„Meine Blase macht manchmal einfach was sie will.“ „Ich habe eine schwache Blase.“ Für Blasenprobleme gibt es viele Umschreibungen. Aber konkret darüber sprechen möchte eigentlich keiner. Dabei ist der erste Schritt, offen mit dem Problem umzugehen. Denn sehr häufig ist Inkontinenz heilbar.
Voraussetzung für eine erfolgreiche Erkennung und Therapie ist im ersten Schritt das offene und vertrauensvolle Gespräch mit einem spezialisierten Arzt, bestmöglich in einem zertifizierten Beckenboden-Kontinenzzentrum. In diesem Beitrag erfahren Sie, was Patientinnen beim Besuch eines solchen Zentrums erwartet und welche konventionellen Therapiemöglichkeiten es gibt.
Arzt-Patienten-Gespräch
In einem gemeinsamen Arzt-Patienten-Gespräch machen sich die Experten ein Bild von den Beschwerden der Patientin und besprechen mit ihr, welche Untersuchungen notwendig sind. Hilfreich hierbei sind Unterlagen von ihrer allgemeinen Krankheitsgeschichte wie beispielsweise Operationen, Allergien, die Einnahme bestimmter Medikamente oder andere wichtige Befundberichte. Eine große Hilfe ist es zudem, wenn die Betroffene bereits vor ihrem ersten Besuch ein dreitägiges Protokoll über ihr Trink- und Toilettenverhalten geführt hat.
Untersuchungen
Zunächst wird eine Urinuntersuchung auf eine mögliche Keimbesiedelung durchgeführt. Eine infektfreie Blase ist zum einen die Voraussetzung für eine urodynamische Untersuchung, eine Messung, um die Blasenfunktion beurteilen zu können, und zum anderen kann eine Blasenentzündung bereits Drangsymptome verursachen. Die Patientin werden gynäkologisch mit besonderem Augenmerk auf mögliche Senkungszustände und der Beckenbodenfunktion untersucht. Wichtig ist auch die Restharnmessung mittels Ultraschall. Sie klärt, ob die Blase nach dem Wasserlassen völlig entleert ist oder ob Urin darin zurückbleibt. Im Anschluss erfolgt, wenn erforderlich, die Blasenfunktionsmessung. Bei speziellen Fragestellungen ist auch eine Blasenspiegelung unkompliziert möglich.
Therapieplanung
Entscheidend für die Therapieplanung ist neben den Untersuchungsbefunden auch das persönliche Beschwerdeempfinden der Patientin. Aus diesem ganzheitlichen Blick heraus ergibt sich ihr individuelles Therapiekonzept, das ausführlich mit der Patientin besprochen wird. Bei Notwendigkeit weiterer Untersuchungen profitieren die Patientinnen von der engen interdisziplinären Zusammenarbeit mit den Urologen, Proktologen und Neurologen innerhalb des Kontinenzzentrums.
Operation oder konservative Therapie?
Es gibt keine pauschalen Therapieempfehlungen bei Inkontinenz. Die Behandlung muss individuell angepasst werden: an die Ursache, die Art und das Ausmaß der Beschwerden, aber auch an die jeweilige Lebenssituation. Durch eine medikamentöse Behandlung, Toiletten- und Miktionstraining, Verhaltensumstellungen und gegebenenfalls einer örtlichen Behandlung mit weiblichen Hormonsalben oder -zäpfchen kann in vielen Fällen bereits eine Besserung herbeigeführt werden. Insbesondere die Beckenbodenkonditionierung mit Elektrostimulation, Biofeedback und physiotherapeutisch angeleiteter Beckenbodengymnastik erhält bei uns einen besonderen Stellenwert. Denn: Die Muskulatur des Beckenbodens ist eigentlich bewusst steuer- und damit auch trainierbar. Eine gezielte Beckenbodentherapie gehört deshalb oft zum primären Therapiekonzept. Es ist jedoch auch wichtig, unsere Frauen vorbeugend zu beraten. Insbesondere nach einer Entbindung sollten sie sich Zeit für das Rückbildungstraining nehmen. Die Kosten dafür werden zum großen Teil auch von den Krankenkassen erstattet.
Weitere Therapiemöglichkeiten
Bei beiden Arten der Inkontinenz kann auch eine Pessartherapie in Frage kommen. Das Pessar besteht aus gut hautverträglichem, weichen Kunststoff, ist ring-, schalen- oder würfelförmig und wird in die Scheide eingeführt. Dadurch kann das „Vorfallen“ von Organen im Scheidenbereich verhindert beziehungsweise bei der Belastungsharninkontinenz der Harnröhrenverschlussdruck unterstützt werden. Nachdem der Gynäkologe das Pessar größenmäßig angepasst hat, kann es die Patientin meist selbstständig ein- und ausführen. Wichtig zu erwähnen ist, dass Frauen nach den Wechseljahren regelmäßig hormonhaltige Scheidencreme oder Scheidenzäpfchen verwenden müssen, damit es nicht zu Druckgeschwüren kommt. Neben Pessaren besteht aber auch die Möglichkeit spezieller weicher Vaginaltampons mit gleicher Wirkungsweise.