Herzschwäche (Foto: Robystarm | Pixabay)

Interview mit Dr. med. Torsten Schwalm

Das schwache Herz

Symptome, Ursachen, Diagnostik, Therapie

Unser Herz schlägt rund drei Milliarden Mal im Laufe des Lebens und pumpt dabei etwa 250 Millionen Liter Blut durch den Körper – eine unglaubliche Leistung, mit der kein anderer Motor mithalten kann. Unser wichtigster Muskel will aber gut gepflegt werden, sonst gibt es Probleme. Wir sprachen mit Dr. med. Torsten Schwalm, Chefarzt und Herzspezialist der Medizinischen Klinik am Sana-Krankenhaus Hürth über „Das schwache Herz“, Thema im Herzmonat November.

Wie verbreitet ist eigentlich Herzschwäche?

Dr. Schwalm: Die chronische Herzschwäche (Herzinsuffizienz) ist ein Zustand, bei der die Pumpfunktion des Herzens vermindert ist. Derzeit leiden in Deutschland etwa drei bis vier Millionen Menschen an einer Herzinsuffizienz. Ca. 40.000 Menschen sterben jährlich daran. Die Prognose kann durch Beseitigung der Ursachen (z. B. Behandlung des Bluthochdrucks) und durch Behandlungsmaßnahmen wesentlich verbessert werden.

Woran erkennt der Laie eine Herzschwäche?

Dr. Schwalm: Sie beginnt meist schleichend mit Atemnot und Leistungsabbau und zeigt sich z. B. durch Schwellungen an den Fußgelenken und am Fußrücken. Sehr häufig werden diese Beschwerden nicht ernst genommen. Aber: Eine akute Herzschwäche ist immer eine lebensbedrohliche Situation. Dann muss sofort der Notruf 112 gewählt werden.

Was sind mögliche Ursachen der Herzschwäche?

Dr. Schwalm: Die Ursachen sind vielfältig: Wie schon erwähnt hoher Blutdruck, auch Übergewicht und Diabetes gehören dazu. Und die koronare Herzkrankheit. Treten diese Ursachen zusammen auf, steigt das Risiko einer Herzschwäche und ihrer Komplikationen stark an. Weitere Ursachen sind defekte Herzklappen, angeborene Herzfehler, entzündliche Herzerkrankungen und auch Alkohol- und Drogenmissbrauch.

Wie wirkt z. B. hoher Blutdruck auf das Herz?

Dr. Schwalm: Eine chronische Druckbelastung des Herzens, wie sie bei einem erhöhten Blutdruck vorliegt, führt zu einer Zunahme der Herzmuskeldicke (med. Herzmuskelhypertrophie). Das Herz wird dadurch schwerer und größer. Das ist gefährlich, denn je größer das Herz durch den Bluthochdruck wird, desto schwächer wird es auch.

Wie erkennt der Arzt, ob eine Herzschwäche vorliegt?

Dr. Schwalm: Wer unter Atemnot leidet, sollte den Hausarzt aufsuchen, um zu klären, ob eine Herzkrankheit die Ursache dafür ist. Wenn der geringste Verdacht auf eine Herzschwäche besteht, sollte unbedingt ein Kardiologe zu Rate gezogen werden, damit die Herzschwäche sicher diagnostiziert und behandelt werden kann.

Welche Untersuchungen werden gemacht?

Dr. Schwalm: Eine gute Beurteilung der Herzfunktion ermöglichen die Ultraschalluntersuchung und das EKG. Ziel der modernen Therapie der Herzschwäche ist es, in die Mechanismen einzugreifen, die zum Fortschreiten der Erkrankung beitragen, um die Verschlechterung der Krankheit aufzuhalten oder sie zumindest zu verlangsamen. Die Chancen dafür sind umso besser, je früher die Herzschwäche erkannt wird. Patienten muss klar sein, dass die chronische Herzschwäche unbehandelt immer weiter fortschreitet.

Wie sieht das Therapiekonzept aus?

Dr. Schwalm: Die Therapie ist darauf ausgerichtet, die Beschwerden so zu lindern, dass ein normales Leben möglich bleibt. Dazu gibt es verschiedene Vorgehensweisen, die - je nach Diagnose und Schwere der Erkrankung – individuell angewendet werden:

  • Behandlung der Ursachen
  • Medikamente
  • Bewegung als Therapie
  • Spezifische Schrittmacher
  • Defibrillator als Schutz vor lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen

Kann Herzschwäche plötzlich auftreten?

Dr. Schwalm: Dann kommt es oft zu bedrohlicher, rasch voranschreitender Luftnot und Schwäche. Sie kann auch auftreten, wenn eine Herzkrankheit nicht bekannt ist, z.B. durch einen Herzinfarkt, durch eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis) oder durch herzschädigende Medikamente, z. B. eine Chemotherapie bei Krebserkrankung.

Muss ich mit einer Herzschwäche ins Krankenhaus?

Dr. Schwalm: Nicht unbedingt. Wenn Patient und Arzt aufmerksam den Verlauf der Herzschwäche verfolgen, lassen sich Krankenhausaufenthalte oft vermeiden, z. B. durch die tägliche Aufzeichnung des Gewichts. Wenn das um mehr als zwei Kilogramm in drei Tagen steigt, ist das ein Warnsignal dafür, dass die Herzschwäche sich verschlechtert. Dann sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden.

Am Sana-Krankenhaus Hürth verfügen Ärzte und Pflegekräfte der Abteilung für Innere Medizin über besondere Erfahrung und medizinische Expertise in Diagnostik und Therapie von Herz-Kreislauferkrankungen (Kardiologie).Die Schwerpunkte unserer Arbeit liegen vor allem in der Therapie der koronaren Herzkrankheit, von Herzrhythmusstörungen, Herzschwäche und Herzklappenfehlern. Zudem sind wir als Chest Pain Unit zur Behandlung bei akuten Brustschmerzen zertifiziert.

Was kann der Patient selbst tun?

Dr. Schwalm: Auch die beste Therapie ist nur erfolgreich, wenn der Patient sie aktiv unterstützt. Dazu gehören: Ein gesunder Lebensstil mit Bewegung, gesunde Ernährung, Verzicht auf Rauchen und wenig Alkohol. Allen Patienten mit Herzschwäche, die eine Tendenz zur Wassereinlagerung haben, raten wir Kardiologen, sich täglich zu wiegen, um Veränderungen der Herzschwäche, die zur Verschlechterung der Krankheit und zu Krankenhausaufenthalten führen können, rechtzeitig zu bemerken.

Denn Herzschwäche entwickelt sich in etwa 70 Prozent der Fälle aus koronarer Herzkrankheit und hohem Blutdruck. Beide entstehen aus den bekannten Risikofaktoren - Rauchen, falscher Ernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel. Eine Änderung des Lebensstils kann nur der Patient in Angriff nehmen.

Dann gehört Bewegung zur besten Vorbeugung?  

Dr. Schwalm: Untersuchungen zum regelmäßigen Ausdauertraining haben gezeigt: Die Leistungsfähigkeit lässt sich um zehn bis 25 Prozent steigern – je nach Intensität und Dauer des Trainingsprogramms. Bei Herzschwäche empfehlen wir Aktivitäten mit viel Bewegung und geringem Kraftaufwand: Spazierengehen, Wandern, Nordic Walking und Radfahren. Vor Aufnahme des körperlichen Trainings muss der Kardiologe mit Ergometrie oder Spiroergometrie prüfen, wie gut die individuelle körperliche Belastbarkeit ist und wie hoch sich der Patient optimal belasten sollte.