Die Ernährungsberaterin Isabel Hentschel aus dem Sana Klinikum Offenbach erklärt, worauf Krebspatienten achten sollten.
Krebspatienten sollten auf ihre Ernährung achten, denn sie hat maßgeblichen Einfluss auf den Therapieverlauf. Speziell geschulte Ernährungsberater stehen den Patienten deshalb von Anfang an zur Seite, dokumentieren die Entwicklung und können dabei helfen, auf gesundheitliche Entwicklungen zu reagieren. Eine individuelle Analyse und Planung sind deshalb das A und O. Ganz allgemein sollte darauf geachtet werden, dass energiedichte Speisen zubereitet werden. Dabei empfiehlt es sich, durchaus größere Menge zu kochen, die dann portionsweise eingefroren werden – das spart Zeit und Kraft, denn es ist immer etwas zu Essen im Hause. Zudem ist es ratsam, Snacks als Vorrat anzulegen: Trockenobst, Shakes, Nüsse, Käsewürfel, Quarkdesserts oder Müsliriegel sind hier besonders geeignet.
So lange die Patienten wie gewohnt essen können und alle körperlichen und laborchemischen Parameter für eine ausreichende Bedarfsdeckung sprechen, ist die orale Ernährung natürlich die erste Wahl. Wenn diese allerdings nicht mehr genügt, muss zunächst der bedarfsgerechte Einsatz von entsprechenden Supplementen geplant werden. Je nachdem, wo der Tumor diagnostiziert wurde, kann eine herkömmliche, orale Nahrungsaufnahme nicht möglich sein. In diesen Fällen ist die rechtzeitige Anlage einer Magen- oder Dünndarmsonde in Erwägung zu ziehen, um eine bedarfsgerechte Ernährung jeder Zeit sicherzustellen.
Die richtige Ernährung ist übrigens nicht nur ein Stück Lebensqualität, sie kann auch Mangelernährung vorbeugen. Denn aufgrund der Tumorerkrankung und der Chemo- oder Strahlentherapie kann es zu Nebenwirkungen kommen, die je nach Art des Tumors, Zyklusphase und Therapiedauer unterschiedlich sein können und die das Essverhalten beeinflussen. Das können beispielsweise sein:
- Geschmacksveränderungen
Geschmacksveränderungen werden in vier Schweregerade eingeteilt und reichen von einer Veränderung ohne Beeinträchtigung der Ernährungsgewohnheiten bis hin zur Veränderung mit Einstellung der Ernährungsgewohnheiten. Geschmacksveränderungen sind deshalb ernst zu nehmen und zu behandeln. Oft sind Patienten davon sehr irritiert, da Lieblingsspeisen plötzlich mit Abneigungen verbunden sind. Hier gilt es, kreativ zu werden und auch die Angehörigen mit ins Boot zu holen. Viele kleine Mahlzeiten, die appetitlich angerichtet werden, erleichtern die Situation. Zudem sollte man sich öffnen und immer wieder neue Sachen ausprobieren, auch wenn man sie bisher nicht mochte. - Appetitmangel
Appetitmangel entsteht oft schon zu Beginn der Therapie, er ist nicht nur Komplikation der Erkrankung oder der Chemotherapie, sondern gleichzeitig auch Stresssymptom, das durch die Diagnose ausgelöst wird. Die Maßnahmen zur Appetitanregung sind vielfältig. Je nach Rahmenbedingung und individuellen Möglichkeiten können mehrere Ansätze helfen, etwa die Vermeidung von Essensgerüchen, viele kleine Mahlzeiten statt einer großen oder das kauen von speichelproduzierenden Kaugummis oder Bonbons. - Aversionen
Aversionen können je nach Therapiestadium zu- und abnehmen und sich somit ständig verändern. Hier ist es sinnvoll, offen für Alternativen zu sein und Dinge auszuprobieren, die man vorher noch nie gegessen hat. Dies erfordert von Patienten und deren Angehörigen viel Flexibilität und auch Verständnis. Um Aversionen zu vermeiden, ist es sinnvoll Lieblingsspeisen an günstigeren Tagen oder zu günstigeren Tageszeiten einzuplanen. So kann vermieden werden, dass man einen Ekel gegen das liebste Essen entwickelt. - Entzündungen, bakterielle Infektionen im Mundbereich
Entzündungen oder bakterielle Infektionen im Mundbereich können chemo- und strahlenbedingt auftreten und bringen die drei oben genannten Komplikationen mit sich. In der akuten Phase kann es zur Säureempfindlichkeit, vor allem von Fruchtsäuren, kommen. Außerdem kann es auch zu einer Temperaturempfindlichkeit und einer generellen Sensitivität zu harter / spitzer Lebensmittel kommen. - Übelkeit, Erbrechen oder auch Durchfall, Verstopfung
Gastrointestinale Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Verstopfung sind meist nochmal individuell zu prüfen. Hier stellt sich die Frage nach dem Ernährungs- und Trinkverhalten des Patienten nach der individuellen Medikamenteneinnahme, der Chemotherapieform beziehungsweise der Therapiekombination aus Strahlen- und Chemotherapie und anderen Verhaltensweisen des Patienten.
Es gibt übrigens keine wissenschaftlich bewiesene „Krebsdiät“, die den malignen Tumor aushungern oder sogar zerstören könnte. Diese „Krebsdiäten“ kochen immer wieder in den Medien hoch und kursieren in Patienten- und Angehörigenkreisen. Sie erwecken jedoch falsche Hoffnungen, nutzen die bedrängte Lage der Betroffenen aus und sind oft eher schädlich als hilfreich. Die meist extremen Ernährungsformen können die Mangelernährung zusätzlich beschleunigen, den Ernährungsstatus weiter verschlechtern und somit die Nebenwirkungen weiter fördern.