Sana Blaubuch

30 2 0 11 v o l k e r S t e p h a n G e s u n d e s L e b e n l e r n e n Schwer beladen Die neuen Kinderkrankheiten sind nicht ansteckend, trotzdem verbreiten sie sich rasch: Übergewicht, Verhaltensstörungen, Allergien. Eine Berliner Klinik verhilft Betroffenen zu besserem Gesundheitswissen. Früher waren Kinder aus armen Familien oft unter- gewichtig. Heute hat sich das Blatt gewendet: 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind über- gewichtig, sechs Prozent leiden an chronischer Adipositas und mehrheitlich leben sie in benach- teiligten Verhältnissen. Diese Kinder sind nicht nur körperlich und seelisch beeinträchtigt, viele haben auch Begleiterkrankungen wie Bluthoch- druck oder Diabetes. Mit der Bewältigung dieser Erkrankungen sind Familien oft überfordert. Hilfe finden sie bei «Mops fidel », einem The- rapieprogramm des Sozialpädiatrischen Zentrums am Klinikum Lichtenberg. Unter Anleitung von Ärzten, Psychologen, Ernährungsberatern, Bewe­ gungstherapeuten und Sozialpädagogen lernen jährlich etwa 400 Familien, die Ursachen und Fol- gen von Übergewicht zu verstehen und ihr Ver- halten zu verändern: bei der Ernährungsschulung, dem gemeinsamen Kochen und Einkaufen und dem Bewegungstraining in Kleingruppen. Dazu gehört auch ein Intensivtraining für die betroffenen Kinder und Jugendlichen, das ihre soziale Kom- petenz und ihr Selbstvertrauen stärkt und ihnen hilft, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Erfolgreich ist die Therapie aber nur, wenn die Eltern engagiert und motiviert mitmachen. Zusammen mehr erreichen «Wir beobachten in der Kinderheilkunde eine zu- nehmende Unsicherheit und Überforderung der Eltern im Umgang mit ihren Kindern—sowohl in Erziehungs- als auch in Gesundheitsfragen. Deshalb ist die Familienberatung bei uns ein großes Thema geworden », sagt Prof. Dr. Vol- ker Stephan, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin. Dem generellen Trend folgend, Schon von Hippokrates sind fast 200 kinderheil- kundliche Bemerkungen überliefert, etwa exakte Angaben zu Fieber- krämpfen, Epilepsie oder Mumps. Als Vater der Kinderheil- kunde gilt Soranus von Ephesus (98–117), der ausführlich über Hygie- ne der Neugeborenen, Säuglingsernährung und Säuglingskrankhei- ten schreibt. Im 17. Jahrhundert werden Kinderkrank- heiten wie Diphtherie, Scharlach, Röteln und Windpocken als eigenständige Krank- heitsbilder voneinander abgegrenzt. Ende des 18. Jahr- hunderts legt Edward Jenner mit der Pocken- impfung den Grundstein für eine vorbeugende Medizin. Trotzdem liegt die Sterblichkeit von Kindern unter zwei Jahren noch bei 40 Prozent. Erst mit Beginn des 19. Jahrhunderts erkennt die Medizin, dass Kinder keine kleinen Erwachsenen sind, und richtet zunehmend eigene Kinderstationen ein. Das erste Kinder- krankenhaus entsteht 1802 in Paris. Geschichte der Pädiatrie Kinder. Heil. Kunde. fig.: Edward Jenner, der Erfinder der Pockenschutzimpfung

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