Offenbach

Neu am Sana Klinikum: Praktische Hebammen-Ausbildung

Freudentränen und überschäumendes Glück: in kaum einem anderen Beruf liegen extrem gegensätzliche Gefühle so nahe beieinander wie bei Hebammen. Den Internationaler Hebammentag am Sonntag, 5. Mai 2019 nimmt das Sana Klinikum Offenbach zum Anlass, eine erste Zwischenbilanz für den im Herbst 2018 mit zwei Auszubildenden erstmals gestarteten Hebammenlehrgang zu ziehen. „Das Sana Klinikum Offenbach, als Kooperationspartner der Frankfurter Carl Remigius Medical School, ist im Herbst 2018 mit dem Pilotprojekt gestartet und bildet derzeit zwei Hebammen aus. Geplant ist, dass künftig jedes Jahr drei Auszubildende den Praxisteil ihrer Hebammenausbildung bei uns im Klinikum absolvieren können“, freut sich Prof. Dr. med. Christian Jackisch, Leiter der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe. „Mit unserem Perinatalzentrum Level 1, der höchsten Versorgungsstufe, bieten wir den angehenden Hebammen das gesamte komplexe Spektrum der modernen Geburtsmedizin an. Neben den komplikationslosen Geburten, sind wir auch für die anspruchsvollen Fälle bestens gerüstet. Durch unserer Know-how und der räumlichen Anbindung von Geburtsstation, Kinderintensivstation und Kinderklinik in unserem Eltern-Kind-Zentrum bieten wir auch bei Mehrlings- und anderen Risikogeburten beste Voraussetzungen für Mutter/Vater und Kind.“

Im Sana Klinikum Offenbach arbeiten derzeit 15 Hebammen. „Die Arbeit der Hebammen ist ein unverzichtbarer Bestandteil der modernen Geburtshilfe und schafft die notwendige Geborgenheit für die werdenden Mütter. Der Kreissaal eines Perinatalzentrums Level I ist allerdings immer ärztlich geleitet“, betont Dr. Susanne Marek, die als verantwortliche Oberärztin der Klinik diesen Bereich seit Jahren sehr erfolgreich leitet.

Selbstbewusst resümiert Hebammenschülerin Monique, ihre bisherigen Erfahrungen mit der Ausbildung: „Ich lerne hier, wie sich wissenschaftliche Medizin und wunderbare Geburtserlebnisse miteinander verbinden können. Eine  Geburt ist nämlich keine Krankheit  sondern ein vorübergehender körperlicher Zustand, der dazugehört, wenn Eltern auf dem Weg sind, eine Familie zu werden. Es ist auch ein tolles Gefühl, Eltern dabei zu unterstützen, wenn das Baby geboren ist. Spätestens wenn Mutter und Kind sich zum ersten Mal ansehen, weiß ich, wie wertvoll mein künftiger Beruf sein wird. Dieses Berufsziel ist mir sofort klargeworden, als ich während meiner Fachabiturszeit ein Jahr lang auf einer Pflegestation gearbeitet habe und dabei auch sechs Wochen in den Kreißsaal hineinschnuppern durfte.“

Laura Murach will im April ihr zweites Kind wieder im Sana Klinikum Offenbach zur Welt bringen und sieht dem freudigen Ereignis gelassen entgegen: „Bei meiner ersten Geburt war ein Kaiserschnitt nötig, den ich diesmal gerne vermeiden würde. Angst habe ich aber keine, weil ich sicher sein kann, dass eine professionell arbeitende, erfahrene Hebamme mir zur Seite stehen und den gesamten Geburtsvorgang begleiten wird. Der Kontakt zwischen der Hebamme und mir kann Stunden dauern. Deshalb sind mir Nähe und Vertrauen besonders wichtig, damit ich mich  beruhigt in die Hände der Hebamme geben kann. Klar soll im Hintergrund auch ein Arzt einsatzbereit sein, aber als Leiterin der Geburt weiß eine Hebamme dann doch besser, wie ich mich gerade fühle. So kann ich mich in dieser schönen, aber auch schmerzhaften Situation einfach fallen lassen.“

Sabine Isermann, stellvertretende Leitende Hebamme am Sana Klinikum, Praxisanleiterin und gestandene Hebamme mit Leib und Seele, blickt auf mehr als 3.800 Geburten zurück. „Der Hebammenberuf gehört zu den ältesten Berufen der Welt. Männer, selbst studierte Ärzte, hatten darin bis vor einigen Jahrhunderten nichts zu suchen. Sie zählen zu den Exoten in unserem Berufsstand, aber seit 1985 werden Entbindungshelfer ausgebildet – das männliche Pendant zur Hebamme. 2016 wurde er sogar wegen seines hohen Stellenwerts in das bundesweite Verzeichnis des „Immateriellen Kulturerbes“ aufgenommen“, betont Sabine Isermann stolz und sie ist überzeugt, „Hebamme ist einer der schönsten Berufs auf der Welt. Mit ihm fängt das Leben jedes Menschen auf der Erde an. Wir haben das Privileg, die Eltern durch die wahrscheinlich aufregendste Zeit ihres Lebens begleiten zu dürfen. Wir dokumentieren den Geburtsverlauf, erkennen frühzeitig Komplikationen, versorgen Neugeborene und überwachen den Verlauf des Wochenbetts. Richtiges Fingerspitzengefühl gehört zu unserem wichtigsten Handwerkszeug. Eine erfahrene Hebamme kann beim Abtasten des Bauches ganz genau fühlen, wie das Kind liegt, wo die Füße und Hände sind, und sie kann durch den geöffneten Muttermund hindurch genau ertasten, ob das Kind richtig herum liegt. Vor allem sind wir aber Begleiterin und Ratgeberin für die werdenden Mütter, denen wir Sicherheit und Vertrauen geben. Gut verlaufende Schwangerschaften, komplikationslose Entbindungen, überglückliche Eltern und gesunde Babys – kann ein Arbeitsalltag schöner sein?“ lächelt Isermann. „Deutlich erleichtert wird uns die Arbeit nicht nur durch den Mutterpass, der alles Wichtige zu Mutter und Kind dokumentiert, sondern vor allem durch eine rechtzeitige Anmeldung in unserer Geburtsabteilung. Dann können wir gleich Informationen zu Schwangerschaftsdiabetes, einem vorangegangenen Kaiserschnitt und Ähnlichem festhalten und sind bestens auf die Geburt vorbereitet.“

Schülerin Monique hat mittlerweile auch die problematischen Aspekte ihres Berufes kennengelernt: „Der erste Kaiserschnitt  hat bei mir natürlich Beklemmungen ausgelöst, aber ich habe mich ebenso daran gewöhnt wie die routinierte Professionalität der Ärzte, wenn die Geburt anders verläuft als geplant und sie eingreifen müssen. Obwohl nicht immer Glückseligkeit im Kreißsaal herrscht, bin ich mir sicher, dass ich die richtige Berufswahl getroffen habe.“ Denn neben den 1.600 Theoriestunden müssen die Anwärterinnen innerhalb ihrer 3.000 Praxisstunden auch Einsätze auf normalen Pflegestationen absolvieren. „Das ist noch im alten Lehrplan so vorgeschrieben“, erläutert Isermann. „Jede angehende Hebamme soll für sich selbst prüfen, ob sie sich wirklich zum Hebammenberuf berufen fühlt oder nicht doch lieber Pflegekraft werden will. Im neuen Lehrplan der ab 2020 mit der Akademisierung des Berufes kommt, wird dies wegfallen.“

Für Schülerin Monique hält Sabine Isermann als ihre Ausbilderin noch einen besonderen Ratschlag bereit: „Eine Hebamme muss sich auch mal kurzfristig unbeliebt machen können, indem sie bei Bedarf freundlich bestimmend ist und klare, konkrete Anweisungen gibt: Atmen Sie in den Schmerz hinein, pressen Sie nach unten, hecheln Sie die Presswehe weg! - Sobald das Kind da ist, zählt nur noch das Glück, die Kommandotöne sind schnell vergessen, und die Frauen sind dankbar für die eindeutige Unterstützung.“

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INFO-KASTEN

Ausbildung zur Hebamme (mit Vorbereitung auf freiberufliche Tätigkeit)

Dauer: drei Jahre

Institute: Hebammenschulen (ab 2020: Bachelor-Studium)

September 2017: Eröffnung Carl Remigius Medical School Frankfurt als erster Hebammenschule in der Mainmetropole (23 Schülerinnen, ein Schüler)

Träger: Bürgerhospital und Clementine Kinderhospital gGmbH, Universitätsklinikum Frankfurt.

Kooperationspartner für die praktische Ausbildung: Sana Klinikum Offenbach (jährlich drei neue Auszubildende), St. Elisabethen Krankenhaus Frankfurt, Hospital zum Heiligen Geist Frankfurt, Krankenhaus Sachsenhausen, Klinikum Frankfurt Höchst, Main-Kinzig-Kliniken Gelnhausen, Klinikum Darmstadt.

Theorie: 1.600 Stunden / Carl Remigius Medical School (Anatomie, Physiologie, Gynäkologie, Geburtshilfe, Schwangerenbetreuung, Wochenbettbetreuung, Kinderheilkunde, Ernährungslehre, Psychologie, Arzneimittellehre, Mikrobiologie, Chemie, Recht, Organisation).

Praxis: 3.000 Stunden in einem Klinikum (Kreißsaal, Wochenstation, Neugeborenenstation, operative und nichtoperative Pflegestation, Operationssaal, Kinderklinik, freie Praxis.

Staatliche Abschlussprüfung (Hebamme / Geburtspfleger): schriftliche, mündlich und praktisch.

Infos / Kontakt: Sabine.Isermann@sana.de

 

Marion Band
Tel.: 069 8405-5550
E-Mail: marion.band@sana.de