Medizinische Schwerpunkte

Koronare Herzerkrankung

Bei der koronaren Herzerkrankung (Erkrankung der Herzkranzgefäße) kommt es durch Fett- und Kalkeinlagerungen in die Gefäßwand zu einer Einengung (Stenose) und Minderdurchblutung des Herzmuskels unter Belastung oder In Ruhe.

Zur Behandlung der koronaren Herzerkrankung stehen medikamentöse, interventionelle (Herzkathetertechniken, PTCA, Stent) und operative Verfahren (Bypassoperation) zur Verfügung, die durch vorbeugende (präventive Maßnahmen (Prävention) wie Gewichtsreduktion, Diät und körperliche Aktivität ergänzt werden.

Akuter Myokardinfarkt

Der akute Myokardinfarkt ist eine häufige und akut-lebensbedrohliche Erkrankung, die innerhalb kürzester Zeit mittels Herzkathetertechniken in einem spezialisierten Zentrum behandelt werden muss.

Was führt zu einem Herzinfarkt?
Durch einen spontanen Einriss einer Kalk-Fettablagerung in der Wand einer Herzkranzarterie (Plaqueruptur eines Atheroms) kommt es durch ein Blutgerinsel (Thrombus) zu einem Verschluss der Herzkranzarterie mit nachfolgendem Absterben von Herzmuskelzellen innerhalb weniger Stunden. Dies gilt es zu verhindern!

Wie bemerke ich den Herzinfarkt?
Meist treten in den Tagen vor dem Herzinfarkt – durch Belastungen ausgelöst – bereits Luftnot oder Schmerzen beziehungsweise ein Engegefühl im Brustbereich auf. Diese wiederum können in den linken oder rechten Arm, Oberbauch, Hals und Rücken (Angina pectoris) ausstrahlen. Treten die Beschwerden in Ruhe auf und hilft das so genannte Nitro-Spray nicht, ist ein hochgradiger Verdacht auf einen Herzinfarkt gegeben.

Was muss ich tun?
Der Notarzt muss sofort unter der Telefonnummer 112 angerufen werden!

Was passiert dann?
Aufgrund eines exzellenten Notarztwagen-Systems im Stadtgebiet von Stuttgart erreicht Sie innerhalb kurzer Zeit ein Rettungsteam einschließlich eines Notarztes, der sofort die Diagnose des Herzinfarktes mit einem EKG (Elektrokardiogramm, Herzstromkurve) stellt und unmittelbar die Behandlung sowie den sofortigen Weitertransport in ein spezialisiertes Zentrum einleitet.

Das Ziel der Behandlung ist die sofortige, komplette und nachhaltige Wiedereröffnung der akut verschlossenen Herzkranzarterie mit Herzkathetertechniken (PTCA/Stent/Thrombektomie).

Dies erfolgt im Stadtgebiet von Stuttgart in vier spezialisierten Zentren (Karl-Olga-Krankenhaus, Robert-Bosch-Krankenhaus, Katharinen-Krankenhaus und Marien-Krankenhaus), die rund um die Uhr – auch an Sonn- und Feiertagen – innerhalb kurzer Zeit eine akute Herzkatheteruntersuchung vorhalten.

Wie läuft die Herzkatheteruntersuchung ab?
Im Prinzip besteht kein Unterschied zu einer geplanten elektiven Herzkatheteruntersuchung.

In Lokalanesthesie erfolgt eine Punktion einer Arterie am Handgelenk oder in der Leiste. Die Gefäße werden über einen dünnen Katheter dargestellt und der diagnostizierte Verschluss oder die Engstelle der Herzkranzarterie wird mittels Kathetertechniken (Ballonaufdehnung PTCA, Stentimplantation) erfolgreich wieder geöffnet. Heute werden fast ausschließlich medikanten-freisetzende Stents (Drug-eluting stents, DES) der 2.Generation verwendet. Nach Wiedereröffnung des Gefäßes kommt es zu einem Nachlassen der Angina pectoris und das weitere Absterben von Herzmuskelgewebe wird verhindert. In Einzelfällen kann es notwendig sein, die Blutgerinsel aus dem verstopften Herzkranzgefäß mechanisch durch Unterdruck abzusaugen (Thrombektomie) und/oder weitere Medikamente direkt in die Herzkranzarterie zu injizieren (GP IIB/IIIA-Antagonisten, Adenosin), um den Blutfluss im Herzmuskelgewebe zu normalisieren.

Der Eingriff dauert meist zwischen 30 und 60 Minuten, danach erfolgt die Überwachung auf unserer interdisziplinären Intensivstation, um eventuell im Rahmen des abklingenden Herzinfarktes auftretende Herzrhythmusstörungen sofort erkennen und behandeln zu können.

Und nach dem Herzinfarkt?
Nach ein bis zwei Tagen auf der Intensivstation erfolgt die Verlegung auf die Normalstation.

Auf der Normalstation wird der Patient zügig mobilisiert, Risikofaktoren (Cholesterinerhöhung, Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Nikotinabusus) werden diagnostiziert und umgehend behandelt. Neben der Lebensstil-Änderung (Gewichtsnormalisierung, Nikotinkarenz, körperliche Bewegung) sind folgende Medikamente die Basistherapie nach einem Herzinfarkt:

  • Aspirin (ASS meist 100 mg/Tag) lebenslang
  • Prasugrel/Ticagrelor oder Clopidgrel für ein Jahr nach dem Herzinfarkt
    (Ausnahme Marcumar oder NOAK-Patienten)
  • Cholesterinsenker (Statin) lebenslang und unabhängig vom Cholesterinwert
  • Beta-Rezeptorenblocker lebenslang
  • ACE-Hemmer bei großen Herzinfarkten mit eingeschränkter Pumpfunktion lebenslang

Die Entlassung des Patienten erfolgt innerhalb einer Woche, sofern es sich um einen unkomplizierten Herzinfarkt handelte.

Dank der Einführung der modernen Infarkttherapie einschließlich medikamentöser Innovationen, Herzkatheterbehandlung (PTCA/Stent) des akutem Myokardinfarktes konnte die Infarkt-Sterblichkeit im Krankenhaus von über 30 Prozent auf heute 2 Prozent gesenkt und der Krankenhausaufenthalt von über sechs Wochen auf fünf bis sieben Tage verkürzt werden.

Um ein nachhaltiges Ergebnis nach der Akutbehandlung des Herzinfarktes zu gewährleisten, wird für die meisten Patienten eine stationäre oder ambulante Rehabilitationsbehandlung mit unseren Kooperationspartnern angeschlossen.

Der Kontakt zu entsprechenden Koronarsport-Gruppen kann vermittelt werden.

Herzkatheteruntersuchung/Koronangiographie

Es wird mit lokaler Betäubung entweder über die Unterarmarterie (Arteria radialis) oder die Leistenarterie (A.femoralis) die linke Herzkammer (Ventrikulographie) und die Herzkranzarterien (Koronarangiographie) mit einem Katheter (Durchmesser 1.7 mm) sondiert und mit Röntgenkontrastmittel dargestellt. Der Eingriff dauert ca. 15 Minuten und ist nahezu schmerzfrei.

Hochgradige Einengungen werden sofort erkannt und können in gleicher Sitzung erfolgreich mit Herzkathetertechniken behandelt werden. Verwandt werden dafür Ballonkatheter, Gefäßstützen aus Metall (Stents) und spezielle Instrumente wie Absaugkatheter für Blutgerinsel (Thrombektomie), Filtersysteme (Protektionssysteme) und Gefäßbohrer (Rotablation) zur Abtragung von Kalk (Rotablation)Instrumente.

Ballonkatheter (PTCA, percutaneous transluminal coronary angioplasty)

Nach Überwinden der Gefäßenge erfolgt mit einem ultradünnen Führungsdraht die Passage der Gefäßenge. Ein Polyvinyl-Ballonkatheter mit einem Durchmesser zwischen 1,0 und 5,0 mm wird über die Gefäßenge gebracht und mit einem Kochsalz-Kontrastmittelgemisch bis zu einem Druck zwischen 5 und 30 atm. Für 10 bis 60 sec. Gefüllt und entfaltet. Dabei kann es zu kurz andauernden Brustengegefühl (Angina pectoris) kommen, der nach Ablassen und Entfernen des Ballons aus der Herzkranzarterie abklingt. Nach der PTCA ist das Gefäß in über 90% der Patienten erfolgreich erweitert. Vorteil der Methode ist, dass kein Fremdmaterial in der Herzkranzarterie verbleibt, Nachteil ist die Wiederverengungsrate von 30-50% nach PTCA innerhalb der ersten 6 Monate nach dem Eingriff.

Die Nachbehandlung nach PTCA besteht in der lebenslangen Gabe von 100 mg Acetylsalicylsäure (ASS, Aspirin) pro Tag.

Medikamenten-freisetzender Ballon (Drug-eluting balloon, DEB)

Eine Besonderheit stellt der sogenannte medikamenten-freisetzende Ballon dar (Drug-eluting Balloon, DEB), er ist an der Oberfläche mit einer wachstumshemmenden Substanz (Paclitaxel) beschichtet, um eine Wiederverengung (Restenose) zu verhindern. Eingesetzt wir der DEB bei Patienten mit einem wiederverengten Koronarstent oder in sehr kleinen Herzkranzarterien, wo eine Stentimplantation unmöglich oder nicht sinnvoll ist.

Koronare Stentimplantation

Um die hohe Re-Stenoserate von 30 bis 50% nach alleiniger PTCA auf unter 10% zu senken, werden heute überwiegend nach erfolgreicher PTCA zusätzlich medikamentenfreisetzende Gefäßstützen aus Metall (Drug-eluting Stents, DES) implantiert. Am KOK werden nur 2.Generation DES mit exzellentem Sicherheitsprofil und ausreichend vorliegenden Studiendaten verwandt. Die Implantation der Stents erfolgt mittels eines Ballonkatheters, auf den der Metallstent aufmontiert ist. Voraussetzung für ein gutes Langzeitergebnis ist dabei die korrekte Implanatation des Stents (richtige Größe, Hochdruck-Implantation). Stents ohne Beschichtung (BMS) werden selten verwandt. Derzeit sind nahezu alle Gefäßengen mittels Stents technisch erfolgreich und sicher behandelbar, auch komplexe Engen wie Gefäßaufzweigungen (Bifurkatioen), Hauptstammstenose und chronische Gefäßverschlüsse.

Die Nachbehandlung nach DES-Implantation besteht in der lebenslangen Gabe von 100 mg Acetylsalicylsäure (ASS, Aspirin) pro Tag und zusätzlich 150 mg Clopidogrel für 6 Monate.

Resorbierbarer medikamentenfreisetzender Stent

(Biodegredable vascular scaffold BVS)

Nacht der DES-Implantation ist das lebenslange Verbleiben eines metallischen Fremdkörpers in den Herzkranzarterien, was zu Gerinselbildung, eingeschränkter Gefäßbewegung (Vasomotion) und zur Unmöglichkeit eines operativen Bypassanschlusses des mit Stent behandelten Gefäßes führt. Daher sind als langfristig stentfreie Konzepte (Stentless concepts) der medikamentenbeschichtete Ballon (DEB) und der medikamentenfreisetzende sich auflösende (Bioresorbale Vascular Scaffold, BVS) Stent eine Alternative zum DES. Die BVS bestehen entweder aus einem Milchsäure-Polymer, was sich nach 12-36 Monaten auflöst oder einer Magnesiumlegierung. Studienergebnisse zeigen, dass diese Stents bei ausgewählten Patienten genauso sicher sind wie DES. Hauptvorteile ergeben sich für junge Patienten mit umschriebenen Gefäßengen in großen, nicht-verkalkten Herzkranzarterien. Nachteile der Methode sind bisher fehlende Nachweis einer Überlegenheit gegenüber konventionellen DES in großen Patientenkollektiven. Die Nachbehandlung mit ASS und Clopidogrel über 6 Monate entspricht der nach DES-Implantation.

Ungeschützte Hauptstammstenose

Die Hauptstammstenose ist eine Einengung der größten Herzkranzarterie des Menschen. Sie versorgt meist mehr als 70 Prozent des Herzmuskels. Ein Verschluss des Gefäßes ist nicht mit dem Überleben des Patienten vereinbar, damit ist eine Behandlung der Hauptstammstenose dringend notwendig. Diagnostiziert wird die Hauptstammstenose mittels der Herzkatheteruntersuchung über die Leistenarterie beziehungsweise Unterarmarterie (Koronagiographie). Eine medikamentöse Therapie der Hauptstammstenose allein ist nicht ausreichend.

Alternativ steht heute neben der Bypassoperation am offenen Herzen die Behandlung mittels Herzkathetertechniken (PCI, Stent) zur Verfügung.

War früher die Behandlung der ungeschützten Hauptstammstenose eine Domäne der Bypassoperation, ist die koronare Stentimplantation eine gemeinsam von Herzchirurgen und Kardiologen in der europäischen sowie deutschen Leitlinie empfohlene sichere Therapie. Diese stellt für viele Patienten eine Therapie der Wahl oder eine Alternative zur Operation am offenen Herzen dar. Klare Kandidaten für eine Stentimplantation sind inoperable Patienten oder Patienten mit einem hohen Operationsrisiko (Akut-Patienten, sehr alte Patienten), ferner Patienten mit einer Hauptstammstenose ohne zahlreiche schwerwiegende Engen (Stenosen)  in anderen Kranzarterien. Klare Indikationen für eine Bypassoperation sind Patienten mit einer Hauptstammstenose und vielen hochgradigen Verengungen in anderen Kranzgefäßen. Die Entscheidung, welches Verfahren wir Ihnen empfehlen, erfolgt bei eindeutigen Fällen vor Ort und in komplexen Fällen in enger Absprache mit unserem Herzteampartner – der Sana Herzchirurgie.

Das Risiko einer Hauptstammbehandlung mit Stents ist vergleichbar mit  Stentimplantationen in anderen Herzkranzarterien. Allenfalls kann während der Stentimplantation leichter Brustschmerz (Angina pectoris) auftreten. Die Behandlung ist meist komplex und erfordert des Einsetzen mehrerer medikamenten-freisetzender Stents (Drug-eluting stents, DES). Das Herzkatheterteam am Karl-Olga-Krankenhaus hat mehrere hundert dieser Eingriffe erfolgreich durchgeführt. Der Krankenhausaufenthalt beträgt etwa zwei Tage. Wichtig in der Nachbehandlung ist die konsequente Einnahme der Medikamente.

Aspirin (ASS) 100 mg/Tag und 75 mg Clopidogrel/Tag (alternativ Ticagrelor oder Prasugrel) über zwölf Monate.

Haben Sie Fragen zu dieser Behandlung? Rufen Sie uns  gerne an, vereinbaren Sie einen Ambulanztermin oder schreiben Sie uns eine Email.