Es ist hinlänglich bekannt, dass Ausdauersport hilft Herzerkrankungen vorzubeugen. Doch Vorsicht: Wer frei nach dem Motto „Viel hilft viel“ handelt, der läuft Gefahr, sich zu überschätzen und den gegenteiligen Effekt zu erzielen. Im günstigsten Fall bedeutet das dann Seitenstechen, im schlimmsten Fall einen Kreislaufkollaps oder gar einen Herzinfarkt. „Als Einstieg in die Welt des Ausdauersports ist vor allem das Wandern geeignet, denn es ist eine gute und schonende Möglichkeit, einen aktiven Lebensstil zu führen“, sagt Prof. Dr. med. Axel Linke, Ärztlicher Direktor des Herzzentrums Dresden und Direktor der Klinik für Innere Medizin und Kardiologie des Herzzentrums Dresden, Universitätsklinik an der Technischen Universität Dresden.
Wandern empfiehlt sich für diejenigen, die nicht den Prinzipien von „höher, schneller, weiter“ folgen wollen. Weder Maßband noch Stoppuhr sind nötig. Gutes Schuhwerk, dem Wetter angepasste Kleidung und Kartenmaterial – analog oder digital – reichen bereits aus, um mitten in der Natur etwas für die eigene Fitness zu tun.
„Zwar werden beim Wandern nur relativ geringe Belastungsintensitäten erreicht, dennoch kommt es durch die regelmäßige körperliche Aktivität zu günstigen Effekten für das Herz-Kreislauf-System“, weiß Prof. Dr. med. Linke. Gemeint sind beispielsweise positive Auswirkungen auf die Blutgefäßinnenwand, eine vermehrte Bildung von zusätzlichen Blutgefäßen sowie eine Stärkung der körpereigenen Abwehrkräfte. Für Ausdauersportler bietet das Wandern somit eine sinnvolle Ergänzung zum festen Trainingspensum und für Herzpatienten die Möglichkeit, ihre körperliche Aktivität auf einfache und zudem sehr angenehme Weise erhöhen zu können.
Vorsicht im Hochgebirge
Patienten, deren koronare Herzkrankheit bereits behandelt ist, und deren Gesundheitszustand sich zwischenzeitlich als stabil erwiesen hat, können im Flachland normalerweise ohne besondere Risiken zum Wandern gehen und unter Umständen sogar Ausflüge ins Mittelgebirge bis auf eine Höhe von 1.500 Metern planen. „Die Intensität im Flachland oder Mittelgebirge ist in der Regel so gering, dass keine Überlastungsgefahr für das Herz besteht", sagt Prof. Dr. med. Linke. Vor unabgestimmten Wanderungen im Hochgebirge warnt der Experte jedoch: „Klettern oder gar Bergsteigen sind kontraproduktiv, da die Belastungsgrenze in der dünneren Luft schnell überschritten ist. Vor allem dann, wenn steilere Berge auf dem Programm stehen und das Herz wegen des niedrigeren Sauerstoffgehaltes eine höhere Pumpleistung erbringen muss.“
Größere Touren unbedingt mit dem Arzt absprechen
Generell empfiehlt der Mediziner jedoch allen Patienten mit koronaren Herzkrankheiten, bevor sie beginnen sich wieder sportlich zu betätigen, einen Arzt zu konsultieren. Für eine genauere Einschätzung des individuellen Fitnesszustands kann beispielsweise ein Belastungs-EKG zum Einsatz kommen, das oft wertvolle Informationen bezüglich des Herzmuskels liefert. Damit man sein Herz nicht überlastet, rät der Mediziner zudem: „Solange man sich beim Wandern ohne Atemnot unterhalten kann, ist alles gut.“
Wer den Check-Up beim Arzt besteht, und trotz seiner Vorerkrankung für gebirgstauglich erklärt wird, dem gibt Prof. Dr. med. Linke noch folgenden Tipp an die Hand: „Für Herzpatienten, die zum Wandern in die Berge gehen, ist vor Ort eine Eingewöhnungszeit von ein bis zwei Tagen zu empfehlen. Währenddessen kann man sich mit kurzen und einfachen Wanderungen an das Klima und die Höhe gewöhnen, während längere Etappen erst in den darauffolgenden Tagen auf dem Programm stehen sollten.“