Der Verlust eines Kindes ist tragisch. Betroffene erfahren häufig großes Unverständnis und es bleibt nur wenig Raum für ihre Trauer. „Oft gibt es zu wenig Informationen für die betroffenen Eltern“, berichtet Ruth Seethaler von der katholischen Schwangerschaftsberatungsstelle des Caritas-Zentrum Biberach. „Und es ist auch nicht einfach, die erhaltenen Informationen in dieser Situation überhaupt aufzunehmen.“ Viele Eltern, die ein Kind verloren haben, leiden sehr darunter und benötigen Unterstützung. „Wir wollen Betroffenen Eltern mit unserer Broschüre eine Handreichung zukommen lassen. Denn viele Frauen beschäftigt das Thema sehr“, so Seethaler. „Viele Frauen, die ihr Kind sehr früh in der Schwangerschaft verlieren, fühlen sich nicht ernst genommen, wenn sie um ihr verlorenes Kind trauern.“ „Für diese Frauen ist es wichtig zu wissen, ich darf auch länger trauern“, ergänzt Familienhebamme Annette Merkle. „Und das ist natürlich auch der Fall, wenn es eine bewusste Entscheidung zum Schwangerschaftsabbruch war.“
Im Rahmen eines kleinen Festakts ist die Broschüre nun der Geburtsklinik am Sana Klinikum Biberach übergeben worden. „Selbstverständlich schulen wir unsere Ärzte, die Patientinnen ernst zu nehmen. Vor allem auch diejenigen, die ihr Kind sehr früh, also noch vor der 12. Woche verlieren “, so Dr. Stefanie Ströbele, Oberärztin in der Frauenklinik. „Da es sich jedoch fast immer um kurze, ambulante Eingriffe handelt, ist es sinnvoll, den Frauen etwas mit nach Hause geben zu können.“ Die Broschüre soll in den nächsten Wochen auch den ansässigen Frauenärzten im Landkreis zukommen.
Die Idee für die Broschüre ist in der langjährigen Arbeit der beiden Frauen mit der Trauergruppe für Frauen und Paare, die ein Kind verloren haben, entstanden und wurde zusammen mit Iris Espenlaub, Petra Read und Myriam Kleineikenscheidt umgesetzt. Rechtliche Regelungen und wichtige Adressen zur Trauerbegleitung sind nun zum Nachlesen verfügbar. Die Finanzierung der Broschüre wurde durch die Weihnachtsaktion der Schwäbischen Zeitung im letzten Dezember möglich.
„Es ist wichtig, dass die Betroffenen die örtlichen Ansprechpartner und Adressen erhalten“, so Johannes Walter, Klinikseelsorger am Sana Klinikum Biberach. „So etwas liefert das Internet oft gar nicht.“ Seit 2004 gibt es auf dem Stadtfriedhof in Biberach ein Grabfeld, in dem fehlgeborene Kinder bestattet werden können. „Das Recht auf Beerdigung hat jeder“, betont Johannes Walter. Einmal jährlich hält er eine Bestattung und Trauerfeier für diese Kinder ab. „Es gibt ein starkes Bedürfnis, einen Ort zu haben, an dem man Abschied nehmen und trauern zu darf“, so Walter. „Ich beobachte außerdem, dass nun vermehrt nicht nur die Frauen, sondern die Elternpaare daran teilnehmen.“
Die Broschüre enthält neben allen wichtigen Adressen im Landkreis, einfühlsame Texte und Gedanken und wurde liebevoll mit Fotografien gestaltet, die Friedrich Jäck, Herbert Köppen und Claudia Albrecht-Ries vom Biberacher Fotokreis der VHS zur Verfügung gestellt haben. Einige der Bilder sind derzeit im Biberacher Rathaus in der Ausstellung „Kinder, die das Leben streifen“ zu sehen. Im Frühjahr 2017 soll diese Ausstellung in das Sana Klinikum Biberach geholt werden.