Online-Spiele erfreuen sich vor allem in Zeiten der pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen großer Beliebtheit. Was aber, wenn das Spielen so exzessiv wird, dass der Bezug zum realen Leben droht verloren zu gehen? Ab wann Computer-Spiele problematisch sind und wie Eltern ihren Kindern helfen können, darüber spricht die Psychotherapeutin Dr. Simone Slansky aus der Praxis für Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie in Borna.
Warum üben Online-Spiele auf Jugendliche eine so große Anziehungskraft aus?
Slansky: Die Spiele sind so aufgebaut, dass stets ein Reiz gesetzt wird, das nächste Level zu erreichen. Hinzukommt, dass die Spieler häufig im Wettbewerb mit anderen stehen. Jugendliche berichten zum Beispiel, dass sie im Ranking zurückfallen, wenn sie zwei Tage pausieren. Solche Mechanismen zwingen die Jugendlichen geradezu, exzessiv zu spielen.
Ab wann wird das Online-Spielen problematisch?
Gefährlich wird es, wenn das Spielen grenzenlos wird: wenn Jugendliche fast jede freie Minute teilweise bis spät in die Nacht spielen, wenn sie während des Spiels kaum noch ansprechbar sind oder zum Essen und Schlafen fast gezwungen werden müssen. Oft werden Absprachen nicht mehr eingehalten, die Schulleistungen verschlechtern sich und frühere Hobbys verlieren an Bedeutung. Gehen Jugendliche nicht mehr in die Schule, ist das ein deutliches Warnzeichen. Es drohen vor allem psychische Schäden wie Angst, Depression, Selbstwertprobleme bis hin zur Sucht.
Gibt es Jugendliche, die besonders gefährdet sind?
Ein Jugendlicher berichtete einmal, wie toll es sich anfühlte, als zum ersten Mal ein Mitspieler fluchte, weil er so verdammt gut spielte. Es ist schon so, dass Jugendliche gefährdeter sind, wenn sie online Anerkennung suchen, die ihnen im realen Leben vielleicht verwehrt bleibt. Jugendliche mit hohem Online-Konsum haben häufiger ein geringes Selbstwertgefühl, sind eher depressiv und ängstlich. Aber auch familiäre Konflikte können dazu führen, dass sich Kinder und Jugendliche ins Internet oder in PC-Spiele flüchten.
Computerverbot wird bei Jugendlichen sicher nicht hilfreich sein. Was können Eltern tun, um ihren Kindern zu helfen?
Verbote helfen in der Tat nicht. Der erste Schritt kann sein, dass Eltern ihre eigene Mediennutzung überdenken. Medienerziehung beginnt im Grunde mit der Geburt des Kindes. Säuglinge brauchen die ungeteilte Aufmerksamkeit der Eltern. Die Verständigung läuft über Blickkontakt. Der misslingt, wenn Eltern am Smartphone daddeln. Ebenso wichtig ist es, mit Kindern über ihre Online-Erfahrungen zu sprechen: beispielsweise über Gewalt in Spielen oder darüber, dass das Selbstwertgefühl nicht von der Anzahl der Likes abhängen sollte. Darüber hinaus sind Regeln für die Internetnutzung wichtig: Kinder und Jugendliche brauchen Orientierung. Je nach Alter sollten diese Regeln vorgegeben oder ausgehandelt werden. Vereinbaren Sie darüber hinaus Offline-Tage – gegebenenfalls beginnend bei Offline-Stunden −, an die sich dann aber alle in der Familie halten müssen.