Wunden, die über lange Zeit bestehen und auf die üblichen Behandlungsformen wie Wundverbände nicht ansprechen, bezeichnet man als chronische Wunden. Die Liste der hierfür möglichen Ursachen ist lang, angeführt wird sie von bestehenden Krampfaderleiden, Arteriosklerose (Gefäßverkalkung) sowie Diabetes. Auch eine verminderte Herzleistung kann durch eine chronische Stauung Wunden am Bein verursachen. Die Klinik für Gefäß- und Endovaskularchirurgie am Biberacher Zentralkrankenhaus bietet ab März eine spezielle ambulante Sprechstunde für die betroffenen Patienten an.
Eine Wunde, die nach spätestens zwölf Wochen unter fachgerechter Versorgung noch nicht abgeheilt ist, bezeichnet man als chronische Wunde. Solche schlecht heilenden Wunden können an den unterschiedlichsten Körperstellen auftreten und viele Ursachen haben. Meist wird die natürliche Wundheilung durch äußere Einflüsse oder verschiedene Grunderkrankungen beeinträchtigt. So entwickeln beispielsweise rund 20 Prozent aller an Diabetes Mellitus Erkrankten im Laufe der Zeit ein diabetisches Fußsyndrom. Durch den hohen Blutzucker werden Blutgefäße und Nervenbahnen geschädigt, die Schmerz- und Druckempfindlichkeit nimmt ab, wodurch Betroffene häufig kleine Wunden oder andere Verletzungen über längere Zeit nicht bemerken. Auch dem sogenannten „offenen Bein“, einem venösen Unterschenkelgeschwür, liegen fast immer Durchblutungsstörungen zugrunde. Eine minimale Verletzung, wie beispielsweise ein bei der Gartenarbeit zugezogener kleiner Riss in der Hautoberfläche oder ein Mückenstich, kann bei diesen Patienten bereits zu schlecht heilenden und schmerzhaften Wunden führen.
„Da arterielle und venöse Erkrankungen immer mehr zunehmen, spielt auch das Thema Wundversorgung eine immer wichtigere Rolle. Dabei hat sich die effektive Wundbehandlung zu einem komplexen Aufgabengebiet entwickelt“, erklärt Dr. Max Thiemann, Chefarzt der Klinik für Gefäß- und Endovaskularchirurgie am Biberacher Klinikum. „Chronische Wunden verursachen nicht nur Schmerzen, sondern schränken durch erschwerte Mobilität und Geruchsentwicklung auch die Lebensqualität der Betroffenen teils erheblich ein. Daher werden wir für diese Patienten ab Februar ein spezialisiertes Angebot in Form einer ambulanten Wundsprechstunde vor Ort etablieren.“
In der Wundsprechstunde bietet Dr. Thiemann gemeinsam mit der examinierten Pflegefachkraft und zertifizierten Wundexpertin Sonja Müller einen multiprofessionellen Ansatz, der die ärztlich-medizinische Seite genauso betrachtet wie die pflegerische. Dabei können ganz unterschiedliche Methoden der Wundbehandlung zum Einsatz kommen. Möglich sind zum Beispiel neben der regelmäßigen Wundreinigung auch die Wundbehandlung mit Medikamenten und Salben, medizinische Kompressionssysteme zur Entstauung bei begleitenden Ödemen oder auch der Einsatz von speziellem Schuhwerk oder entlastenden Einlagen. Hierfür kooperiert die Klinik eng mit einem lokalen Sanitätshaus. Zudem kann eine ursächliche Durchblutungsstörung diagnostiziert und behandelt werden. Die ultraschall-assistierte Wundbehandlung ist ein weiteres innovatives Verfahren, bei dem Ultraschall in Verbindung mit Wasser schnell, schonend und schmerzarm abgestorbene Gewebeanteile entfernt, Bakterien tötet und toxische Wundbeläge abspült. Dabei gelingt es zuverlässig, geschädigtes von vitalem Gewebe zu unterscheiden. Somit schafft die Ultraschalltherapie die Voraussetzungen für einen günstigen Heilungsverlauf. Eine klassische und schon seit Jahrhunderten angewendete Methode der Wundbehandlung ist darüber hinaus auch die Madentherapie. Dabei werden steril gezüchtete Maden in einer netzartigen Tasche mit einem Verband auf die betroffene Stelle aufgesetzt, wo sie nicht nur Keime, sondern auch das geschädigte Gewebe fressen. Nachdem der Wundgrund sauber ist, kann die Heilung beginnen. „Was zunächst befremdlich klingt, hat sich längst als Behandlungsmethode bewährt", führt Dr. Thiemann weiter aus und betont, dass natürlich auch diese Methode nur durch geschultes Personal erfolgt. „Wichtig für den Heilungserfolg ist aber in jedem Fall, die Grunderkrankung eindeutig zu diagnostizieren und eine passgenaue Therapie einzuleiten.“ Hierzu finden im Biberacher Klinikum neben der klinischen Untersuchung auch apparative diagnostische Methoden wie beispielsweise die Doppler-/Duplexuntersuchung (Ultraschall) sowie bei Bedarf eine genaue bildgebende Diagnostik mittels CT, MRT oder digitaler Subtraktionsangiographie Anwendung.
Die Wundsprechstunde findet ab März jeden Freitag von 9 bis 10 Uhr statt. Hierfür erforderlich ist ein Überweisungsschein vom Chirurgen/Orthopäden (bei chronischen Wunden) oder vom Dermatologen (bei venösen Fragestellungen). Terminvereinbarungen sind unter 07351 55-7700 möglich. Weitere Informationen zur Klinik für Gefäß- und Endovaskularchirurgie sind hier erhältlich.