Ausdauersport hilft, um Herzerkrankungen vorzubeugen. Dies ist hinlänglich bekannt. Doch Vorsicht: Wer frei nach dem Motto „Viel hilft viel" handelt, der läuft Gefahr, sich zu überschätzen und den gegenteiligen Effekt zu erzielen. Im günstigsten Fall bedeutet das dann Seitenstechen, im schlimmsten Fall einen Kreislaufkollaps oder gar einen Herzinfarkt. Denn von der Couchpotato zur Sportskanone ist es ein weiter und – mitunter – steiniger Weg. „Es müssen ja auch nicht immer gleich das Rennradfahren, der Halbmarathon oder die 30 gekraulten Bahnen im Schwimmbad sein. Schließlich gibt es noch ganz viel dazwischen", sagt Prof. Dr. med. Joachim Weil, Chefarzt der Medizinischen Klinik II für Kardiologie und Angiologie. „Als Einstieg in die Welt des Ausdauersports ist vor allem das Wandern oder Nordic Walken geeignet, denn es bietet eine gute und schonende Möglichkeit, einen aktiven Lebensstil zu führen."
Wandern oder Walken empfiehlt sich zudem für Diejenigen, die nicht unbedingt den Prinzipien von „höher, schneller, weiter" folgen wollen. Weder Maßband noch Stoppuhr sind nötig. Gutes Schuhwerk, dem Wetter angepasste Kleidung und Kartenmaterial – analog oder digital – reichen bereits aus, um mitten in der Natur etwas für die Fitness zu tun. Aber auch wer früher aktiver Sportler war, und nun aufgrund von gesundheitlichen Beeinträchtigungen kürzer treten muss, tut sich und seiner Gesamtkonstitution beim Wandern und Walken etwas Gutes. „Zwar werden beim Wandern und Walken nur relativ geringe Belastungsintensitäten erreicht, dennoch kommt es durch die regelmäßige körperliche Aktivität zu günstigen Effekten für das Herz-Kreislauf-System", weiß Prof. Dr. med. Joachim Weil. Möglich sind beispielsweise positive Auswirkungen auf die Blutgefäßinnenwand, eine vermehrte Bildung von zusätzlichen Blutgefäßen sowie eine Stärkung der körpereigenen Abwehrkräfte. Für Ausdauersportler bietet das Wandern und Walken somit eine sinnvolle Ergänzung zu ihrem festen Trainingspensum, und für Herzpatienten die Möglichkeit, ihre körperliche Aktivität auf einfache und zudem sehr angenehme Weise erhöhen zu können.
Vorsicht im Hochgebirge
Patienten, deren koronare Herzkrankheit bereits behandelt ist, und deren Gesundheitszustand sich zwischenzeitlich als stabil erwiesen hat, können im Flachland normalerweise ohne besondere Risiken zum Wandern oder Walken gehen und unter Umständen sogar Ausflüge ins Mittelgebirge bis auf eine Höhe von 1500 Metern planen. „Die Intensität im Flachland oder Mittelgebirge ist in der Regel so gering, dass keine Überlastungsgefahr für das Herz besteht", sagt Prof. Dr. Joachim Weil. Vor unabgestimmten Wanderungen im Hochgebirge warnt der Experte jedoch: „Klettern oder gar Bergsteigen sind kontraproduktiv, da die Belastungsgrenze in der dünneren Luft schnell überschritten ist. Vor allem dann, wenn steilere Berge auf dem Programm stehen, und das Herz wegen des niedrigeren Sauerstoffgehaltes eine höhere Pumpleistung erbringen muss."
Größere Touren unbedingt mit dem Arzt absprechen
Generell empfiehlt der Mediziner jedoch allen Patienten mit koronaren Herzkrankheiten, bevor sie damit beginnen möchten, sich wieder sportlich zu betätigen, einen Arzt zu konsultieren. Für eine genauere Einschätzung kann beispielsweise ein Belastungs-EKG zum Einsatz kommen, das oft wertvolle Informationen bezüglich des Herzmuskels liefert und zudem Aufschluss über den allgemeinen Fitnesszustand gibt. Damit man sein Herz nicht überlastet, rät der Mediziner zudem: „Solange man sich beim Wandern oder Walken ohne Atemnot unterhalten kann, besteht kaum Gefahr, dass man sein Herz überlastet.
Wer den Check-Up beim Arzt besteht, und trotz seiner Vorerkrankung für gebirgstauglich erklärt wird, dem gibt Prof. Dr. Joachim Weil noch folgenden Tipp an die Hand: „Für Herzpatienten, die zum Wandern in die Berge gehen, ist vor Ort eine Eingewöhnungszeit von ein bis zwei Tagen zu empfehlen. Währenddessen kann man sich mit kurzen und einfachen Wanderungen an das Klima und die Höhe gewöhnen, während längere Etappen erst in den darauffolgenden Tagen auf dem Programm stehen sollten." Wer das beherzigt, dem steht auch einem aktiven Leben nach oder mit einer Herzerkrankung nichts mehr im Wege.