Biberach

Tag der Inkontinenz am 30. Juni

Stress mit der Blase muss nicht sein

Rund neun Millionen Menschen in Deutschland leiden nach Angaben der Deutschen Kontinenz Gesellschaft an einem unwillkürlichen und unfreiwilligen Harn- oder Stuhlverlust. Damit sind mehr als zehn Prozent der Deutschen von Inkontinenz betroffen. „Inkontinenz ist eine Volkskrankheit, aber viele Betroffene mögen nicht einmal mit ihrem Arzt darüber sprechen. Dabei gibt es sehr gute Behandlungsmöglichkeiten“, sagt Dr. Jörg Bernhardt, Chefarzt der Klinik für Urologie und Leiter der durch die deutsche Kontinenz Gesellschaft zertifizierten „Beratungsstelle Kontinenz“ am Sana Klinikum Biberach. Neben der urologischen Sprechstunde gibt es in Zusammenarbeit mit dem Chefarzt der Frauenklinik, Dr. Steffen Fritz, auch eine spezielle Kontinenz-Sprechstunde.

Von Inkontinenz sind vor allem Frauen betroffen. Sie tritt aber auch bei Männern auf, dann eher nach speziellen operativen Eingriffen. Trotz der hohen Anzahl Betroffener geht über die Hälfte der Erkrankten aus Scham nicht zum Arzt. „Inkontinenz gilt heute noch immer als Tabu. Ab dem 50. Lebensjahr leiden bereits ein Drittel aller Frauen darunter, jedoch später bis zu 25 Prozent der Männer“, sagt Urologe Bernhardt. „Dank des breiten Leistungsspektrums verfügen wir auf dem Gebiet der Inkontinenztherapie über eine hohe fachliche Expertise, von der die Patientinnen und Patienten profitieren. Wir möchten auf Behandlungsmethoden aufmerksam machen und über Versorgungsmöglichkeiten bei Beschwerden und Erkrankungen im Bereich des Beckenbodens aufklären“, so Bernhardt weiter. 

Im Laufe des Lebens wird der Beckenboden stark belastet. Da er Organe und Becken stützt, muss er einiges aushalten. Wie auch andere Muskeln und Gewebe des Körpers ist der Beckenboden einem natürlichen Druck ausgesetzt. Die Elastizität des Beckenbodens kann über die Jahre nachlassen. Der weibliche Beckenboden wird besonders bei Schwangerschaft und Entbindungen zusätzlich stark beansprucht. „Viele Frauen verspüren deshalb einen unkontrollierbaren Drang oder können bei alltäglichen Aktivitäten Urin oder Stuhl nicht halten. Dann ist es Zeit für ein professionelles Beratungsgespräch beim Arzt oder in der Frauenklinik“, erklärt Frauenarzt Fritz.

Der Beckenboden schließt den Bauchraum nach unten ab und hält zum Beispiel Gebärmutter, Blase und Darm. Man spürt den Beckenboden, wenn man hustet oder niest. Wenn Druck auf den Bauchraum ausgeübt wird, kontrolliert der Beckenboden die Körperöffnungen, sodass man nicht ungewollt Wasser lassen muss. „Ein gesunder Beckenboden ist mit verantwortlich für eine geregelte Blasenfunktion. Er ist sozusagen der „Sicherheitsgurt“, wenn man schwer heben muss, und darüber hinaus ein Schlüssel für ein erfülltes Sexualleben. Der Beckenboden besteht aus Muskelschichten und Bindegewebe, die das Gewicht der Becken- und Bauchorgane tragen und das Becken und die Wirbelsäule stützen“, so Fritz.

Die Gründe für eine Harn- oder Stuhlinkontinenz sind vielfältig, sie reichen von organischen Veränderungen, Auswirkungen operativer Eingriffe über neurologische Probleme bis hin zu Nachwirkungen einer Geburt. Verschiedene Schaltstellen des Körpers sind für die Steuerung von Muskulatur, Blase und Darm verantwortlich. „Um die richtige Therapie zu veranlassen, muss unbedingt eine exakte Diagnose erfolgen“, betont Bernhardt. „Eine Dranginkontinenz muss von einer Belastungsinkontinenz unterschieden werden. Bei uns findet das beispielsweise mit einem Video-Urodynamikgerät der neuesten Generation statt. Damit können wir über Messkatheter in Blase und Enddarm und Elektroden am Beckenboden die Druckverhältnisse in der Blase bestimmen.“

Die Beschwerden können sowohl bei Männern als auch bei Frauen in den meisten Fällen gut behandelt werden. Im Falle einer Beckenbodensenkung kann eine Beckenbodenrekonstruktion vorgenommen werden. Häufig ist aber schon das Einsetzen eines sogenannten spannungsfreien Bandes ausreichend, um eine Harnkontinenz wieder herzustellen. In besonderen Fällen kann auch die Implantation eines künstlichen Blasenschließmuskels, der die Harnröhre solange geschlossen hält, bis der Patient urinieren möchte, notwendig werden.

„Es gibt ebenso viele Behandlungsmethoden wie Ursachen. Hier reicht das Spektrum von schlichter Gewichtsreduktion über Physiotherapie und Medikamentenverordnung bis hin zu operativen Eingriffen. Und selbst die wenigen Patienten, bei denen kein Heilungserfolg möglich ist, können ein weitgehend normales Leben führen, wenn sie die richtigen Hilfsmittel erhalten“, so Bernhardt und Fritz.

Sana Kliniken Landkreis Biberach GmbH
Lena Schumm
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