Seit sechs Jahren zertifizieren die Deutsche Krebsgesellschaft und die Deutsche Gesellschaft für Senologie interdisziplinäre Brustzentren. Bundesweit verfügt die Region Stuttgart über die höchste Dichte derartiger Versorgungszentren, die Patientinnen mit Brustkrebs eine hochwertige medizinische und psychologische Betreuung bieten. "Dies soll auch so bleiben", sagt Dr. Thomas Kuhn vom interdisziplinären Brustzentrum am Stuttgarter Karl-Olga-Krankenhaus (KOK) und warnt vor übertriebenen Anforderungen im Rahmen laufender Re-Zertifizierungen.
Brustkrebs gilt als die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Seine Diagnose verändert das Leben von fast 50.000 Frauen jährlich in Deutschland. Die Chancen, ein bösartiges Mammakarzinom zu überleben, sind in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Die Heilungschance liegt heute bei durchschnittlich 80 Prozent. Zwei Gründe sind dafür ausschlaggebend: Die meisten Patientinnen werden heute in zertifizierten Brustzentren auf höchstem medizinischen Niveau versorgt. Und mit den modernen Früherkennungstechniken wird der Krebs oft viel früher als in der Vergangenheit entdeckt. Im frühen Stadium ist der Tumor oft lokal begrenzt, es sind noch keine anderen Organe durch Tochtergeschwülste (Metastasen) befallen.
Seit Sommer 2003 bietet die Deutsche Krebsgesellschaft gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Senologie auf freiwilliger Basis spezialisierten Kliniken das Zertifzierungsverfahren, in dessen Verlauf ein Anforderungskatalog mit insgesamt 173 Punkten erfüllt werden muss. Er verlangt unter anderem den Nachweis über eine Mindestanzahl von Diagnosen und Behandlungen. Ein Operateur muss 50 Eingriffe im Jahr vorweisen. Zudem muss die Klinik ein funktionierendes Qualitätsmanagement-System haben. "Brustkrebspatientinnen haben vom Zertifizierungsprozess eindeutig profitiert", bilanziert Dr. Thomas Kuhn vom interdisziplinären Brustzentrum am Stuttgarter Karl-Olga-Krankenhaus, das seit April 2006 zertifiziert ist. "Die Frauen können darauf vertrauen, von erfahrenen Ärzten und nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen versorgt zu werden", so der Gynäkologe.
Allein in der Region Stuttgart wird jährlich bei rund 1.000 Frauen ein Mamma-karzinom neu diagnostiziert. Die Betroffenen können auf ein Versorgungsangebot mit zertifizierten Brustzentren zurückgreifen, dessen Dichte einmalig in Deutschland ist. "Um so unverständlicher ist, dass in Deutschland noch jährlich zahlreiche Mammakarzinome außerhalb von zertifizierten Brustzentren behandelt werden", kritisieren die leitenden Ärzte des Brustzentrums Dr. Thomas Kuhn und Dr. Frank Beldermann.
Derzeit laufen an vielen Brustzentren drei Jahre nach Ersterteilung die Re-Zertifizierungs-Audits. Die Anforderungen dafür sind zuletzt verschärft worden, was zu einem erhöhten Aufwand der Zentren etwa bei Leistungsnachweisen geführt hat. "Re-Zertifizierungen sind dadurch betriebswirtschaftlich eigentlich nicht mehr darstellbar", warnen die Fachärzte, deren Brustzentrum das Audit vor kurzem erfolgreich bestanden hat. Vor allem die umfassende Dokumentationspflicht sowie die Auflage, ständig Fortbildungen anzubieten, schraubten die laufenden Zertifizierungskosten auf bis zu 40.000 Euro im Jahr. "Vergütet werden diese aber nicht im Rahmen von Fallpauschalen", bemerkt Kuhn. Ohne Entgegenkommen der Kostenträger würde an Zentren bereits über Konsequenzen nachgedacht, was langfristig das hohe Versorgungsniveau gefährden könnte. "Manche Kollegen überlegen, die Zertifizierung wieder zurückzugeben", so Kuhn.
Trotz der erheblichen finanziellen Aufwendungen wird das interdisziplinäre Brustzentrum am Karl-Olga-Krankenhaus betroffenen Frauen weiterhin eine ganzheitliche Versorgung bieten. "Von der Verdachtsdiagnose bis zur operativen oder chemotherapeutischen Therapie betreuen Fachärzte die Patientin", beschreibt Kuhn die modellhafte Versorgungsstruktur am Karl-Olga-Krankenhaus, die über die strengen Zertifizierungsanforderungen hinausgeht. Mittlerweile wird das Stuttgarter Facharztmodell an anderen Brustzentren in Deutschland kopiert. "Brustkrebs ist nicht nur eine medizinische Fragestellung", verweist Kuhn auf die psychische Belastung der Erkrankten. Bislang bietet das Brustzentrum am Karl-Olga-Krankenhaus auch eine psychoonkologische Betreuung. "Fit im Leben" heißt ein weiteres Kursangebot, das Sport und Meditation im geschützten Raum beinhaltet. Im Herbst soll erstmals in Stuttgart ein Betreuungsprojekt für Kinder krebskranker Eltern am Brustzentrum am Karl-Olga-Krankenhaus starten.
Zudem verunsichere eine zuletzt aufgeflammte Diskussion über das Mammo-grafie-Screenings, der röntgenologischen Reihenuntersuchungen der Brust, die Patientinnen. "Wir entdecken dabei bösartige Karzinome schon mit einem Durchmesser von drei bis vier Millimetern. Diese Größe oder gar Karzinome im Vorstufen-Stadium lassen sich bei konventionellen Untersuchungen selbst durch einen erfahrenen Arzt nicht ertasten", so Kuhn. In diesem Frühstadium bestehen noch sehr gute Heilungschancen, erläutert er. Der Einwand, das Screening erhöhe die Strahlenbelastung der weiblichen Bevölkerung unzumutbar, ist für den Facharzt angesichts des möglichen Therapienutzens nicht gerechtfertigt. "Wer mehrmals im Jahr Fernflüge macht, ist mit höheren Strahlendosen belastet", so Kuhn. Das stärkste Argument für ein flächendeckendes Mammografie-Screening liefern für den Spezialisten die skandinavischen Staaten, wo Reihenuntersuchungen schon seit Jahren praktiziert werden. "Dort ist durch die Früherkennung das Mortalitätsrisiko bei Brustkrebs um bis zu 30 Prozent gesunken", so Beldermann.
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