Sana Blaubuch
36 2 0 11 r a i n e r n e u b a r t integriert, das neben den kurativen Maßnahmen immer auch Rehabilitation, Prävention und So- zialmedizin umfasst. Im nächsten Schritt legt das Therapeutenteam individuelle Ziele für die Patienten fest, im Fall eines Oberschenkelhals- bruchs etwa das freie Gehen über eine längere Strecke mit Krücken. Dazu ist neben der Hilfe des Physiotherapeuten, der mit dem Patienten Kraft und Geschicklichkeit trainiert, auch die des Ergotherapeuten nötig, mit dem er Alltagsaktivitäten wie Körperpflege oder Essenszubereitung übt. Auch der Psychologe ist gefragt, denn oft bricht mit dem Sturz nicht nur der Knochen, sondern auch das Zutrauen des Patienten in die eigene Mobilität. Die Sozialarbeiter wiederum helfen bei der Organisation des nachklinischen Alltags, etwa bei der Beschaffung von behindertengerechten Wohnungseinrichtungen. Besonders wichtig ist die Arbeit der Pflegekräfte, denn sie verbringen die meiste Zeit mit den Patienten und motivieren sie schon beimAufstehen und Ankleiden, selbst aktiv zu werden. Das Ideal des autonomen Patienten «Bed is bad » heißt es in der modernen Geria- trie. Der Tagesablauf der Lichtenberger Geria triepatienten orientiert sich am häuslichen Alltag, «Unser Ziel ist, dem Patienten trotz seiner chronischen Krankheit oder Behinderung ein größtmögliches Maß an Autonomie und Lebensqualität mitzugeben. » Dr. Rainer Neubart Chefarzt der Geriatrie Sana Klinikum Lichtenberg Und am Horizont ... Jünger als alt fig.: Die neuen Alten halten sich fit und profitieren vom medizinischen Fortschritt—zum Beispiel bei der Behandlung von Bluthochdruck. Die Auswirkungen der gestiegenen Lebens- erwartung auf das Ge- sundheitssystem werden kontrovers diskutiert. Ist damit zu rechnen, dass die Ausgaben für Gesundheits- und Pfle- geleistungen signifikant steigen, weil viele Ältere ihre gewonnenen Jahre in schlechter Gesund- heit verbringen? Oder werden die künftigen Älteren immer länger gesund bleiben und nur am Lebensende eine kurze Krankheitsphase durchlaufen? Vieles spricht dafür, dass diese sogenannte Kompres- sion der Morbidität die wahrscheinlichere Entwicklung ist. Die heute 70-Jährigen sind in ihrem Gesund- heits- und Allgemein- zustand vergleichbar mit den vor 30 Jahren lebenden 65-Jährigen, sie haben also fünf vitale Altersjahre gewonnen. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen. Die Gründe: bessere Gesundheit, höheres Bildungsniveau und finanzieller Wohl- stand. Wer sich überdies in frühem Lebensalter körperlich und geistig fit hält, verringert das Risiko, im Alter krank zu werden. Und auch die Älteren können ihre physische und psychi- sche Leistungsfähigkeit mit Verhaltens- und Trainingsmaßnahmen stärken. Selbst jenseits des 70. Lebensjahres ist es möglich, durch regelmäßigen Sport und Bewegung die Muskelkraft um 50 Prozent zu steigern. Mit gezielten Strategien der Gesundheitsförde- rung und der Rehabili- tation könnte überdies die befürchtete Kosten- explosion im Gesund- heits- und Pflegesystem entschärft werden.
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