Sana Blaubuch
v o l k e r s t e p h a n 2 0 11 33 Schlaflos im Kinderbett Wieder durchschlafen Wenige Wochen nach Linas Geburt fällt Yvonne Sankowsky auf, dass ihre Tochter im Schlaf stark schnarcht und oft nach Luft schnappt. Die gelernte Kinderkrankenschwes- ter weiß, dass kurze Atemaussetzer bei Säuglingen nicht unge- wöhnlich sind. Aber Linas Atempro bleme beunruhigen sie: «Oft dauerten die Aussetzer mehr als 15 Sekunden. Das ist nicht normal. » Als sich die Atemnot durch eine Er- kältung verschlimmert, bringt die Mutter ihr Kind ins Krankenhaus. Dort rät man ihr zu einer Untersuchung im Schlaflabor der Lich- tenberger Pädiatrie. Die nächtlichen Messungen von Linas Körperfunktionen ergeben eine klare Diagnose: Das Baby leidet an einer obst- ruktiven Schlafapnoe. Ursache dieser schweren Atemstörung ist ein zu kleiner Unter- kiefer. Dadurch fällt die Zunge beim Schlafen zurück und blockiert den Rachen. Deshalb kommt Lina in bedroh liche Situationen. Inzwischen trägt Lina nachts eine sogenann- te Zungenpelotte, mit der die Zunge nach vorn gedrückt und gleichzei- tig das Kieferwachstum angeregt wird. Auch Yvonne Sankowsky kann nun wieder ruhiger schlafen: «Die Kleine schnarcht weniger, und wir hoffen, dass sich die Störung bald ausge- wachsen hat.» Das hat die erste bundesweite Studie zur Gesund- heit von Kindern und Jugendlichen des Robert- Koch-Instituts festgestellt. 85 Prozent erfreuen sich guter oder sehr guter Gesundheit, nur 0,6 Prozent bezeichnen ihren Gesundheitszustand als schlecht. Aber es gibt auch weniger positive Ergebnisse. Immer mehr Kinder und Jugendliche leiden unter chronischen Erkrankungen wieAllergien, Asthma oder Neurodermitis. Und 15 Prozent aller Jungen und Mädchen zeigen psychische sowie Verhaltensauffälligkeiten wie Hyperaktivität oder gesteigerte Aggressivität, zehn Prozent leiden unter Ängsten und fünf Prozent unter Depressionen. Etwa 1,9 Millionen der Drei- bis 17-Jährigen sind übergewichtig. Offenbar hat sich die gesundheitliche Situati- on von Kindern in den letzten Jahrzehnten ge- wandelt. Typische Kinderkrankheiten wie Masern, Mumps oder Keuchhusten sind deutlich zurück- gegangen. Stattdessen hat sich das Spektrum von akuten zu chronischen Erkrankungen und von somatischen zu psychischen Auffälligkeiten ver- schoben. Wissenschaftler sprechen in diesem Zusammenhang von «Neuer Morbidität ». Die Ursachen: zu wenig Bewegung, zu viel Medien- konsum, ungesundes Essen, steigender Leistungs- druck in den Familien und mitunter auch Überbe- hütung. D i e n e u e n K i n d e r k r a n k h e i t e n Mumps und Masern ade Zuerst die gute Nachricht: Die meisten Kinder in Deutschland sind gesund. fig.: Der Wunsch aller Eltern: Das Baby schläft tief und fest. Das Schlaflabor hilft dann, wenn gesundheitliche Schwächen den Schlaf rauben. Mumps Masern 1941: 894. 000 * 2002: 6. 000 * Adipositas Asthma 1968: 152. 200 * 1997: 612 * 1990: 200.000 * 2010: 750. 000 * 2002: 1,1 Mio. ** 2010 1,8 Mio. ** Die neuen Kinderkrankheiten * Fälle in Deutschland ** Betroffene Kinder und Jugendliche in Deutschland
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