Borna

Knorpelschäden: Transplantation kann helfen

Borna. Ist der Knorpel geschädigt oder gar ganz verschwunden, kann er seine Pufferfunktion zwischen den Knochen nicht mehr erfüllen. Die Folgen sind Schmerzen und oft eine lange Leidenszeit für die Betroffenen. Über Ursachen und moderne Behandlungsmöglichkeiten von Knorpelschäden gibt Dr. med. habil. Matthias Aurich, Chefarzt der Klinik für Orthopädische Chirurgie, Unfall- und Handchirurgie am Klinikum Borna Auskunft.

Wie kann es zu Knorpelschäden kommen?

Aurich: Zum einen traumatisch, d.h. durch einen Unfall. Typisch ist eine Sportverletzung mit Verdrehung des Kniegelenkes oder das sog. Umknicken im Sprunggelenk, aber auch ein Knochenbruch mit Gelenkbeteiligung. Daneben gibt es auch spezielle Knochen-Knorpel-Erkrankungen, die zur Auflösung des Knochens und Ablösung der Knorpelschicht und damit zur Zerstörung der Gelenkfläche führen können. Last but not least chronisch-degenerative Gelenkerkrankungen, wie die sogenannte Arthrose.

Welche diagnostischen Möglichkeiten gibt es?

Der Knorpelschaden ist eine diagnostische Herausforderung, die viel klinische Erfahrung braucht. Es gilt, Frühstadien der Knorpelschädigung zu erkennen. Nur dann kann man gezielt eine spezielle Behandlung durchführen. Diagnostische Möglichkeiten sind a) die  klinische Untersuchung, b) bildgebende Verfahren wie Röntgen, CT, MRT  und c) die Gelenkspiegelung.

Wie wird ein Knorpelschaden diagnostiziert?

Die klinische Untersuchung ist bei Knorpelschäden oft unspezifisch, gelegentlich findet man Blockierungen oder Gelenkreiben. Außerdem sind reine Knorpelschäden im normalen Röntgenbild nicht direkt sichtbar, mit Spezialaufnahmen kann man aber indirekte Schädigungszeichen erkennen. Auch im CT ist der Knorpel nicht sichtbar, man kann allerdings Knochenbrüche im Gelenk sehr gut erkennen. Die beste Methode zur Darstellung von Knorpelschäden ist das MRT. Hier leistet uns unser neu erworbenes 3-Tesla-MRT wertvolle Dienste: Aufgrund der besseren Auflösung können nicht nur Knorpeldefekte, sondern auch sehr frühe Stadien der Knorpelerkrankungen mit Veränderungen der Binnenstruktur des Knorpels erkannt werden. Mittel der Wahl ist jedoch die Gelenkspiegelung: Hier kann die Diagnose »Knorpelschaden«gesichert werden, und ggf. gleichzeitig eine entsprechende Behandlung durchgeführt werden. Ein neuartiges Knorpel-Analyseverfahren, die sog. Nah-Infrarot-Spektroskopie (NIRS), kann dabei eingesetzt werden, um die Knorpelqualität im Gelenk zu bestimmen. Dies ist für das Abwägen der verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten von hoher Bedeutung.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Je nach Ausprägung des Knorpelschadens sind konservative und operative Behandlungsmöglichkeiten angezeigt. Im Frühstadium der Knorpelerkrankung steht uns eine ganze Bandbreite an konservativen Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung: Einlagen für die Schuhe, Muskeltraining, Koordinationstraining, Schwimmen, Radfahren, Wandern, entzündungshemmende Substanzen, Nahrungsergänzung, oder auch eine Gelenkinjektion mit Hyaluronsäure zur Knorpelkräftigung.

Und wenn doch operiert werden muss?

Dann muss man unterscheiden. Bei Knorpeldefekten kann der Defekt durch Stimulation von Knochenmark-Stammzellen oder durch Transplantation von körpereigenem Knorpelgewebe bzw. körpereigenen aufbereiteten Knorpelzellen behoben werden. Bei Knorpelschäden im Frühstadium bietet sich eine Entlastung des geschädigten Gelenkanteils durch z.B. eine Beinachsen-Korrektur an. Bei fortgeschrittener Arthrose können wir verschlissene Knorpelflächen des Gelenkes durch ein Kunstgelenk ersetzen. Diese Methode gibt es für alle großen und viele kleinere Gelenke. Eine Besonderheit stellt hier das Knie dar: Aufgrund der Komplexität des Kniegelenkes gibt es hier auch die Möglichkeit der Teil-Endoprothetik. Dabei wird nur der zerstörte Gelenkanteil ersetzt. Alle gesunden Strukturen, insbesondere die Bänder bleiben erhalten.

Sie bieten in Borna die sog. Knorpelzellentransplantation an – was kann man sich darunter vorstellen?

Die Transplantation von körpereigenen Knorpelzellen zur Behandlung von Knorpeldefekten ist eine Methode, die vor etwa 20 Jahren in Schweden entwickelt wurde. Die Anzahl der damit behandelten Patienten steigt kontinuierlich und man hat bereits große Erfahrungen sammeln können, für welche Patienten die Methode geeignet ist. Um eine möglichst hohe Sicherheit bei der Anwendung zu gewährleisten, sind verschiedene Genehmigungen notwendig, damit eine Klinik das Verfahren anbieten kann. Wichtig dabei ist, dass auf diesem Gebiet qualifizierte Ärzte vorhanden sind und das Krankenhaus entsprechend modern ausgestattet ist. Beides ist am Klinikum in Borna der Fall.

Wie funktioniert diese Methode?

Bei der Knorpelzell-Transplantation wird im Rahmen einer Gelenkspiegelung eine kleine Menge Knorpelgewebe in der Größe von etwas wie zwei Reiskörnern aus dem Kniegelenk entnommen. Der Eingriff ist unkompliziert und dauert etwa 30 Minuten. Das Gewebe wird dann in einem speziell zugelassenen Labor einer »Biotech-Firma« so behandelt, dass nach zirka drei bis vier Wochen genügend viele Knorpelzellen entstanden sind. Diese werden auf ein spezielles Trägermaterial aufgebracht und im Rahmen einer zweiten Operation in den Knorpeldefekt transplantiert. Diese zweite Operation dauert etwa eine Stunde. Der Patient kann nach wenigen Tagen wieder entlassen werden. Allerdings muss das Gelenk noch für einige Wochen geschont und entlastet werden. Man bekommt jedoch von Beginn an Physiotherapie zum Muskelaufbau. Nach sechs bis acht Wochen kann man das Bein wieder belasten.

Welches Ziel wird damit verfolgt?

Die Knorpelzell-Transplantation führt zur Reparatur des Knorpelschadens mit körpereigenen Zellen. Dabei entsteht Gewebe, welche dem originalen Knorpelgewebe des Menschen nahezu identisch ist. Der Vergrößerung des Knorpelschadens und der damit verbunden Entwicklung einer Arthrose soll damit entgegengewirkt werden.