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Pflegeausbildung

Pflegeschüler übernehmen Leitungsverantwortung

Im Zuge ihrer Ausbildung zur Pflegefachfrau / zum Pflegefachmann leiten die Auszubildenden der Oberkurse für mehrere Wochen ausgewählte Stationen.

Souverän erklärt Johanna der Patientin Karin K. den mobilen Telemetrie-Monitor. „Wir können damit die Funktionen des Kreislaufsystems und insbesondere die Leistungsfähigkeit des Herzens überwachen“, sagt die Pflegeschülerin. Dass sie eine Schülerin ist, weiß die Patientin nur aus dem persönlichen Gespräch. „Mir und auch anderen Patienten hier ist nicht aufgefallen, dass derzeit Schülerinnen und Schüler diese Station leiten“, erzählt sie. Mehr als ein kleines Hinweisschild an der Stationszentrale gab es nicht.

Praxisphase mit Leitungsverantwortung wurde ausgedehnt

Im Sana-Klinikum Remscheid existiert das Projekt „Schüler leiten eine Station“ bereits seit mehreren Jahren, wurde 2020 aber neu aufgestellt. „Die Praxisphase mit Leitungsverantwortung ist Bestandteil des dritten und damit abschließenden Lehrjahres“, sagt Monika Kulla-Symanek, die als stellvertretende Leitung des Sana-Bildungszentrums das Projekt betreut. „In der Vergangenheit war dieser Praxisteil auf drei Wochen angelegt, wir haben ihn nun erstmals auf sieben Wochen ausgedehnt und sind mit den Erfahrungen sehr zufrieden.“ Die angehenden Gesundheits- und Krankenpfleger* wurden dabei in zwei Gruppen aufgeteilt, die jeweils zeitgleich auf zwei Stationen die Verantwortung übernahmen. Im Hintergrund arbeiteten selbstverständlich immer examinierte Pflegekräfte mit, die bei Bedarf für Fragen zur Verfügung standen.

* Bis zur Umstellung auf die generalistische Pflegeausbildung ab Frühjahr 2020 war die erworbene Berufsbezeichung Gesundheits- und Krankenpfleger/-in bzw. Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/-in. 2023 werden dann die ersten Auszubildenden mit der neuen Bezeichnung Pflegefachfrau/Pflegefachmann ihr Examen machen.

Gut ausgebildete und motivierte Nachwuchskräfte mit Eigenverantwortung

Einer davon ist Leopold Borek, als Bereichsleiter für zwei kardiologische Stationen verantwortlich. „In der ersten Phase wurden die Schüler in verschiedene Schichten eingeteilt und in 1-zu-1-Betreuung durch examinierte Pflegekräfte in die Arbeit eingewiesen. Die Schüler liefen in dieser Zeit mit und ließen sich alles zeigen. In diesem Jahrgang sind unsere Auszubildenden so stark, dass wir sie schon nach einer Woche ‚alleine‘ lassen konnten.“ Nur in Notfällen war vorgesehen, dass die Rollen sofort wieder getauscht werden.

Für die Stationsleitungen, wie Leopold Borek, und deren Stellvertretungen, wie Yvonne Dahm von der chirurgischen Station, sind diese Wochen immer eher ein wenig mehr Aufwand als üblich. „Die organisatorische Vorbereitung, Überwachung und Kontrolle ist durchaus umfangreich“, sagt Dahm. „Außerdem führen wir bedarfsgerecht einzelne Reflektionsgespräche, um einen möglichst guten Lerneffekt zu gewährleisten.“ Und Kollege Borek ergänzt sofort: „Aber wir wissen ja, wofür. Für gut ausgebildete Nachwuchskräfte im eigenen Haus, die unmittelbar nach dem Examen motiviert und eigenverantwortlich einsetzbar sind!“ Das sei heute anders als bei ihm damals, als er insbesondere bei organisatorischen Belangen ins kalte Wasser geworfen wurde.

Organisatorischer Einblick außerhalb der fachlichen Pflege

Für Johanna und ihre Mitschülerinnen sind die Projektwochen mit Leitungsfunktion eine wertvolle Erfahrung noch vor dem Examen. „Es war super, mal selbst Verantwortung zu übernehmen. Und mit unserem tollen Stationsleitungsteam sind wir auch ganz ohne Angst oder Vorbehalte an die Aufgaben rangegangen.“ Auch Annkathrin ist sehr dankbar für die in dieser Zeit gewonnenen Einblicke: „Wir konnten erstmals selbst erleben, was examinierte Pflegekräfte tagtäglich leisten und wieviel gerade Leitungspositionen zusätzlich erledigen. Ohne diese Wochen wären wir davon nach dem Examen völlig überrascht worden.“ Und Katalin, die in der Chirurgie eingesetzt war, ergänzt: „Es hat mir sehr viel gebracht, einen so klaren Einblick in die organisatorischen Anforderungen außerhalb der fachlichen Pflege zu bekommen.“ Auch von den Ärzten auf den Stationen seien sie sehr gut angenommen und mit hilfreichen Tipps versorgt worden.

Einblicke in besondere Bereiche des Pflegeberufs

Pflegedirektorin Jasmin Shmalia ist es neben der organisatorischen Erfahrung auch wichtig, dass die Auszubildenden in den sieben Wochen zusätzliche Einblicke in besondere Bereiche bekommen. „So können die Pflegeschüler auf der chirurgischen Station einen ganzen Tag in der Wundversorgung mitlaufen“, erklärt sie. „In der Kardiologie bekommen sie tiefere Einblicke in die Telemetrie als Teil der Station und in die Funktionsdiagnostik. Das ist im normalen Ausbildungsalltag so nicht unbedingt möglich.“ Ziel sei es, jede am Sana-Klinikum Remscheid ausgebildete Pflegefachkraft am Haus zu behalten. „Das gelingt uns zurzeit sehr gut. Nur, wenn die Schüler nach ihrem Examen wegziehen oder näher am Wohnort arbeiten wollen, verlassen sie uns.“

Das Projekt "Schüler leiten eine Station" sorge für eine praxisnähere und realistische Vorbereitung auf das Berufsleben nach dem Examen und helfe damit auch dem Krankenhaus insgesamt. „Durch die verlängerte Laufzeit in diesem Jahr haben wir noch mehr positive Rückmeldungen der Schüler erhalten als bisher.“