Adipositas: Experten helfen bei der chronischen Erkrankung

Seit 2012 gibt es am Sana-Klinikum Remscheid die Adipositaschirurgie zur Behandlung von Patienten mit krankhaftem Übergewicht und dessen Begleiterkrankungen als Teil des Sana-Adipositaszentrum NRW, zu dem neben Remscheid die Standorte Düsseldorf, Duisburg und Hürth gehören.
Das Sana Adipositaszentrum NRW ist zertifiziert (DGAV) als Kompetenz-Zentrum für Adipositaschirurgie. Die Therapie der Adipositas hat sich in den letzten 40 Jahren deutlich gewandelt. Heute weiß man, dass Hungern der ungeeignetste Therapieansatz ist, um nachhaltig und langfristig Gewicht zu verlieren. Denn Hunger, Sättigung und Appetit werden im Gehirn in verschiedenen Arealen, sogenannten Kerngebieten, gesteuert, die willentlich nicht beeinflussbar sind. Daher erfordert die Therapie der krankhaften Adipositas erfahrene und sehr gut ausgebildete Therapeuten, und die Therapie muss individuell auf jeden Patienten abgestimmt werden. „Adipositas ist eine komplexe Fehlregulation des Stoffwechsels und gilt als chronische Erkrankung. Bei der Ausbildung des Krankheitsbildes spielen genetische Faktoren ebenso eine Rolle wie Umweltfaktoren, zu denen ein Überangebot an energiedichter Nahrung und Bewegungsmangel zählen“, so Dr. med. Thomas Sonnenberg, Chefarzt des Adipositaszentrum NRW und der Klinik für Adipositas- und Metabolische Chirurgie der Sana-Kliniken in der Region Rheinland. Der Krankheitswert ist hoch, und Betroffene haben eine verkürzte Lebenserwartung - auch aufgrund der vielen Begleiterkrankungen der Adipositas.

 

Die verschiedenen Therapien:

Konservativ

Die konservative Therapie umfasst die Ernährungstherapie. Dabei sollen Menschen mit Adipositas individualisierte Ernährungs- empfehlungen erhalten, die an Therapieziele und Risikoprofile angepasst werden. Als zweite Säule gilt die Bewegungstherapie, dabei sollten Menschen mit einem BMI > 35 kg/m2 unter Berück-sichtigung der individuellen
Situation ermutigt werden, für den Bewegungsapparat nicht be-lastende Sportarten zu betreiben. Vermehrte körperliche Aktivität soll zur Gewichtsstabilisierung nach Gewichtsreduktion empfohlen werden. Als dritte Säule gilt die Verhaltenstherapie, für die allerdings nur eingeschränkt Therapieplätze zur Verfügung stehen.

Medikamente

Angewendet werden Medikamente, die die Fett- oder Kohlenhydrat-aufnahme im Darm bremsen. Neure Medikamente sind Nachbildungen von Magen-Darmhormonen, die Sättigung vermitteln.
Die medikamentöse Therapie wird nur in großen Ausnahmefällen durch die Krankenkassen übernommen.

Chirurgie

Ab einem BMI von 40 kg/m2 und einem BMI von 35 kg/m2 mit gleichzeitig bestehenden Begleiterkrankungen kann nach einer erfolglosen konservativen Therapie ein operativer Eingriff zur Behandlung der Adipositas durchgeführt werden. Bei einem BMI >50kg/m² oder einem Diabetes mellitus Typ 2 mit Adipositas 3° ist eine primäre Indikation gegeben, da keine Aussicht auf Erfolg einer konservativen Therapie besteht.
Alle Operationen werden laparaskopisch, ohne großen Bauchschnitt durchgeführt. Bei allen operativen Verfahren wird der Magen im Volumen deutlich vermindert, um ein früheres Sättigungsgefühl zu erreichen. Eine reine Magenverkleinerung wird durch die Schlauchmagenbildung erreicht. Bei Bypass-Verfahren wird zusätzlich eine Umleitung um den Zwölffingerdarmangelegt mit dem Ziel, einen direkten Einfluss auf den Stoffwechsel und damit auf den Diabetes mellitus Typ 2 zu haben.
Als Standardtechnik wird heute der Roux-Y- Magenbypass und der Omega-loop- bzw. Mini-Gastric Bypass durchgeführt. Daneben gibt es nochzahlreiche Variationen dieser OP-Methoden, z.B. SADI, die als Revisions- oder Umwandlungs- operationen eingesetzt werden, falls noch keine ausreichende Gewichtsreduktion oder Verbesserung der Nebenerkrankungen erreicht werden konnte.

Endoskopie

Endoskopische Verfahren zur Gewichtsreduktion werden vor allem bei Adipositas I und II angewendet, da ihre Wirkungsweise nicht so drastisch ist, wie die einer Operation.
Die Wirkung der Gastroplastie kann dabei mit der Wirkung eines Magenballons verglichen werden, ist aber permanent. Dieses Verfahren wird von den Krankenkassen nicht übernommen. Wichtig für den Erfolg ist eine konsequente Ernährungstherapie, weil sich andernfalls die Nähte wieder ausdehnen.

Therapie des Dumping Syndroms

Beim Dumping Syndrom, das besonders nach Magenbypass Operationen auftreten kann, wird das OverStitch-Verfahren angewendet. Dabei unterscheidet man ein Früh- und ein Spätdumping.
Das Frühdumping tritt unmittelbar bis zu 30 Minuten nach dem Essen auf und führt zu Bauch- und Kreislaufbeschwerden, sowie zu einer ausgeprägten Müdigkeit. Ursache hierfür ist ein zu schnelles Einströmen der Speise aus dem kleinen Vor-Magen in den Dünndarm. Hierdurch kommt es zu Flüssigkeitsverschiebungen im Körper und Kreislaufreaktionen.
Dagegen tritt das Spätdumping erst ca. 2 Stunden nach der Nahrungs-aufnahme auf und ist eine Unter-zuckerung, die von einer zu hohen Insulinaus-schüttung ausgelöst wird. Es kann dabei Blutzuckerabfälle geben, die bis zur Ohnmacht führen. Auch dieses Phänomen ist durch den zu schnellen Einfluss kohlenhydratreicher Nahrung in den Dünndarm nach Magenbypass bedingt.
Hier kann mit Hilfe des Operationsendoskops die Nahtneuverbindung zwischen dem kleinen Vor-Magen und dem Dünndarm so wieder eingeengt werden, dass der Einfluss in den Dünndarm deutlich verlangsamt und so die Unter-zuckerungen wirkungsvoll behandelt wird.

Implantation eines Magenballons

Diese kann durchgeführt werden bei ausgeprägter Adipositas vor der Operation, um eine Gewichtsverlust zu erreichen und so das Risiko der Operation zu reduzieren.
In Deutschland sind die Hälfte der Frauen und zwei Drittel der Männer übergewichtig. Fast ein Viertel der Bevölkerung ist sogar schwer übergewichtig – mit steigender Tendenz.

Dr. med Thomas Sonnenberg
Chefarzt der Klinik für Adipositas und metabolische Chirurgie
thomas.sonnenberg@sana.de