Remscheid

Sozialpädiatrisches Zentrum erhält Zertifikat für Kinderepilepsie-Ambulanz

  • Über zwei Drittel der Epilepsiefälle sind gut behandelbar
  • Experten möchten höheres Verständnis für Krankheit schaffen

Epilepsie ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen. Rund ein Prozent der Bevölkerung in Deutschland erkrankt im Laufe ihres Lebens daran – meist im Kindesalter. Die Betroffenen sind leider noch immer starken Vorbehalten ausgesetzt: Für viele gelten die Anfälle nach wie vor als Form von Geisteskrankheit. „Ohne Grund!“, betont Dr. Thomas Schliermann, Leiter des Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) am Sana-Klinikum Remscheid. Denn Epilepsie sei lediglich ein Sammelbegriff für sehr unterschiedlich verlaufende Erkrankungen mit epileptischen Anfällen und nach eingehender Diagnostik in zwei Drittel der Fälle gut behandel- und häufig auch heilbar. Der Mediziner und sein Oberarzt Dr. Christoph Damaschke sind seit Jahren auf die Diagnostik und Therapie von betroffenen Kindern und Jugendlichen – von der Geburt bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres – spezialisiert. Die hohe Qualität in der Behandlung der kleinen Patienten hat jetzt zur Zertifizierung der Kinderepilepsie-Ambulanz des SPZ durch die Internationale Liga gegen Epilepsie geführt. Das SPZ erfüllt damit alle von der Liga vorgegebenen strukturellen, organisatorischen und personellen Kriterien zur Behandlung von an Epilepsie erkrankten Kindern und Jugendlichen.

Epilepsie – organisch oder genetisch bedingt?
Doch was steckt hinter dem vermeintlichen Mythos Epilepsie? „Dabei entladen sich unnormal viele Nervenzellen synchron und erregen damit falsch das ganze oder zumindest Teile des Gehirns“, so Kinderarzt Dr. Christoph Damaschke, der über die Zusatzbezeichnung Neuropädiatrie hinaus Zertifikate für die Epileptologie und die EEG-Auswertung erworben hat und die Epilepsieambulanz leitet. In der Medizin unterscheidet man mehr als 30 Epilepsieformen, die entweder symptomatisch (organisch) oder genetisch bedingt sind. Organisch können die Anfälle zum Beispiel durch Krankheiten wie Stoffwechsel- oder Durchblutungsstörungen verursacht sein. „Ausschlaggebend für die erfolgreiche Behandlung ist die richtige Diagnose“, so Dr. Schliermann. „Denn erst einmal muss geklärt werden, ob es sich tatsächlich um epileptische Anfälle oder beispielsweise um Herz-Kreislaufreaktionen oder komplizierte Migräneformen bei Kindern handelt.“ Wird eine Epilepsie erkannt, ist das vorrangige Ziel, dass das Kind anfallsfrei wird – ohne Einschränkungen für die weitere Lebensführung. Hier kommt die Epilepsieambulanz des SPZ zum Tragen: Über 200 Kinder und deren Familien behandelt und begleitet das Team pro Jahr, viele davon über mehrere Jahre.

Schritt für Schritt zur Diagnose
Bei der Diagnostik spielen mehrere Faktoren eine Rolle. „Anfangs sind wir auf möglichst genaue Beschreibungen der Personen angewiesen, die den Anfall beobachtet haben. Dadurch können wir eine Epilepsie häufig schon einmal von anderen Erkrankungen abgrenzen“, sagt Dr. Damaschke. „Als nächster Schritt kommen Hirnstrommessungen (EEG) mit gleichzeitiger Videoaufnahme zum Einsatz, mit der die Diagnose dann meist klar ist.“ Blutuntersuchungen und bildgebende Verfahren wie Kernspintomographie bringen den Experten am SPZ weitere Sicherheit. Die genaue Diagnose lässt sich oftmals schnell stellen. „Ausnahmsweise können bis dahin schon einmal mehrere Monate vergehen, wenn nur sehr selten epileptische Anfälle auftreten, die Anfallsbeobachtung keine eindeutigen Hinweise gibt und EEG-Ableitungen anfangs unauffällig sind.“ In Einzelfällen könne auch die Ableitung eines EEGs über 24 Stunden stationär in der Kinderklinik notwendig sein.

Auf das richtige Medikament kommt es an
Ist die Art der Epilepsie durch Erhebung der Anfallsbeobachtung, der Krankengeschichte, EEG-Ableitungen und evtl. weiteren medizinischen Untersuchungen genauer bestimmt, kommen in erster Linie Medikamente zum Einsatz, um weitere Anfälle zu unterdrücken und ggf. in Kooperation mit der Kinderklinik die organischen Ursachen zu behandeln. „Hier hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Es gibt heute weit mehr und auch verträglichere Medikamente als noch vor zehn Jahren“, meint Dr. Damaschke. Anfallsfreiheit kann besonders bei den genetisch bedingten Epilepsien oft schnell und dauerhaft erreicht werden. „Bei manchen Formen in über neunzig Prozent der Fälle.“ Dagegen muss bei therapieschwierigen Epilepsieformen, insbesondere bei Hirnfehlbildungen, nach dem erfolglosen Einsatz von zwei passenden Medikamenten ein epilepsie-chirurgischer Eingriff erwogen werden. Hierbei kooperieren die Remscheider Experten mit Zentren in Bethel und Bonn.

Der soziale Aspekt
Doch Diagnose und Therapie machen nur einen Teil der Arbeit in der Kinderepilepsie-Ambulanz am SPZ aus. „Für uns ist es darüber hinaus sehr wichtig, dass wir die Kinder und deren Angehörige dabei unterstützen, mit der Krankheit umzugehen", betont SPZ-Leiter Dr. Schliermann. „Dazu gehört auch, den Eltern zu vermitteln, dass ihre Kinder trotz Epilepsie ein durchaus selbstständiges Leben führen können.“ Hier werden Kinder wie Eltern von den Psychologen am SPZ psycho-therapeutisch begleitet. Auch soziale Beratungsansätze kommen dabei zum Tragen, wenn es zum Beispiel darum geht, den Kindergarten oder die Schule über das von Epilepsie betroffene Kind zu informieren oder Vorurteilen richtig zu begegnen. Dr. Schliermann: „Wir möchten mit unserer Arbeit ein höheres Verständnis für die Krankheit schaffen, so dass jedes betroffene Kind die Chance erhält, sich ganz normal zu entwickeln und weitestgehend uneingeschränkt am Leben teilzuhaben.“


Weitere Informationen:
Termine für die Kinderepilepsie-Ambulanz gibt es nach Vereinbarung montags bis donnerstags von 8 bis 16 Uhr sowie freitags von 8 bis 14 Uhr unter Telefon 02191 13-4900. Für Notfälle außerhalb dieser Sprechzeiten steht die Ambulanz der Kinderklinik am Sana-Klinikum zur Verfügung.
Weitere Informationen rund um die Epilepsie gibt es auf der Internetseite der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie unter <link http: www.ligaepilepsie.de home>www.ligaepilepsie.de/home/


Ihr Pressekontakt
Katrin Krause
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Sana-Klinikum Remscheid GmbH
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