Hof

Tierexperimentelle Forschungsergebnisse der Hofer Urologie und der Firma UroTiss finden erfolgreich Eingang in die Behandlung beim Menschen

Harnröhre aus dem Labor

Engstellen in der Harnröhre sind für die Betroffenen oft sehr belastend. Die übliche Behandlung besteht meist in einer regelmäßigen, bis zu täglichen, Aufdehnung – ein oft schmerzhaftes Prozedere – oder sich ständig wiederholenden Schlitzungen der Harnröhre in Narkose. Als Zentrum für Harnröhrenchirurgie bietet das Sana Klinikum Hof bereits seit mehreren Jahren eine Harnröhrenersatz-Therapie mittels Mundschleimhaut an. Doch auch die Entnahme von Mundschleimhaut in der erforderlichen Größe – ein Streifen von etwa 1 Zentimeter Breite und bis zu 20 Zentimetern Länge – führt zu Beeinträchtigungen des Patienten. Deshalb suchen die Urologen des Klinikums unter Leitung von Chefarzt Dr. Hansjörg Keller seit 2009 gemeinsam mit der UroTiss GmbH nach einer Alternative.

Nun scheint diese gefunden: In Untersuchungen am Schwein konnte das Forscherteam erstmals zeigen, dass Harnröhrengewebe im Labor gezüchtet und erfolgreich als Ersatz zerstörter Harnröhren eingesetzt werden kann. Beim Schwein wurde in Narkose ein etwa 0,5 mal 1 Zentimeter großes Stück Mundschleimhaut entnommen. Dieses wurde am Bioinnovationszentrum in Dresden zu einem Transplantat gezüchtet, das zum Ersatz ausgedehnter Harnröhrendefekte eingesetzt wurde. Ein solches Vorgehen nennt man Tissue Engineering – englisch für Gewebekonstruktion beziehungsweise -züchtung. Das steht für eine künstliche Herstellung biologischer Gewebe durch die gerichtete Kultivierung von Zellen, um damit kranke Gewebe bei einem Patienten zu ersetzen oder zu regenerieren. Hierfür werden üblicherweise Zellen dem Spender entnommen und im Labor vermehrt. Im vorliegenden Fall überlebte das Transplantat und wuchs ein. Diese Ergebnisse wurden im Jahr 2009 erstmals auf Kongressen präsentiert. Es folgten die erforderlichen Prüfungen und Genehmigungen durch die Behörden, bevor nun die ersten Patienten mit dem neuen Verfahren behandelt werden konnten.

Vor kurzem verließen die ersten beiden Patienten, die am Zentrum für Harnröhrenchirurgie der Urologie des Sana Klinikums Hof erfolgreich operiert wurden, hochzufrieden die Klinik. Bei ihnen wurde jeweils ein 0,5 mal 0,5 Zentimeter großer Mundschleimhautstreifen entnommen, mittels Tissue Engineering expandiert und auf die gewünschte Größe gezüchtet. 3 Wochen später konnten dann die sechs beziehungsweise sieben Zentimeter langen Harnröhrendefekte der Patienten korrigiert werden. Das Transplantat wurde in die über einen kleinen Schnitt eröffnete Harnröhre eingebracht und mikrochirurgisch eingenäht. Nach drei Wochen war das Transplantat komplett eingeheilt, die Patienten konnten problemlos und ohne Beschwerden Wasser lassen.

Ob das neue Verfahren für die betroffenen Patienten, in Deutschland könnten bis zu 2000 Patienten pro Jahr profitieren, zu dauerhaften und langfristigen Erfolgen führen wird, müssen jetzt multizentrische Studien ergeben. Die Ergebnisse der ersten 18 operierten Patienten sind jedenfalls sehr ermutigend.

Zum Hintergrund:
Die Urologie des Sana Klinikums Hof ist eines der größten Zentren für Harnröhrenchirurgie in Europa und führt pro Jahr nahezu 200 Harnröhrenoperationen durch. Hierher kommen Patienten aus ganz Deutschland und dem europäischen Ausland. Bisher mussten langstreckige, ausgedehnte Harnröhrenengen entweder kontinuierlich, häufig täglich aufgedehnt werden, was für den  Patienten schmerzhaft und mit Komplikationen wie Infektionen, Blutungen etc. verbunden ist; oder die Betroffenen mussten wiederholte Harnröhrenschlitzungen in Narkose erhalten, häufig mehrfach pro Jahr.

Alternativ konnten sich die Patienten in einem der wenigen spezialisierten Zentren für Harnröhrenchirurgie mittels Mundschleimhaut einer Harnröhrenersatztherapie unterziehen. Dabei mussten nicht selten bis zu 20 Zentimeter lange und etwa einen Zentimeter breite Streifen aus dem Mund entnommen werden, was mit einer nicht unerheblichen Belastung für den Patienten einherging.

Damit könnte jetzt Schluss sein, wenn die von den Hofer Urologen in Zusammenhang mit der Firma UroTiss entwickelte Methode auch im Langzeitverlauf gute Ergebnisse erbringt. Eine abschließende Beurteilung wird allerdings erst in ein bis zwei Jahren möglich sein, nachdem mindestens 100 Patienten behandelt und ausreichend lange nachbeobachtet wurden. Die Operation der nächsten beiden Patienten ist bereits geplant.


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