Dr. med. Paul Kühnelt, Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie am Sana Gesundheitszentrum Friedrichshain, im Interview über die Wirkung von Pollen, die Behandlung von Heuschnupfen und den Sinn einer abendlichen Dusche.
Wenn die Pflanzen wieder zu blühen beginnen, hat das für viele Allergiker unangenehme Folgen: juckende Augen, Niesen und eine ständig laufende Nase. Heuschnupfen ist die häufigste Allergie in Industrieländern. Hauptsaison ist von April bis August, wenn besonders viele Pollen unterschiedlichster Pflanzen durch die Luft fliegen. Abhängig vom Wetter können die Beschwerden aber auch schon im Februar auftreten oder bis in den Herbst hinein andauern.
Was passiert bei Heuschnupfen im Körper?
Beim Heuschnupfen gelangen kleinste Pollen verschiedener Pflanzen auf unsere Schleimhäute – besonders auf die von Augen und Nase. Dort lösen sich Eiweiße heraus und dringen in den Körper ein. Das Immunsystem mancher Menschen bildet nun Abwehrstoffe gegen die „Eindringlinge“. Treffen Pollen auf eine Abwehrzelle, werden Botenstoffe ausgeschüttet, die Entzündungsreaktionen hervorrufen, wie beispielsweise das Anschwellen der Schleimhäute. Die Folge: eine laufende Nase, tränende Augen, bei einem Etagenwechsel dann im Verlauf evtl. auch Husten oder Asthma.
Wie lange tritt Heuschnupfen auf?
Wie lange Heuschnupfen auftritt, hängt wesentlich davon ab, gegen welche Pollen man allergisch ist. Manche Menschen reagieren „nur“ auf die Pollen von Frühblüher allergisch, andere auf die Pollen jener Pflanzen, die später im Jahr in ihrer Blüte stehen. Und manche sind gegen die Pollen einer ganzen Reihe von Pflanzen allergisch, was dazu führen kann, dass sie das ganze Jahr über mit mehr oder weniger starken allergischen Reaktionen zu kämpfen haben.
Wie kann man eine Allergie feststellen?
Um herauszufinden, auf welche Pollen man allergisch reagiert, kann man beim Facharzt eine entsprechende Testung machen lassen. Dabei träufelt der Mediziner häufig kleinste Mengen verschiedener Allergene in Form eines Fertigarzneimittels auf die Haut. Reagiert der Körper allergisch, wird nach kurzer Zeit eine Rötung sichtbar und die Stelle beginnt zu jucken. Reagiert ein Patient mehrfach allergisch, kann die sogenannte molekulare Allergiediagnostik(Blutabnahme) Aufschluss über Allergene unterschiedlicher Herkunft, aber ähnlicher Art geben. Außerdem ermöglicht eine Messung des Gesamt-IgE im Blut, Hinweise auf das Vorliegen einer Allergie zu erhalten.
Wie kann man Heuschnupfen behandeln?
Bei einer Allergie gilt grundsätzlich: Wann immer es möglich ist, sollte man die auslösenden Allergene meiden. Wer also gegen Katzenhaare allergisch ist, sollte den Kontakt mit Katzen meiden. Wer auf bestimmte Nahrungsmittel überempfindlich reagiert, sollte sie nicht essen. Bei Heuschnupfen ist die Vermeidungsstrategie indes nur schwer umzusetzen – die Pollen sind so klein und allgegenwärtig, dass man ihnen schlicht nicht aus dem Weg gehen kann.
Umso wichtiger ist es, eine wirksame Behandlung zu finden. Hierfür stehen mehrere Optionen zur Wahl.
1. Medikamentöse Behandlung: Es stehen verschiedene Medikamente, sogenannte Antihistaminika, und Kortisonpräparate zur Verfügung. Sie werden teilweise örtlich, beispielsweise als Nasenspray, oder auch in Tablettenform, eingesetzt. Diese Medikamente wirken jedoch nicht gegen die Ursache der Allergie, sondern bekämpfen nur die Symptome einer Allergie. Zu empfehlen ist gerade bei Pollen-und Milbenallergikern die saisonale Anwendung eines kortisonhaltigen Nasensprays bei Bedarf.
2. Immuntherapie: Bei der Immuntherapie handelt es sich um eine Art Allergieimpfung. Dabei wird das Allergen unter die Haut gespritzt oder in Form von Tabletten eingenommen. Die spezifische Immuntherapie ist die einzige Behandlungsform, die den Ursachen der Allergie entgegenwirkt. Zudem führt sie nicht nur zu einer deutlichen Besserung der Allergien, sondern auch zu einer Verhinderung des Auftretens neuer Allergien. Ein Etagenwechsel von den oberen Atemwegen zu den unteren Atemwegen (allergisches Asthma) kann hierbei verhindert werden. Ein bestehendes Asthma bessert sich meist deutlich. Im Zuge der Coronapandemie ist die Allergieimpfung mit Tabletten immer mehr in den Vordergrund gerutscht. Die erste Tablette (zb. Gegen Birke, Gräser, Milbe, Ambrosia usw.) wird unter ärztlicher Aufsicht eingenommen. Danach erfolgt die einmal tägliche Einnahme bequem von Zu Hause aus. Die Immuntherapie muss regelmäßig angewendet werden und dauert etwa drei Jahre.
Weitere Tipps:
Wer unter Heuschnupfen leidet, sollte neben der medizinischen Behandlung einiges berücksichtigen. Da früh morgens die Pollenbelastung besonders stark ist, empfiehlt es sich, zu dieser Zeit die Fenster geschlossen zu halten und eher abends zu lüften. Außerdem sollte man jeden Abend duschen, um die feinen Pollen aus den Haaren und von der Haut zu waschen. Da sich Pollen auch in der Kleidung und der Bettwäsche festsetzen ist es außerdem sinnvoll, diese regelmäßig zu wechseln. Auch regelmäßige Nasenduschen führen häufig zu einer Linderung der Beschwerden. Bei Milbenallergikern kann über den Facharzt eine spezielle Anti-Milbenbettwäsche (Bettüberzug) verordnet werden.