Schilddrüse

Spezielle endokrine Chirurgie

Anatomie und Funktion der Schilddrüse

Die Schilddrüse (Glandula Thyreoidea) ist ein schmetterlingsförmig angeordnetes Organ, welches in der Halsregion unterhalb des Kehlkopfes zu finden ist. In diesem Bereich bedeckt sie vordere und seitliche Anteile der Luftröhre. Eng angrenzend zur hinteren Oberfläche beider Schilddrüsenlappen liegt jeweils auf jeder Seite eine obere und eine untere Nebenschilddrüse.

Ebenfalls in dieser Region zwischen Speise- und Luftröhre verläuft beidseitig der Stimmbandnerv (Nervus laryngeus recurrens), dessen Verletzung im Rahmen einer Schilddrüsenoperation selten eine bleibende Lähmung der Stimmbänder zur Folge haben kann. Das normale Gesamtgewicht der Schilddrüse beträgt bei Frauen bis 20 gr., bei Männern 25 gr.

Wichtigste Aufgabe der Schilddrüse ist nach der Jodspeicherung die Produktion der Schilddrüsenhormone T3 (Trijodthyronin) und T4 (Thyroxin). Diese Hormone werden in den Follikelepithelzellen der Schilddrüse gebildet und haben eine große Bedeutung bei der Funktion und dem Stoffwechsel in nahezu allen Organsystemen des menschlichen Körpers. Sie führen zu einem verstärkten Energieumsatz und beeinflussen im unterschiedlichen Ausmaß die Wirksamkeit anderer Hormone (Insulin, Glukagon, Wachstumshormon, Adrenalin u.a.).

Ein weiteres Schilddüsenhormon ist das Calcitonin, welches in den parafollikulären Zellen (auch C-Zellen genannt) der Schilddrüse produziert wird. Dieses Hormon hat durch den Einbau von Calcium und Phosphat in den Knochen eine regelnde Funktion des Calciumhaushaltes und ist ein Gegenspieler des, in den Nebenschilddüsen gebildeten, Parathormons.

Diagnostik von Schilddrüsenerkrankungen

Nach vorausgegangener körperlicher Untersuchung mit Erhebung der Krankengeschichte, Erfragen von möglichen Symptomen, Abtastung (Palpation) der Schilddrüse und in Abhängigkeit dieser Ergebnisse werden die notwendigen Diagnostischen Maßnahmen eingeleitet.

Nach vorausgegangener körperlicher Untersuchung mit Erhebung der Krankengeschichte, Erfragen von möglichen Symptomen, Abtastung (Palpation) der Schilddrüse und in Abhängigkeit dieser Ergebnisse werden die notwendigen Diagnostischen Maßnahmen eingeleitet. Die Bestimmung der Schilddrüsenhormone im Serum (T3, T4 und TSH) liefern bereits wichtige Informationen über den Funktionszustand der Schilddrüse. Die Bestimmung von Schilddrüsenautoantikörpern (TAK, anti-TPO, TRAK) können hinweisend auf das Vorliegen von Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse (Morbus Basedow, Hashimoto-Thyreoiditis) sein. Das Thyreoglobulin und Calcitonin werden als sogenannte Tumormarker zur Diagnose und Verlaufskontrolle von bösartigen Erkrankungen der Schilddrüse eingesetzt.

Eine wichtige Untersuchung zur Beurteilung der Binnenstruktur der Schilddrüse ist die Ultraschalluntersuchung (Sonographie). Knotige Umformungen, Zysten, Größe, Lage der Schilddrüse können mit dieser Untersuchung genau dargestellt werden. Die auch mittels Ultraschall nachgewiesene mögliche Vergrößerung von Lymphknoten der Halsregion kann indirekt auf eine bösartige oder entzündliche Erkrankung der Schilddrüse hinweisen. Die Schilddrüsenszintigraphie liefert Information zur Lage, Größe und Funktion der Schilddrüse. So können mit dieser Untersuchung Schilddrüsenareale mit einer verminderten oder fehlenden Aktivität (kalter Knoten) oder vermehrten Aktivität (warmer oder heißer Knoten) ausgemacht werden. Diese Untersuchung wird ebenfalls als Jod-Ganzkörperszintigraphie zum Ausschluss von Schilddrüsenkrebs-Metastasen verwendet. Zur Gewinnung von Schilddrüsengewebe zur pathologischen Untersuchung wird auch die sogenannte Feinnadelpunktion (Aspirationszytologie) eigesetzt. Da ein negatives Ergebnis dieser Untersuchung einen möglich vorhandenen Schilddrüsenkrebs nicht ausschließt, wird bei auffälligen knotigen Veränderungen der Schilddrüse im Zweifelsfall immer eine operative Therapie empfohlen.

Bedarfsweise und je nach Fragestellung z. B., Verdrängung der Luftröhre durch eine vergrößerte Schilddrüse (Struma), Größen- und Nachbarschaftsbestimmung oder Metastasennachweis von bösartigen Schilddrüsenerkrankungen, kann als diagnostische Maßnahme die Röntgen-Tracheazielaufnahme (Röntgen-Luftröhrendarstellung), die Computertomographie oder Kernspinntomographie eingesetzt werden.

Diagnostik gutartiger Schilddrüsenerkrankungen

Struma (Kropf)

Vergrößerung der Schilddrüse, welche mit (Struma nodosa) oder ohne (Struma diffusa) Knotenbildung einhergehen kann. Hierbei kann die Schilddrüse eine normale Hormonproduktion (Euthyreose) oder auch eine Überfunktion (Hyperthyreose) aufweisen.

Hyperthyreose (Überfunktion der Schilddrüse)

Die Schilddrüsenhormonproduktion (T3 und T4) ist von der Regelungsfunktion abgekoppelt. Die vermehrte Schilddrüsenhormonproduktion wird durch eine unifokale Autonomie (ein Knoten der Schilddrüse mit erhöhter Hormonproduktion), multifokale Autonomie (Mehrere Knoten der Schilddrüse mit erhöhter Hormonproduktion) oder durch eine disseminierte Autonomie (erhöhter Hormonproduktion in der gesamten Schilddrüse) verursacht.

Immunogene Hyperthyreose Morbus Basedow

Autoimmunerkrankung, die in der Schilddrüse durch Wirkung von Autoantikörpern zu einer vermehrten Schilddrüsenhormonproduktion führt. Bei erstmaligem Auftreten wird diese Erkrankung mittels Medikamenten behandelt. Innerhalb eines Jahres kommt es zu einer spontanen Dauerheilung in 40% der Fälle. Diese Erkrankung kann mit einer sogenannten endokrinen Orbitopathie (Vordrängung des Augapfels) einhergehen.

Hypothyreose (Unterfunktion der Schilddrüse)

Die Schilddrüsenhormonproduktion (T3 und T4) ist nicht ausreichend. Ursache ist in den meisten Fällen eine angeborene Unterfunktion der Schilddrüse. Des Weiteren kann diese Erkrankung durch Jodmangel, nach Behandlung der Schilddrüse (Radiojodtherapie, Operation) entstehen. Auch entzündliche Erkrankungen der Schilddrüse (subakute Thyreoiditis deQuervain oder chronische Hashimoto-Thyreoiditis) können zu einer Unterfunktion führen. Die Behandlung ist konservativ mit einer lebenslangen Substitution (Ersatz) von Schilddrüsenhormonen.

Entzündliche Erkrankungen der Schilddrüse (Thyreoiditis)

Hierzu zählen die subakute Thyreoiditis deQuervain, die chronische Hashimoto-Thyreoiditis und die fibröse Riedel-Thyreoiditis. Die Behandlung dieser Erkrankungen ist in der Regel konservativ d.h. durch Medikamenteneinnahme. Kommt es jedoch im Verlauf zu knotigen Veränderungen der Schilddrüse müssen diese abgeklärt werden und ggf. der operativen Behandlung zugeführt. Selten vorkommende Abszesse der Schilddrüse werden operativ (Abszessausräumung) behandelt.

Diagnostik bösartiger Schilddrüsenerkrankungen

Bei nur circa 0,1 % der Schilddrüsenerkrankungen handelt es sich um bösartige Erkrankungen. In der Bundesrepublik Deutschland werden jährlich circa 4,000 Neuerkrankungen registriert. Frauen sind häufiger betroffen als Männer und zwar in einem Verhältnis von 3 zu 1.

Papilläres Schilddrüsencarcinom

Es kommt in 40 bis 50% der Fälle vor. Nach entsprechender Therapie (Operation und ggf. Radiojodtherapie) hat diese Krebsart eine sehr gute Prognose (nach 10 Jahren leben circa 93% der Betroffenen).

Follikuläres Schilddrüsencarcinom

In 20 bis 40% der Fälle vorkommend. Nach entsprechender Therapie (Operation und ggf. Radiojodtherapie) hat diese Krebsart ebenfalls eine sehr gute Prognose (nach 10 Jahren leben circa 85% der Betroffenen).

Undifferenziertes (anaplastisches) Schilddrüsencarcinom

Kommt in 5 bis 10% der Fälle vor. Trotz multimodaler Therapie (Operation, Bestrahlung und ggf. Chemotherapie) hat diese Krebsart aufgrund der Tumoraggressivität eine schlechte Prognose (nach 10 Jahren leben circa 5% der Betroffenen).

Medulläres Schilddrüsencarcinom (C-Zell-Carcinom)

In 5 bis 10% der Fälle vorkommend. Es wird eine sporadische Form (kommt in 2/3  der Fälle vor) und eine familiäre Form (kommt in 1/3 der Fälle vor), welche durch genetische Mutationen bedingt ist (multiple endocrine Neoplasie Typ MEN II oder das familiäre medulläre Carcinom FMTC) unterschieden. Nach entsprechender chirurgischer Therapie ist die Prognose des medullären Schilddrüsencarcinoms in der Regel gut (nach 10 Jahren leben circa 60 bis 70% der Betroffenen).

Operative Therapie

Die jeweils erforderliche Operation ist wissenschaftlich begründet, funktionsorientiert und auf den individuellen Fall des Patienten zugeschnitten: von der Entfernung eines Einzelknotens über die Entfernung eines Schilddrüsenlappens oder der ganzen Schilddrüse reicht das operative Spektrum bis hin zur vollständigen Entfernung der Schilddrüse und der zugehörigen Lymphknoten am Hals. Vor jedem operativen Eingriff an der Schilddrüse ist eine Überprüfung der Stimmbandfunktion durch einen niedergelassenen Hals-Nase-Ohrenarzt erforderlich.

Folgende Verfahren werden angewendet:

  • Hemithyreoidektomie:
    Einseitige Schilddrüsenlappen-Entfernung (linker oder rechter Lappen).
    Operation nach Hartley-Dunhill: Einseitige Schilddrüsenlappen-Entfernung und Teilentfernung des gegenseitigen Schilddrüsenlappens.
  • Thyreoidektomie:
    Vollständige Entfernung des Schilddrüsenorgans.
  • Totale Thyreoidektomie und Lymphadenektomie:
    Vollstandige Entfernung des Schilddrüsenorgans mit zusätzlicher Ausräumung der Lymphknoten vom zentralen und ggf. vom lateralen Halsfach bei Schilddrüsenkrebs. Vielfach ist die Diagnose einer Schilddrüsenkrebserkrankung erst nach der Operation nach vollständiger mikroskopischer feingeweblicher Untersuchung möglich. In diesen Fällen und in Abhängigkeit der Krebsart und Stadium ist ggf. eine Zweitoperation notwendig. Diese wird in der Regel dann innerhalb von 48 Stunden nach der ersten Operation vorgenommen. Eine Nachbehandlung durch die sogenannte Radiojodtherapie ist bei bestimmten Krebsarten und Ausdehnungen erforderlich. Diese Behandlung kann auch bei uns im Haus durch erfahrene ärztliche Kollegen der Nuklearmedizinischen Abteilung erfolgen.

Modernste Operationsverfahren

In diesem Rahmen verfügen wir über:

  • In der Materie sehr erfahrene Chirurgen
  • Lupenbrille : 2,5 bis 3,5facher Vergrößerung des Operationsgebietes.
  • Ultraschallmesser: Als blutsparende Technik während der Operation.
  • Erfahrung in sämtlichen Operationstechniken (Halschnittlänge in Abhängigkeit der Schilddrüsengröße, gewöhnlich jedoch 4 cm)   
  • Verzicht auf die Anlage von Wunddrainagen: Zur Vermeidung von weiteren Narben der Halsregion.
  • Intraoperatives Neuromonitoring: Darstellung und Kontrolle des Stimmbandnervens mittels elektrischer Nervenstimulation.
  • Intraoperative Schnellschnittdiagnostik: Sofortige feingewebliche mikroskopische Untersuchung im Pathologischen Institut im Hause zur Klärung einer bösartigen Erkrankung.

Nachsorge und Komplikationen

Mögliche Komplikationen nach Operation der Schilddrüse

Auch Operationen an der Schilddrüse können in seltenen Fällen mit Komplikationen einhergehen.

  • Wundheilung: Wundheilungsstörungen z. B. mit Eiterung der Operationswunde sind äußerst selten. Eine leichte Schwellung oder „derb werden“ der Operations-narbe ist in den allermeisten Fällen nur vorübergehend und geht in der Regel nach 4 bis 8 Wochen vollständig zurück.
  • Nachblutungen: diese postoperative Komplikation erfordert in seltenen Fällen eine erneute Operation. Diese Komplikation ist jedoch sehr selten.
  • Funktionsstörungen der Nebenschilddrüsen mit Hypocalcämien: Ein Calcium-mangel im Blut ist ebenfalls von vorübergehende Charakter. Diese Zustände werden sorgsam mit Calciumtabletten (und ggf. Vitamin-D-Präparaten) ausgeglichen. Der Calciumhaushalt wird in unserer Chirurgischen Leitstelle oder bei Ihrem behandelnden Hausarzt regelmäßig kontrolliert und beim Erreichen der Normwertigkeit die Medikamente abgesetzt. Eine bleibende Funktionsstörung der Nebenschilddrüsen ist sehr selten.
  • Funktionsstörungen des Stimmbandnervs (Recurrensparese): Diese Komplikation entsteht wegen der engen Nachbarschaft des Stimmbandnervens zur Schilddrüse. Operationsbedingt kann hierbei zu Zerrungen des Nervens mit nachfolgenden Funktionsstörungen kommen. Eine einseitige Läsion führt zu einer Heiserkeit. Die noch seltener vorkommende beidseitige Läsion des Nervens führt zu einer Stimmlosigkeit und zu Atemstörungen. Eine Rückbildung dieser Störungen stellt sich in den meisten Fällen nach Wochen bis weilen jedoch nach Monaten ein. Eine bleibende Schädigung des Stimmbandnervs ist allerdings selten.

Nachsorge nach erfolgter Operation der Schilddrüse

Bei Fragen oder möglichen Unklarheiten, bitten wir Sie sich mit uns in Verbindung zu setzen.

  • Einleitung der entsprechenden Schmerzmedikation nach Beendigung der Operation
  • Circa 3 bis 4 Stunden nach Operationsende erste Befundkontrolle und Mitteilung über den Operationsverlauf durch den Operateur.
  • Essen und Trinken wie gewohnt bereits am Operationstag.
  • Entweder am Abend des Operationstages oder am nächsten Tag, Kontrolle des Calciumwertes im Blut (Serum) um mögliche vorläufige Störungen zu behandeln.
  • Postoperative Kontrolle der Stimmbandfunktion am ersten Tag nach der Operation.
  • In der Regel am zweiten postoperativen Tag ausführliche Besprechung des Ergebnisses von der mikroskopischen feingeweblichen Untersuchung. Hiernach Einleitung der entsprechenden Schilddrüsenmedikamente (Schilddrüsenhormone und/oder Jodid) als Ersatztherapie oder Rezidivprophylaxe.
  • Sollte sich bei der mikroskopischen feingeweblichen Untersuchung eine Schilddrüsenkrebserkrankung herausstellen, werden bei Notwendigkeit die nächsten Therapiemaßnahmen angebahnt und eine Vorstellung in der Nuklearmedizinischen Abteilung (Radiojodtherapie) unseres Hauses bereits vor Entlassung vereinbart.
  • In der Regel Entlassung der Patienten spätestens am zweiten postoperativen Tag.
  • Bei postoperativer Störung des Calciumhaushaltes im Blut oder bei Störungen der Stimmbandfunktion werden wir Sie auch ambulant nach entsprechender Terminvergabe in unserer Chirurgischen Leitstelle engmaschig weiter betreuen.
  • Die Wundkontrollen können bei Ihrem Hausarzt oder auf Wunsch gerne bei uns (in unserer Chirurgischen-Leitstelle) erfolgen.
  • In der Regel wird zum Wundverschluss resorbierbares Fadenmaterial verwendet, so dass hier eine “Fadenentfernung“ nicht notwendig ist.
  • Duschen ist ab dem 2. postoperativen Tag, baden ab dem 5. postoperativen Tag erlaubt.
  • Eine weitere Behandlung erfolgt ansonsten bei Ihrem Hausarzt bzw. bei Ihrem Endokrinologen.
  • Weitere Verhaltensmaßregeln und Informationen nach Operationen der Schilddrüse finden Sie in unserem Informationsblatt Informationsblatt “Wie geht es weiter nach der Operation meiner Schilddrüse?“ in unserem Download-Bereich.

Bei Fragen oder möglichen Unklarheiten, bitten wir Sie sich mit uns in Verbindung zu setzen.

Sekretariat der Chirurgischen Klinik I
Tel.: 069 8405-3941