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Bye, bye Herbstblues!

Seelisch gestärkt durch die dunkle Jahreszeit

Vielen fällt es nach den langen warmen Sommertagen schwer, sich an die deutlich dunkleren und bereits recht kühlen Herbsttage zu gewöhnen. Doch was hilft gegen den jährlichen Herbstblues? Resilienz-Expertin Janin Kronhardt, Psychologin und Psychoonkologin am Sana Klinikum Lichtenberg, informiert.

Wer kennt das nicht? Draußen ist Schmuddelwetteralarm und die Tage werden kürzer und dunkler, wir kommen schwer aus dem Bett und fragen uns, woher der graue Schleier auf unserer Seele kommt. In der Psychologie spricht man von einer „saisonal abhängigen Störung" (SAD Seasonal Affective Disorder). Das heißt, dass es jahreszeitbedingt und durch die damit verbundenen Schwankungen im Biorhythmus und Hormonhaushalt zu Veränderungen im Erleben und Verhalten kommen kann. Dieser durch Jahreszeiten verursachte Stimmungswandel kann nicht nur beim Herbstblues und der Winterdepression beobachtet werden, sondern auch bei der Frühjahrsmüdigkeit. Laut einigen Wissenschaftlern ist die saisonal bedingte Depression als ein Überbleibsel des Winterschlafs beim Menschen zu verstehen, bei dem über Monate der Energiesparmodus gefahren wurde. Jedoch ist dieser in heutiger Zeit nicht mehr überlebensnotwendig.

Wann und wo sind Betroffene dafür besonders anfällig?

Jahreszeitlich bedingte affektive Störungen treten in den dunklen Herbst- und Wintermonaten und in sonnenlichtarmen Ländern wie Skandinavien und Russland häufiger auf. Frauen sind häufiger betroffen als Männer; junge Erwachsene häufiger als Ältere. Die Wahrscheinlichkeit ist größer im Herbst und Winter wieder in ein Stimmungstief zu geraten, wenn bereits im Vorjahr dies der Fall war.

Wann sollten sich Betroffene ärztliche Hilfe holen?

Der jahreszeitlich bedingte Stimmungsblues hat nach Meinung einiger Wissenschaftler keinen Krankheitswert. Erst wenn die Symptome länger als zwei Wochen anhalten und saisonal jährlich wiederkehren, spricht man von einer saisonalen affektiven Störung (Winterdepression). Wenn Sie sich trotz intensiver Bemühungen nicht aus dem Stimmungstief holen können und zudem in Ihrem Alltag durch Ihren Gemütszustand stark beeinträchtigt sind, sollten Sie dies vom Arzt Ihres Vertrauens abklären lassen. Aus einem Herbstblues kann sich auch eine behandlungsbedürftige Depression entwickeln.

Nehmen Sie die Symptome ernst und sorgen Sie gut für sich! Selbstfürsorge zeigt sich darin, aktiv etwas gegen die Verstimmung und die belastenden Anzeichen zu tun, mit Vertrauenspersonen und Herzensmenschen darüber zu sprechen und sich gegebenenfalls professionelle Hilfe zu holen. Sollte es sich um eine klinisch relevante, vom Arzt diagnostizierte (saisonale) Depression handeln, können Psychotherapie (Verhaltenstherapie) und/ oder Medikamente (Antidepressiva) helfen.

Was sind mögliche Symptome?

Ausgeprägte Müdigkeit, Unlust, häufige Stimmungsschwankungen, depressive Gedanken, eine gedrückte, niedergeschlagene oft melancholische Grundstimmung, negative Sichtweise und Haltung, fehlender Antrieb und nachlassende Motivation sind Symptome, die auch bei einer Depression auftreten können.

Insgesamt herrscht also:

  • ein geringeres Energieniveau vor,
  • manchmal kommt es auch zu sozialer Abschirmung oder
  • Kreativitätsverlust.

Bei einer durch die dunkle Jahreszeit bedingten Depression zeigt sich im Unterschied zur ganzjährig auftretenden ein eher vermehrtes Schlafbedürfnis (ohne Schlaferholungseffekt) und ein gesteigerter Appetit (wie Heißhunger auf Süßes) zum Teil einhergehend mit relevanter Gewichtszunahme. Jedoch unabhängig davon, wann im Jahr die Symptome auftreten, sollten Sie diese bitte fachärztlich abklären lassen, sobald diese Sie stark belasten und länger anhalten.

Was sind Ursachen?

Die Ursachen sind noch nicht vollständig erforscht. Jedoch scheint ein anhaltender Lichtmangel und die damit einhergehende vermehrte Produktion des Schlafhormons Melatonin eine Rolle zu spielen. Wobei gleichzeitig die bei Lichtmangel zurückgefahrene Produktion des Glückshormons Serotonin die seelischen und biologischen Veränderungen wie Antriebslosigkeit, Müdigkeit und gedrückte Stimmung evozieren und auch körperliche Veränderungen wie einen trägen Darm bewirken können.

Es macht Sinn, aktiv etwas gegen den Herbstblues zu tun. Denn eine saisonal bedingte Verstimmung hält so lange an, wie die dunkle Jahreszeit andauert. Erst im Frühjahr stellt sich der Organismus wieder von selbst um und fährt die Energiesäulen hoch. Es wäre schade, diese Zeit mit gedrückter Stimmung und reduziertem Wohlbefinden einfach nur auszuhalten und Gefahr zu laufen, in eine (klinisch relevante) Depression zu rutschen. Da in der dunklen Jahreszeit das Glückshormon Serotonin wegen Lichtmangels weniger produziert wird, ist es sinnvoll, ganz bewusst Glück in sich selbst zu erzeugen. Die Positive Psychologie wird auch mit Glückspsychologie betitelt und hält Tipps und Tricks bereit, um das Glückslevel selbstwirksam zu powern. „Bewusst gegensteuern und pro-aktiv das eigene Glück in die Hand nehmen" heißt die oberste Prämisse.

Was kann man explizit gegen Herbstblues tun?

Explizite Tipps

  1. Tageslicht
    Einerseits können wir der dunklen Jahreszeit ein Schnippchen schlagen, indem wir proaktiv mehr (Tages-)Licht in unser Leben holen. Das können Sie mittels besonderer Lichtquellen. Es gibt Tageslichtlampen, die ein sehr helles Kunstlicht abgeben. Diese sorgen aufgestellt auf dem Schreibtisch, beim Frühstück oder dem morgendlichen Zeitungslesen für eine Extra-Portion Tageslicht und somit dafür, den Serotonin-Melatonin-Anteil zu verbessern und Sie so letztlich wieder in Ihre Energie und Balance zu bringen. Andererseits können wir ganz aktiv unsere Glückshormone durch Glücksaktivitäten und andere Ressourcen aktivieren.
  2. Bewegung
    Die „Universalmedizin Bewegung" bringt Körper, Geist und Seele in Einklang und hilft, in Schwung zu bleiben. Wenn wir uns bewegen, werden Glückshormone ausgeschüttet. Wenn wir uns draußen bewegen, bringt das Extra an Tageslicht zusätzlich den Hormonhaushalt ins Gleichgewicht. Experten empfehlen, sich täglich circa 30 Minuten an der frischen Luft zu bewegen, um die Stimmung zu verbessern. Auch Treppe statt Fahrstuhl, eine Station früher aussteigen und laufen, Fahrrad statt Auto, können mehr Bewegung in Ihren Alltag bringen. Wer regelmäßig Sport treibt und seinen Kreislauf in Schwung bringt, wird mental, körperlich und seelisch davon profitieren. Ein Mehr an Glückshormonen und ein Weniger an Stresshormonen bringt uns ins innere Gleichgewicht.

  3. Sozialkontakte, auch in Zeiten von Corona
    Wir sind soziale Wesen und brauchen das Miteinander und den Austausch in der Gemeinschaft. Isolieren Sie sich nicht, sondern suchen Sie gezielt Menschen, die Ihnen guttun. Das bringt uns auf positive Gedanken, lässt uns einander inspirieren. Kommunikation ist ein Seelentröster: Plaudern am Telefon (auch zu COVID-19-Zeiten jederzeit praktikabel), ein kurzes Gespräch mit dem Nachbarn, ein Treffen mit der Freundin oder dem Freund, ein Plausch in der Pause mit den Arbeitskollegen. Nutzen Sie Ihre Kommunikationsinseln! Suchen Sie dabei vermehrt den Kontakt zu humorvollen und positiv gesinnten Menschen und meiden Sie Miesepeter. Denn wir werden maßgeblich von der Stimmung unseres Umfelds beeinflusst. Bleiben Sie selbstfürsorglich in der Wahl Ihrer Mitmenschen. Es ist ein wohlbekanntes Phänomen, dass wir uns besser fühlen, wenn wir uns mit freundlichen, gut gelaunten und optimistischen Menschen umgeben. Nutzen Sie dies und machen Sie sich dies zu Ihrem Vorteil. Halten Sie sich dabei bitte an die entsprechenden COVID-19-Vorsichtsmaßnahmen – zum Schutz aller.

  4. Ernährung
    Eine ausgewogene und nährstoff- sowie ballastreiche Ernährung mit viel frischem Obst und Gemüse kann nicht nur gut schmecken, sondern uns auch von innen stärken. Die ausreichende Versorgung mit allen wichtigen Vitaminen und Nährstoffen sorgt für Wohlbefinden, ist zudem Nervennahrung und kann sogar den Hormonhaushalt positiv beeinflussen. Eine der wesentlichen und leicht umsetzbaren Ernährungsregeln ist die ‚Nimm 5 am Tag‘. Das bedeutet drei Portionen (eine Hand voll) Gemüse und zwei Portionen Obst. Ausnahmen dürfen auch sein! Seelentröster Schokolade (besonders die Kakao-hochprozentige) macht tatsächlich glücklich – jedoch nur kurzfristig. Denn Schokolade enthält Tryptophan, das im menschlichen Körper in Serotonin (Glückshormon) umgewandelt wird.

  5. Farben
    Ein Herbstspaziergang im Wald kann eine auf die Seele und Stimmung stabilisierende Wirkung haben und uns in innere Balance bringen. Unterschiedliche Farben bedeuten auch unterschiedliche Wirkungen. Gelb, Orange, Blau wirken positiv und ausgleichend auf unsere Stimmung. Integrieren Sie vermehrt wohltuende Farben in Ihren Alltag über Kleidung, Wohn- und Modeaccessoires.

  6. Düfte
    Düfte können ebenfalls glücklich machen – jedoch nicht alleine, sondern eher als Katalysator für die Wirkung anderer Aktivitäten. Die „Seelentröster"-Aroma-Mischung besteht aus Grapefruit mit Lavendel. Auch das Lieblingsparfum – besonders, wenn mit zitrischer Note – kann die Stimmung umgehend heben. Nutzen Sie die positive Wirkung von Aromen in Form von Ölen bei einer Massage. Auch Duftkerzen und Duftöllampen können Ihr Zuhause in eine Wohlfühl- und Gute-Laune-Oase verwandeln und sowohl die Sinne anregen als auch die Stimmung verbessern. Verwenden Sie bevorzugt zitrische Düfte wie Grapefruit und Orange!

  7. Musik
    Musik berührt die Seele! Erlauben Sie sich kleine musikalische Auszeiten. Auch das Singen unter der Dusche kann die Stimmung heben und uns von negativen Gedanken abhalten. (Lieblings-)Musik kann zudem Stress reduzieren und entweder beruhigend oder anregend wirken. Wählen Sie die Musik als Kontrastprogramm zu Ihrer unerwünschten Stimmung. Wenn Sie träge und müde sind und in Schwung kommen wollen, dann hören Sie etwas Schwungvolles und Dynamisches. Wenn Sie abends vor dem Zubettgehen runterfahren wollen, dann lassen Sie sich von beruhigender, meditativer Entspannungs-Musik in den Schlaf bringen. Klassische Musik kann zudem die Konzentration verbessern (siehe „Mozart-Effekt“). Musik als Seelen-Medizin hat nicht nur eine Wirkung auf den Gemütszustand, sondern kann auch Schmerzempfinden, Angst und Stresshormone im Körper reduzieren. All das beeinflusst und stärkt Ihr psychisches Immunsystem, Ihre Resilienz! Sie haben es ein Stück weit selbst in der Hand, dem Herbstblues entgegenzuwirken.

Zu guter Letzt: Vergessen Sie nicht, zu lachen! Lachen ist die beste Medizin und Humor ist Meta-Resilienz.

Kontakt

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Janin Kronhardt

Psychologin und Psychonkologin, Sana Klinikum Lichtenberg

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