Offenbach

Palliativstation am Sana Klinikum Offenbach eröffnet Schwerkranken neue Wege

Hunde am Krankenbett – Helfer in schweren Zeiten

Die Augen der Patienten beginnen zu leuchten, wenn Emma und Sissi mit ihrer Trainerin Ivana Seger das Krankenzimmer betreten und neugierig Mensch und Umgebung beschnüffeln. Seit einem Jahr sorgen die beiden Hündinnen einmal wöchentlich  für eine entspannte Atmosphäre auf der Palliativstation des Sana Klinikums Offenbach, auch wenn die Patienten schwerkrank sind. Seit zehn Jahren besucht sie  mit Emma und Sissi Schwerkranke und Sterbende, darunter auch Kinder im Rhein-Main-Gebiet.

Dr. Christiane Gog, Leiterin der Palliativstation, weiß den Einsatz der Hunde sehr zu schätzen: „Sie verschenken ihre Sympathie bedingungslos an alle Menschen, seien sie noch so krank. Mit ihrem Körperkontakt bringen sie Zärtlichkeit, Wärme, Trost und Freude und regen so zu ganz neuen, entspannenden Gesprächsthemen an – zum Beispiel über Hunde, Lebenserfahrungen und Urlaubsmomente. Da ist die Krankheit plötzlich wie weggeblasen, und die dadurch gelöste Atmosphäre wirkt noch lange nach. Leider können sie nicht alle Patienten besuchen. Wir müssen immer vorab genau abwägen, welche Patienten aufgrund ihres Gesundheitszustandes geeignet sind, und natürlich, wer grundsätzlich einen Besuch wünscht.“

„Darf ich vorstellen? Das sind Emma und Sissi. Zwei Namen, die man kann gut aussprechen und sich leicht merken kann“, erläutert Trainerin Ivana Seger. „Ich gebe meinen Hunden keine Befehle, sie haben gelernt, wie viel Nähe die Kranken wollen oder zulassen möchten und entscheiden intuitiv selbst, was die Betroffenen gerade brauchen. Will mich dieser Mensch streicheln oder mir nur nahe sein? Darf ich aufs Bett springen und mich zu ihm legen? Manche Krankheitsbilder gehen auch mit plötzlichen, scheinbar anlasslosen, ruckartigen Bewegungen einher. Der Hund sollte darauf nicht mit Angst, Stress und dann womöglich gar Aggression reagieren. Er muss zudem damit umgehen können, auch mal etwas rauer „gestreichelt“ zu werden. Herumliegende Sachen – Katheter, Kanülen, Tabletten, aber auch Leckerlis, lassen sie ohne meine ausdrückliche Erlaubnis von selbst liegen. Sie sind perfekte Familientiere, lieben es, gestreichelt zu werden und sorgen mit ihrer inneren Ausgeglichenheit für Entspannung. Die Patienten vergessen für eine kurze Zeit ihre schwere, unheilbare Erkrankung.“

Die gelernte Altenpflegerin Ivana Seger arbeitete nach ihrer Ausbildung zunächst in einer Psychiatrischen Klinik auf einer Station mit depressiv erkrankten Patienten. „Der enorme Leidensdruck der mit gesenktem Kopf teilnahmslos Herumsitzenden prägte den Stationsalltag. Es war zum Teil kaum auszuhalten, bis eines Tages ein Besucher seine Frau zu einem Spaziergang abholte und einen Hund dabei hatte“, erzählt Ivana Seeger. „Das war vor 27 Jahren. Das Tier schaffte es innerhalb von Sekunden, was uns in Monaten nicht gelungen war: plötzlich richteten sich die Patienten nacheinander auf, beobachteten lächelnd diesen Hund von der Couch aus, gingen ihm entgegen und kamen miteinander ins Gespräch. Da wusste ich: Das ist genau das, was ich machen will. Es war ein langer Weg, bis ich endlich soweit war, aber vor zehn Jahren habe ich mein Leben total umgekrempelt und mich im Hospiz Arche Noah in Schmitten beworben, wo ich einen Welpen mitbringen durfte. Das hat sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen. Ich betreue jetzt sechs stationäre Einrichtungen, darunter auch das Wiesbadener Kinderhospiz Bärenherz. Dort toben die Kinder entgegen jeglicher Vermutung nicht mit den Hunden herum. Dafür sind sie in ihren Bewegungen viel zu eingeschränkt. Die Hunde legen sich oft einfach neben sie und sorgen nur durch ihre Anwesenheit und Wärme dafür, dass die Kinder sich durch den Kontakt mit dem Hundefell entkrampfen, Muskelverspannungen sich lösen oder mildern.“

„Trotz der großen Erfolge wird die Hundetherapie von den Krankenkassen immer noch nicht bezahlt und finanziert sich ausschließlich über Spenden“, bedauert Dr. Gog. „Nur wer selbst erlebt hat, wie positiv die Therapiesitzungen mit den Hunden sich auf das Wohlbefinden der schwerkranken Patienten auswirken, kann ermessen, warum wir im Sana Klinikum Offenbach alle gemeinsam daran gearbeitet haben, unseren Patienten diese Möglichkeit bieten zu können. Wir haben zwar einen separaten Eingang, aber dennoch mussten hohe hygienische Hürden genommen werden, bis es endlich so weit war. Heute freuen wir uns mit unseren Patienten, das Emma und Sissi zu unseren regelmäßigen Besuchern gehören.“

Palliativstation:
Im Erich-Rebentisch-Zentrum nimmt das Sana Klinikum Offenbach Patienten mit unheilbaren, weit fortgeschrittenen Erkrankungen auf. Dort werden die Patienten so betreut, dass sie gute Aussichten haben, nach ihrem etwa 14-tägigen Aufenthalt ihre letzte Lebenszeit antreten zu können.

Die Aufgabe der Station ist es, Patienten in der Hoffnung zu helfen, dass sie nach ihrem Aufenthalt wieder nach Hause entlassen werden können. Einige Patienten gehen aber auch in eine Pflegerichtung oder ein Hospiz.

Gerade bei schwerwiegenden, weit vorangeschrittenen Krebserkrankungen sind im Endstadium oftmals kurzfristig eine spezielle stationäre medizinische Betreuung und Pflege nötig, die auf der Palliativstation, außerhalb der normalen Krankenhauswelt, in geschützten, wohnlich gestalteten Räumen stattfindet, von denen man aber bei Bedarf auch jederzeit alle Behandlungsmöglichkeiten eines Krankenhauses wahrnehmen kann.
Für die ganzheitliche, individuell auf die Bedürfnisse der Patienten ausgerichtete Betreuung sorgt ein multiprofessionelles Team aus palliativmedizinisch qualifizierten Ärzten und Pflegenden, unterstützt von Physiotherapeuten, Psychoonkologen, Sozialarbeitern, Seelsorgern, einer Kunsttherapeutin und nun auch einer Hundetrainerin, die wöchentlich die Patienten für zwei Stunden besucht.

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