Offenbach

Friedensdorf International ermöglicht Operation am Sana Klinikum Offenbach

Hilfe für den siebenjährigen Arefullah

Es ist ein Horror-Szenario, das sich besonders Eltern kleiner Kinder gar nicht erst vorstellen wollen: ein Dreijähriger fasst nach einem Gefäß mit heißer Milch, es fällt um, und die Milch ergießt sich über beide Hände und Unterarme des Kindes, das unter unvorstellbaren Schmerzen innerhalb weniger Sekunden schwerste Verbrühungen dritten Grades erleidet. Das heißt: die Haut ist vollständig zerstört.

Natürlich haben Arefullahs Eltern umgehend für Erste Hilfe und professionelle Behandlung der Verletzungen ihres damals dreijährigen Sohnes gesorgt, doch blieben letztendlich erhebliche Bewegungseinschränkungen an den Händen zurück.
 „Die rechte Hand war  komplett umgeschlagen und somit am Unterarm fixiert. Die Narben haben die rechte Hand wie ein Fäustling umschlossen, sodass Arefullah mit dieser Hand nur noch Wackelbewegungen durchführen konnte“, beschreibt  Prof. Henrik Menke, Chefarzt der Klinik für Plastische-, Ästhetische- und Handchirurgie sowie des Zentrums für Schwerbrandverletze am Sana Klinikum Offenbach, das Ausmaß und die Folgen der Verbrühungen nach vier Jahren. „Auch mit seiner linken  Hand konnte der Junge wegen seiner stark vernarbten Finger nur noch Wackelbewegungen durchführen. Er machte deshalb alles mit seinen Unterarmen. Wenn er zum Beispiel etwas tragen wollte, presste er den Gegenstand nur mit Hilfe seiner Arme an den Unterkörper.“

In Afghanistans ländlicher Provinz Ghazni, wo der Junge mit seinen Eltern und sechs Geschwistern lebt, hatte er keine Chance auf Besserung und wäre mit Sicherheit verkrüppelt geblieben. Die Operation beider Hände in seinem Heimatland ist nicht möglich, und im  Ausland wäre sie für die Eltern unbezahlbar gewesen. Arefullah hätte sich wohl mit einer lebenslangen, schweren Behinderung abfinden müssen. Die Kinderhilfsorganisation ,,Friedensdorf International" wählte den kleinen Patienten für eine Behandlung in Deutschland aus. Das Sana-Klinikum Offenbach übernahm die Kosten für Behandlung und Unterbringung.

„Um ihm zu deutlich mehr Lebensqualität zu verhelfen und weitere Schmerzen und dauerhafte Behinderungen zu vermeiden, haben wir mehrere plastisch- chirurgische Eingriffe zur Rekonstruktion der Hände vorgenommen. Die Behandlung wurde gleichzeitig an beiden Händen durchgeführt“, erläutert Prof. Menke das Vorgehen seines Spezialistenteams. „Wir haben die geschädigte Haut durch eine Kombination aus künstlicher  Haut und Eigenhaut vom Oberschenkel ersetzt. Die Finger mussten vorübergehend mit Drähten fixiert werden  um sie wieder strecken zu können.“

In der Chirurgischen Klinik III, zu der auch das Zentrum für Schwerbrandverletzte gehört – eines der drei führenden in Deutschland – ist Arefullah gut aufgehoben. Tapfer stand er den Aufenthalt in der Fremde ohne seine Eltern und Brüder durch. Ärzte und Pflegekräfte der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Sana Klinikum haben ihn während seines Aufenthalts liebevoll betreut. Täglich wurde er von Erzieherin Jutta Bach und einer ehrenamtlichen Betreuerin des Friedensdorfes, Adriana Basso, begleitet. In kürzester Zeit hatten alle den kleinen, aufgeweckten Patienten ins Herz geschlossen.

Heute ist Arefullah ins Friedendorf nach Oberhausen zurückgefahren, wo er im weiter behandelt wird. Sobald er gesund ist, darf er dann endlich mit anderen Rückkehrern zu seiner Familie nach Afghanistan fliegen.
„Für den Jungen und die Familie war der von ‚Friedensdorf International‘ organisierte Hilfsflug die letzte Chance auf eine Operation durch Spezialisten“, erläutert Professor Menke. „Dennoch ist es für ihn, wie für alle ähnlich betroffenen Kinder, auch eine enorme psychische Belastung. Die Kleinen reisen alleine nach Deutschland, verstehen die Sprache nicht und bekommen ungewohntes Essen. Viele kennen es auch nicht, alleine in einem Bett zu schlafen. Vor oder nach OP-Behandlungen in deutschen Krankenhäusern lernen alle Kinder, die ‚Friedensdorf International‘ nach Deutschland holt, im ‚Dorf‘ die wichtigsten Dinge, wie Hygiene,  Rechnen und rudimentär die deutsche Sprache. Insgesamt sehen sich Eltern und Kinder etwa ein Jahr lang nicht. Sie sind unendlich dankbar für die unschätzbare Hilfe durch ‚Friedensdorf International‘. Natürlich bedeutet die schwerwiegende medizinische Behandlung ohne elterliche Begleitung für alle Beteiligten immer wieder eine große Herausforderung“, so Prof. Menke.

Die 1967 als Bürgerinitiative gegründete humanitäre Organisation “Friedensdorf International“ ist aktuell in mehr als zehn Kriegs- und Krisengebieten aktiv und finanziert sich fast ausschließlich über Spenden und Mitgliedsbeiträge. Um jährlich etwa 1.000 kranke Kinder aus Armutsländern und Krisenregionen zur Behandlung nach Deutschland holen zu können, ist sie auf die Unterstützung von Krankenhäusern und Kliniken im gesamten Bundesgebiet angewiesen. Für viele Kinder ist ‚Friedensdorf International‘ die einzige Chance, ein gesundes Leben zu bekommen oder gar überhaupt am Leben zu bleiben.



INFOKASTEN:
Wie hilft die Initiative „Friedensdorf International“ kranken Kindern?
•    Bedingung: eine dringend notwendige medizinische Behandlung nach ärztlicher Diagnose.
•    Voraussetzung: Behandlung vor Ort in der Heimat des Kindes nicht möglich, weil dort alle     medizinischen Möglichkeiten erschöpft sind.
•    Die Familie des Kindes kann sich finanziell keine Behandlung im Ausland leisten.
•    Erfolgreiche Hilfe ist in Europa realisierbar.
•    Das Kind ist nicht älter als 12 Jahre alt.
•    „Friedensdorf International“ findet über eine medizinische Einzelfallhilfe einen Klinikplatz zur kostenlosen Behandlung des Kindes.

Marion Band

Telefon: 069 8405-5550
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