Leicht verständliche Entlassbriefe wirken positiv auf die Gesundheitskompetenz von Patienten. Das zeigen erste Studienergebnisse, die die Wirksamkeit des vom Dresdner Sozialunternehmen „Was hab‘ ich?" entwickelten Patientenbriefs untersuchen. Die Patientenbriefe werden seit Juni 2019 mittels der Patientenbrief-Software für die Patienten der Herzzentrum Dresden GmbH Universitätsklinik erstellt. Sie sind laienverständlich formuliert und eine Ergänzung zum üblichen Entlassbrief, der sich an den weiterbehandelnden Arzt richtet. Die Evaluation übernimmt der Bereich Allgemeinmedizin der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden.
Die finalen Ergebnisse werden nach Abschluss der Evaluation vorgestellt. Schon jetzt zeigt die vorläufige Auswertung aber, dass sich das Projekt für alle Beteiligten gelohnt hat. Denn der Patientenbrief hat eine nachweisbare Verbesserung bei verschiedenen Aspekten der Gesundheitskompetenz der Patienten bewirkt. Unter Gesundheitskompetenz wird das Wissen, die Motivation und die Kompetenz, gesundheitsrelevante Informationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden, verstanden. Dazu gehört auch die Frage, inwiefern das Gesundheitssystem die Individuen dazu in die Lage versetzt.
Signifikant verbessert hat sich bei Patienten mit Patientenbrief beispielsweise das Verständnis und die Nutzung von Informationen zu ihrer Erkrankung bzw. Gesundheit. So verstehen Patienten mit Patientenbrief besser, was der Arzt ihnen sagt. Ihnen fällt es leichter, aufgrund von Informationen aus den Medien zu entscheiden, wie sie sich vor Krankheiten schützen können. Diese Patienten wissen zudem besser, welche Untersuchungen bei ihnen durchgeführt wurden.
„Anhand dieses Briefes ist es mir möglich, mich besser mit den Ursachen, die zur Krankheit führten, auseinanderzusetzen." So beschreibt eine Teilnehmerin (66 Jahre) der Studie ihre Erfahrung mit dem Patientenbrief. Aufgrund der vielen positiven Rückmeldungen der Patienten hat sich das Herzzentrum Dresden dazu entschlossen, die Patientenbriefe auf jeden Fall bis Ende des Jahres weiter anzubieten.
Auch Prof. Dr. med. Axel Linke, ärztlicher Direktor des Herzzentrums, beobachtet Veränderungen im Klinikalltag durch den Patientenbrief:
„Wir freuen uns sehr, dass die Patientenbriefe so gut angenommen werden und unsere Patienten so davon profitieren. Das macht sich vor allem im Rahmen von Kontrolluntersuchungen und Verlaufskontrollen bemerkbar. Die Patienten, die an dem Projekt teilnahmen, sind wesentlich besser zum eigenen Krankheitsbild informiert und auch insgesamt interessierter an der eigenen Gesundheit. Sie demonstrieren beispielsweise ein größeres Verständnis hinsichtlich notwendiger Änderungen den eigenen Lebensstil, wie beispielsweise Ernährung, körperliche Aktivität, etc. betreffend, da sie besser über die Zusammenhänge Bescheid wissen. Sie haben sich insgesamt intensiver mit ihrer medizinischen Situation auseinandergesetzt und sind infolgedessen besser vorbereitet, wenn sie mit ihrem behandelnden Arzt die weitere Behandlung und Therapie besprechen. Insgesamt lässt sich sagen, dass die laienverständlichen Patientenbriefe dazu beitragen, die Arzt-Patienten-Kommunikation für beide Seiten deutlich zu verbessern."
Hintergrund Patientenbriefe
Die Patientenbriefe werden mittels einer Software auf Basis strukturierter Entlass-Daten erzeugt. Sie werden in der Klinik automatisch gedruckt und enthalten leicht verständliche Informationen zu den individuellen Diagnosen, Untersuchungen und Behandlungen des Patienten im Rahmen des Krankenhausaufenthalts. Sie werden zusätzlich zum Arztgespräch und dem Entlassbrief ausgestellt.
Für das durch den Innovationsfonds der Bundesregierung geförderte Projekt wurden insgesamt 716 Patienten des Herzzentrums mittels Fragebögen befragt, davon erhielt etwa die Hälfte (Kontrollgruppe) nur den regulären Entlassbrief, der Interventionsgruppe wurde zusätzlich ein individueller Patientenbrief ausgehändigt. In der Interventionsgruppe wurden außerdem mit einigen Patienten Leitfadeninterviews geführt. Bis zum 30. Juni 2020 wurden Patienten in die Studie eingeschlossen – seitdem werden keine Fragebögen mehr versendet, die Untersuchung wird gerade durch den Forschungspartner der TU Dresden evaluiert.
Die Wirksamkeit von Patientenbriefen hat „Was hab‘ ich?" bereits im vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Forschungsprojekt „Mehr Gesundheitskompetenz durch Patientenbriefe" nachgewiesen. Von 2015 bis 2018 wurden über 2.500 Patientenbriefe an Patienten einer Klinik in Rheinland-Pfalz versendet. Die Ergebnisse zeigen, dass Patienten durch den Patientenbrief ihre Diagnosen, Untersuchungen und Medikationspläne besser verstehen und dadurch Sicherheit im Umgang mit ihren Erkrankungen und der Behandlung gewinnen. Im Juni 2019 hatte „Was hab‘ ich?" mit dem Patientenbrief den Berliner Gesundheitspreis gewonnen, die Laudatio hielt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.
Der zugehörige Ergebnisbericht ist abrufbar unter https://patientenbriefe.de.