Innovative OP-Verfahren bei Mittellinien- brüchen im Sana Hernienzentrum Benrath
Mittellinienbrüche mit Bruchpforten über zwei Zentimeter Durchmesser bzw. das gleichzeitige Vorhandensein einer Rektusdiastase sowie Narbenhernien erfordern ein netzaugmentiertes OP-Verfahren. Darin besteht breiter Konsens, der sich in den nationalen und internationalen Leitlinien widerspiegelt.
Das implantierte Netz soll, zur Vermeidung eines Hernienrezidives, die Bruchlücke allseits um mindestens 5 cm überdecken. Dies führt zu entsprechend großen Wundflächen und Zugangstraumen. Hieraus resultieren vermehrt postoperative Serome sowie Durchblutungsstörungen der Haut und des subcutanen Gewebes mit der Gefahr der Wundheilungsstörung und letztendlich schlimmstenfalls der Infektion des implantierten Netzes.
In der letzten Dekade stand die Minimierung des Zugangstraumas im Fokus der chirurgischen Therapie. Es etablierten sich endoskopische OP-Techniken, mit denen durch wenige kleine Inzisionen selbst große Kunststoffnetze in die Abdominalhöhle eingebracht werden konnten, sowie minimal-invasive Verfahren zum Nahtverschluss der Bruchlücke (Intraperitoneales Onlay Mesh = IPOM).
Diese Technik wurde durch neu ent- wickelte Kunststoffnetze ermöglicht, die direkt unter die Bruchlücke auf dem Peritoneum implantiert und fixiert werden konnten. Die Netze sind auf der viszeralen Seite mit unterschiedlichen Substanzen beschichtet, so dass bis zur Ausbildung eines Neoperitoneum über dem Netz keine Verwachsungen zu den intraabdominellen Organen entstehen.
Vom einfachen Mittellinienbruch bis zur großen Narbenhernie schien sich die laparoskopische IPOM Technik zum Verfahren der Wahl zu entwickeln: Kleine Zugänge, wenig Schmerzen und eine rasche Rekonvaleszenz machten das Verfahren attraktiv.
Es zeigten sich aber Grenzen und Neben-wirkungen des Verfahrens: Ein Hauptproblem sind mögliche Verwachsungen des Netzes oder der Befestigungsmaterialien zum Darm mit seltenen, jedoch teils schwerwiegenden Komplikationen (Einwachsen des Netzes in den Darm, Ileusbildung, Zugangsprobleme bei Relaparatomien sowie Schmerzen durch die Materialien). Diese können zu Nervenschäden mit chronischen Schmerzen sowie Vernarbungen führen. Hernien über zehn Zentimeter Bruchlücke sollten ebenfalls nicht in der IPOM Technik versorgt werden.
Diese Einschränkungen und mögliche Komplikationen führten zur Entwicklung neuer, minimal-invasiver OP-Verfahren: Die neuen OP-Techniken verlegen den Ort der Netzplatzierung aus der Bauchhöhle zurück in die Schichten der Bauchdecke (Sublay) – den retromuskulären Raum hinter dem M. rektus abdominis und lateral/präperitoneal hinter den M. transversus abdominis.
Durch die Übertragung bewährter offener OP-Techniken auf die Endoskopie der Bauchdecke wurde es möglich, ausreichend große Kunststoffnetze über minimale endoskopische Zugänge in den Schichten der Bauchdecke zu platzieren und somit das Problem der intraabdominellen Netzplatzierung sowie des großen Zugangstraumas zu lösen.
Das IPOM Verfahren bietet, trotz der erwähnten Komplikationen, Indikationsbereiche, in denen es anderen
Techniken überlegen ist und es wird auch künftig einen festen Platz im Portfolio der Hernienoperationen haben. In der Standardversorgung wird es vermutlich von anderen Techniken abgelöst werden.
Zwei innovative, minimal-invasive OP-Techniken zur Platzierung retromuskulärer Netze bieten wir am Hernienzentrum des Sana Krankenhauses Benrath an:
1. MILOS (Mini Or Less Open Sublay)
2. eTEP (endoskopischer total extraperitonealer Patch)
MILOS (Mini Or Less Open Sublay):
„Diese Technik wurde von Dr. med. Wolfgang Reinpold in Hamburg entwickelt, in dessen Klinik wir im November 2018 hospitiert haben,“ so Dr. med. Hansjörg Meier, leitender Oberarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie. Dabei wird mit einem kleinen (2-6 cm) Zugang oberhalb der Hernie in die Rektusscheide eingegangen und zunächst unter Sicht, sowie im Weiteren endoskopisch, der retromuskuläre Raum hinter dem M. rektus abdominis zur Netzimplantation präpariert.
Bei Bedarf kann zusätzlich ein sog. Transversus abdominis release (TAR) lateral der Rektusscheide durchgeführt werden und somit der Raum beliebig auf dem Peritoneum vergrößert werden. Hierdurch können auch sehr große Netze retromuskulär/präperitoneal bis in beide Flanken implantiert werden.
Die Bruchlücke wird abschließend durch nicht resorbier-bare Nähte offen unter Sicht verschlossen. Auf eine Netzbefestigung kann verzichtet werden. Es zeigen sich geringe postoperative Schmerzen, die Rate an Blutungen, Wundinfektionen und Wundheilungsstörungen ist, auf Grund des minimalen Zugangstraumas, gering, intraabdominelle Verletzungen sind nahezu ausgeschlossen. Bei Bedarf kann die Operation mit einer Laparoskopie kombiniert werden.
eTEP (endoskopischer total extraperitonealer Patch):
Im Gegensatz zum MILOS Verfahren erfolgt die Präparation des Netzlagers bei der eTEP vollständig endoskopisch (ein 13 mm Trokar und zwei 5 mm Trokare) ohne offenen Zugang im Hernienbereich. Seitens der Netzplatzierung und der endoskopischen Präparation besteht kein Unterschied. Das Verfahren lehnt sich an die seit langem bewährte TEP-Operation von Leistenbrüchen an.
Dr. med. Hansjörg Meier
Leitender Oberarzt Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie
hansjoerg.meier@sana.de
Tel.: 0211 2800 1251