbild soll zu einem späteren Zeitpunkt auf Rügen aber auch Forschung und Lehre angesiedelt werden. „Wir können uns zum Beispiel eine universitäre Ausbildung auf dem Gebiet der Gesundheitswirtschaft vorstellen“, sagt Goertz. Das aber wolle man detailliert mit den Universitäten Greifswald und Rostock abstimmen, um keine unerwünschte Konkurrenz aufkommen zu lassen.

Die Pläne werden von der Stadt Bergen unterstützt. Bürgermeisterin Andrea Köster (CDU), die sich unlängst in Visby über die Universität Gotland informierte, will vor allem über das integrierte Stadtentwicklungskonzept Fördermittel einwerben. Schon die neue Stadtbibliothek, die bis 2009 für rund 1,4 Millionen Euro am Markt entstehen soll, werde nach universitären Nutzungskriterien errichtet. Zudem werde die Stadt die Vermittlung geeigneter Immobilien für Studentenwohnungen und Lehreinrichtungen fördern, zum Beispiel in der Bahnhofsstraße, in der Ringstraße oder in der Alten Post. „Als Standort für ein großes Kongresszentrum könnte ich mir das Bahnhofsquartier mit seiner optimalen Verkehrsanbindung sehr gut vorstellen“, sagt Köster.

Die Universität Gotland

  • Die staatliche Universität Gotland war vor zehn Jahren in Visby gegründet worden, gefördert vom schwedischen Staat, der Gotland als Randgebiet einstufte. Zum ersten Studiengang gehörten seinerzeit 60 Studenten. Heute bietet die Lehreinrichtung 17 Studiengänge und Kurse an.
  • Derzeit sind an ihr mehr als 5000 Studenten eingeschrieben. Die Hälfte von ihnen absolviert ein Direktstudium. Die andere Hälfte nimmt über das Internet an multimedialen Lehrveranstaltungen teil. Zum Lehrkörper gehören 12 Professoren, 100 Lehrer sowie rund 90 Mitarbeiter.
  • Schwerpunkte der Ausbildung sind Ökonomie, Archäologie, Geschichte, Bautenschutz, Industriedesign und IT-Technologie, darunter die Entwicklung von Computerspielen. Die 2001 gegründete Bibliothek, die von 37 städtischen und universitären Angestellten betreut wird, umfasst inzwischen rund 33 500 Bücher und Datensätze. Im vergangenen Jahr wurde in Visby für rund 17 Millionen Euro ein modernes Kongresszentrum eingeweiht (www.hgo.se).


Mitte November hatte eine Delegation von Rügen die Stadt Visby auf Gotland besucht und sich mit Vertretern der Universität Gotland getroffen, um Erfahrungen über den Aufbau einer vergleichbaren Einrichtung in Bergen zu sammeln. Das besondere Interesse galt dabei dem neuen Kongresszentrum.